Wirtschaftlichkeit intelligenter Gebäudetechnik ist fraglich

Smarte Gebäude können zur Energiewende beitragen

Viele Menschen können mit einem Smart Meter nichts anfangen. © T-Systems

Wie intelligente Gebäudetechnik zur Energiewende beiträgt haben Experten diskutiert. Fazit: Smarte Gebäude leisten einen Beitrag, sind aber nicht wirtschaftlich.

Sind intelligente Gebäude ein notwendiger Teil der Energiewende? Mit dieser Fragestellung haben sich Ökonomen und Energieexperten beim Forum Technikjournalismus in Berlin getroffen, um über die intelligente Einbindung von Gebäuden in das Energieversorgungssystem der Zukunft zu diskutieren. Der Energieverbrauch des Gebäudebestands ist für die Energieversorgung in Deutschland maßgeblich. Unternehmen beispielsweise wenden Professor Andreas Pfnür vom Lehrstuhl für Immobilienwirtschaft und BauBWL an der TU Darmstadt zufolge rund ein Fünftel ihres Energieverbrauchs allein für die Klimatisierung von Gebäuden auf.

Die Bundesregierung sieht eine Reduktion des Primärenergiebedarfs von Gebäuden um 80 Prozent bis zum Jahr 2050 vor, das gilt für den Wohngebäudebestand. "Die ehrgeizigen politischen Ziele der Energieeinsparung sind technologisch gerade so realisierbar", erläuterte Pfnür. Fraglich sei jedoch, wer die nötigen Investitionen bezahlt. Bei einem technologieoffenen Sanierungsfahrplan wäre eine Investitionssumme von 1,7 Billionen Euro für die Gebäudesanierung notwendig, mindestens 900 Milliarden Euro davon wären energetisch bedingte Mehrkosten. Ein technologiegebundener Sanierungsfahrplan würde auf 2,1 Billionen Euro kommen.

"Die ökonomische Effizienz in der Energieersparnis geht vor absoluter Einsparwirkung und ist Ziel und Maßstab für innovative Gebäude- und Energieversorgungstechnologie", so Pfnür. Die Immobilienwirtschaft werde durch die hoch gesteckten Einsparziele des Energiekonzepts der Bundesregierung bis zum Anschlag belastet. Bei knapp der Hälfte aller in Mietwohnungen lebenden Haushalte überstiegen die Wohnkosten nach einer energetischen Sanierung 40 Prozent ihres Nettoeinkommens. Das sei eindeutig zu viel, 30 Prozent gelten als tragbare Obergrenze.

"Die Energieeinsparziele im Gebäudebereich sind beschlossen worden", so Peter Rathert vom BMVBS Referat B 12 (Technische Gebäudeausrüstung), "ohne die Kosten vorher zu berechnen." Sein Fachreferat sei seinerzeit mit den gesetzten Zielen konfrontiert worden, ohne vorher gefragt worden zu sein. Die vorgeschlagenen 20 Prozent Wärmereduktion bis 2020 seien aber Unsinn. Das grundsätzliche Problem sei, dass solche und andere Ziele immer unter "Finanzvorbehalt" beschlossen werden - das sollte die Politik sich tunlichst abgewöhnen, rät Rathert, denn wie in diesem Fall stelle sich oft nach sachlicher Berechnung der Kosten durch Fachleute die Undurchführbarkeit solcher Vorhaben heraus.

Die Chancen und Risiken innovativer Gebäudetechnik sind nach Meinung Pfnürs aus drei Perspektiven zu beurteilen. Einmal von der Nutzerseite: "Akzeptiert der Nutzer denn überhaupt die neue Technologie und die umfangreiche Transparenz über seinen Energieverbrauch, die ihn nun auch in seinen eigenen vier Wänden restlos gläsern machen würde?", stellte er als Frage in die Runde. Hier muss noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden, waren sich alle Teilnehmer einig. Es fehle das Vertrauen in die neue Technik, zudem das Wissen darüber und die Bereitschaft, hier zu investieren. Dem Großteil der Bevölkerung wäre noch nicht einmal bekannt, was ein Smart Meter oder intelligenter Stromzähler überhaupt sei, dazu komme das Problem des Datenschutzes. Ein zweiter, ebenso entscheidender Punkt sei die Finanzierung einer solchen technischen Aufrüstung. Auf die Mieten können solche Investitionen nicht in wirtschaftlich sinnvollem Maße umgelegt werden, und gerade Geringverdiener können und wollen sich eine solche Ausrüstung nicht leisten.

Im gewerblichen Bereich werden gute Erfahrungen mit Contracting-Modellen gemacht. Hier solle man auch zuerst ansetzen, nicht im Wohnbereich beginnen, denn das be- oder überlaste den Verbraucher finanziell und mindere somit die Akzeptanz für solche neuen Systeme, sagte auch Joachim Ott von Bilfinger Facilitiy Services GmbH. Ein wichtiges Thema bei der Smart-Grid-Diskussion seien auch die Speicherung von Strom und Wärme. Damit sei man noch nicht in der Fläche, sowohl bezogen auf die technische Umsetzung als auch auf die ökonomische Leistbarkeit.

"Für die Kostendiskussion einer Energiewende im Gebäudebereich sind alle Energieträger relevant", sagte Hans-Hermann Junge von IBM Deutschland GmbH, also Strom, Wärme und Wasser. Hier müsse man ansetzen und die Kosten durch Prüfung und Monitoring senken: "Wo sind Einsparungen möglich?" Dazu wäre es durchaus sinnvoll, intelligente Gebäudetechnik einzusetzen. Einig waren sich die Referenten, dass nur durch ein sinnvolles Abwägen der Maßnahmen und gezieltes Vorgehen die Einbindung von Gebäuden in das intelligente Energiesystem wirtschaftlich gestaltet werden kann. Die Ziele müssten sauber aufeinander abgestimmt und die Erzeugung durch Erneuerbare-Energien-Anlagen gesteigert, sowie ein effizientes Energienetz ausgebaut werden. Vor allem im Wohngebäudebereich seien eine Kombination von besseren Gebäudehüllen durch gute Dämmung und erneuerbarer Energietechnik mit einem sinnvollen Monitoring ratsam. von Nicole Allé / sth

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