Spezielle Lamellen sorgen in Berliner Anbau für Licht trotz Verschattung

Wintergärten brauchen nach EnEV mehr Sonnenschutz

Licht von drei Seiten im Berliner Glashaus. © A. Morhart

Berliner Architektin stellt ihren Wintergarten mit innovativen Verschattungs-Lamellen vor. Der Anbau wäre mit kleinen Änderungen auch nach der neuen EnEV noch genehmigungsfähig.

"Mein Wintergarten hat 30 Quadratmeter, aber die Tatsache, dass ich in alle Richtungen rausgucken kann, macht den Raum dreimal so groß", sagt die Architektin Anja Beecken. Sie hat den Ganzjahres-Wintergarten schon im Jahr 2005 genehmigen lassen, also nach der EnEV von 2004. "Mit kleinen Änderungen könnte man so was aber auch nach der aktuellen EnEV genehmigt bekommen", sagt sie.

Man merkt ihr die Begeisterung an, und man wird davon angesteckt, denn das Fachpublikum, das Beecken nach Berlin-Zehlendorf eingeladen hat, sitzt "quasi im Freien". Inspirierend ist vor allem die fast unwirkliche Qualität der Belichtung: Selbst gegen Ende von Beeckens Vortrag kommt von drei Seiten bis in jede Ecke viel angenehm diffuses Tageslicht. So verwundert es nicht, dass die Architektin zwölf Monate im Jahr gern in diesem Glasraum als Teil ihres Büros arbeitet. Hier hat sie auch in grauen Winterwochen reichlich Licht. "Ebenso kann ich zum Beispiel sehen, wie rundherum der Schnee fällt."

Sommerlicher Wärmeschutz nach neuer EnEV nötig

Ganzjährig genutzt - anders als der klassische Wintergarten - muss ein solcher Raum aus Glas in der kalten Jahreszeit nachgeheizt und im Hochsommer sogar manchmal gekühlt werden. Wäre der Glasraum mittlerweile als Bestandteil des Hauses zu genehmigen und nicht als unbeheizter Wintergarten, müsste der sommerliche Wärmeschutz nach der neuen EnEV nachgewiesen werden.

Kühlung lässt sich in der gebauten Ausführung jedenfalls nicht ganz vermeiden, obwohl Beecken Sonnenschutzglas verwendet sowie allein für den außenliegenden Sonnenschutz an drei Seiten und auf dem schrägen Dach 20.000 Euro ausgegeben hat.

"Es ist das Feinste und wahrscheinlich auch das Teuerste, was man bekommen kann" sagt sie, und man glaubt ihr aufs Wort, wenn sie die pro Seite drei beziehungsweise zwei elektrisch betriebenen Bahnen mit kleinteiligen Lamellen aus Edelstahl-L-Profilen an den seitlichen Glasfassaden hochfahren lässt

Spezielle Lamellen sorgen für ausreichend Licht

Nur 5 Millimeter hoch und mit jeweils 1,4 Millimeter Abstand, sind die Profile dank Entwicklungshilfe des Fraunhofer ISE raffiniert geformt: Auch ausgerollt und heruntergefahren lassen sie noch etwa 30 Prozent des Lichts durch. Sobald aber die Sonnenstrahlen in einem Winkel von mehr als 20 Grad einfallen würden, kommen sie direkt nicht mehr zwischen den Lamellen durch, sondern werden nach außen zurückgeworfen.

Anja Beecken lüftet den Glasraum nachts nicht, weil sonst jemand durch ein Fenster einsteigen könnte, aber der Raum kühlt durch das Glas auch so ein bisschen aus. Alles zusammengenommen reiche damit bei voller Einstrahlung bis etwa 28 Grad der Sonnenschutz aus, sagt sie. "Darüber muss ich die Klimaanlage einschalten, aber das ist an wenigen Tagen im Jahr - meist im August."

Wind gegenüber sind die edlen Lamellen ausgesprochen robust: "Statt sieben Meter pro Sekunde halten die eine Windgeschwindigkeit von 14 Meter pro Sekunde aus." Im Winter fahre sie sie aber inzwischen nicht mehr herunter, weil sie sonst anfingen, Beulen zu werfen, berichtet die Architektin. "Und das tun sie eigentlich nur, wenn sie nass gefrieren und ich sie dann aus- oder einfahre. Wenn ich sie im Winter voll benutzen wollte, müsste ich sie alle zehn Jahre erneuern, zumindest die eine oder andere Bahn."

Nachheizen mit Strom

Apropos Winter: Wie hat Architektin Beecken, die nebenbei auch bei der KfW gelistete Energieberaterin ist, gegen die Kälte vorgesorgt? Es gibt eine Wärmedämmung von unten; darüber Holzplatten, eine weitere Dämmschicht, die Fußbodenheizung und schließlich Steinplatten. Die Fassaden - ein fertig geliefertes Aluminium-Profilsystem um die Rahmenkonstruktion aus Stahlträgern herum - sind zweifach verglast. Alles in allem reiche die Fußbodenheizung bis etwa minus 10 Grad aus, sagt Beecken. "Darunter muss ich mit einem elektrischen Kälte-Klimagerät nachheizen." Eine Heizleistung von 7 Kilowatt hat dieses Gerät über dem Durchgang zum Haus.

Die Architektin führt jedoch weder über den Strombedarf zum Heizen noch den zum Kühlen Buch, und die Fußbodenheizung hat keinen separaten Wärmezähler, so dass die Frage nach den laufenden Energiemengen und -kosten offen bleibt.

Einfacher Stahlbau in Handarbeit

Klar beziffern kann sie dagegen die Kosten für den Stahlbau: "Der hat damals 70.000 Euro gekostet." 2009 hat Beecken einen Stahlbauer beauftragt, der eine Trägerkonstruktion wie einen Tisch auf eigenen Stützen mit Abstand zu dem vorhandenen, an das gemauerte 50er-Jahre-Haus angefügten Lageranbau darunter aufgebaut hat. Es gibt drei stelzenartige Stützen und eine Befestigung am Haus, so dass man den alten Anbau irgendwann einreißen und etwas anderes unter den Glasraum setzen könnte.

Als Musterlösung könne das allerdings nicht dienen, sagt Beecken, "denn der Klassiker ist ja, dass die Garage direkt an der Grundstückgrenze steht. Im Gegensatz dazu habe ich hier rundherum genügend Abstandsfläche zu den Nachbarn". Alles sei von Hand aufgemessen und angepasst. Die langen Stahlträger wurden schon beim Stahlbauer handgeschweißt, die Querverbindungen dann vor Ort - "Tag und Nacht, denn die Kräne und so weiter kosten laufend Geld und sollten effektiv genutzt werden."

Und warum Stahl? "Holz kriegen sie über diese stützenfreie Spannweite - rund 6,50 Meter - kaum hin; das wären schon ganz schöne Balken. Es kamen also nur Stahl oder Aluminium in Frage." Ein einfacher, günstiger Stahlbau mit nur einer Abdichtungsebene ermöglichte 2009 Gesamtbaukosten für den Wintergarten von 150.000 Euro, also 5.000 Euro pro Quadratmeter. "Mit zwei getrennten Abdichtungsebenen hätte ich das Doppelte hingelegt. Wenn der Wind drauf steht und es regnet, tropft es auch mal an einer Stelle. Mit der Zeit setzt sich dort jedoch Schmutz rein, und es ist fast weg", erzählt Beecken.

Fünf von sechs so gebaute Wintergärten wären nach ihrer Einschätzung durchschnittlich dicht, "aber einem Kunden würde ich das so nicht bauen wollen, da müsste man hochpreisiger vorgehen, um sicher zu sein, dass alles dicht ist." Von Alexander Morhart

Eine Verwendung dieses Textes ist kostenpflichtig. Eine Lizenzierung ist möglich.
Bitte nehmen Sie bei Fragen Kontakt auf.