Universelle Schnittstelle für Gerätesteuerungen im intelligenten Haus

Projekt der TU Berlin will mit Smart-Home-Plattform auf den Markt

In einem solchen Gehäuse könnte das Betriebssystem einer vernetzten Steuerung aller Gerätefunktionen in einem Haus laufen. © Alexander Morhart

Smart-Home-Plattform Iolite will beliebige Geräte vernetzen können. Ausgründung ist für 2015 geplant.

Zur "weltweit ersten Präsentation der neuen Smart-Home-Plattform Iolite in Berlin" hatten die Deutsche Telekom und gut 50 Partner eingeladen, die im Verein "Connected Living" zusammenarbeiten. Entwickelt wird das als "Plattform" bezeichnete System vom "DAI-Labor" der TU Berlin. Über 100 Gäste kamen in die schicken Veranstaltungsräume über den Dächern Berlins – der wichtigste aus Sicht der Einladenden vermutlich Brigitte Zypries vom Wirtschaftsministerium, das Iolite bezuschusst.

Zu sehen bekamen die Besucher dann allerdings nach den feierlichen Ansprachen und einer fiktiven Demonstration auf einem piktogrammgespickten Tablet PC nicht mehr als einen handtellergroßen schwarzen Würfel mit acht Buchsen. Der aber hat es in sich: Es handelt sich um eine Art Mini-Rechner, auf dem sozusagen das Betriebssystem ("Middleware") einer zukünftigen vernetzten Steuerung aller Gerätefunktionen in einem Gebäude laufen soll. Mehr soll an zusätzlichen Apparaten nicht nötig sein, um zum Beispiel die Zimmerbeleuchtung, eine Fotovoltaikanlage oder einen intelligenten Stromzähler nach den Wünschen der Bewohner zu steuern oder Befehle für deren gegenseitige Regelung zu geben. Für die konkrete Bedienung könnten in einer Benutzeroberfläche gebündelte kleine Programme (Apps) dienen, die auf einem vorhandenen Heimcomputer, Laptop, Tablet Computer oder auch Smartphone laufen.

Das System ist nicht nur in diesem Punkt erstaunlich flexibel, sondern unter anderem auch bei der Informationsübertragung innerhalb des Gebäudes zwischen dem schwarzen Würfel und den Hausgeräten. Wer möchte und den Aufwand nicht scheut, kann alles durch Kabel, zum Beispiel über die 230-Volt-Steckdosen, vernetzen – die Signale können aber auch komplett durch Funk übermittelt werden.

Diese für die Nutzer direkt erfahrbare Flexibilität fußt auf einer inneren Offenheit des Systems: Der schwarze Würfel und alle anderen Komponenten sind "standardoffen". Sie sollen mit allen üblichen Übertragungsstandards zurechtkommen, seien es drahtlose oder drahtgebundene (Enocean, KNX, UPNP, Z-Wave, Zigbee...). Auch mit der vor rund vier Monaten von Apple angekündigten Hausvernetzungsplattform "Homekit" sollen sie zusammenpassen.

Iolite behandelt außerdem die angeschlossenen Geräte nicht als konkretes Produkt (zum Beispiel "Glühlampe, 60 Watt"), sondern als Teil einer Gerätegruppe mit bestimmten Eigenschaften ("dimmbares Leuchmittel"). Durch diese "semantische Geräteabstraktion" kann man beispielsweise eine Glühlampe einfach durch eine Halogenlampe und diese durch eine LED-Lampe ersetzen. Das System braucht das nicht zu "wissen", und die Steuerfunktion läuft dennoch weiter.

Der Gipfel der Flexibilität, und wenn man so will gleichzeitig ein Paradigmenwechsel in der smarten neuen Welt der Hausautomation, besteht jedoch darin, dass das Gebäude nicht oder zumindest nicht ständig mit dem Internet verbunden sein muss. Ist das System erst einmal eingerichtet und mit Apps ausgestattet, kann es auch autark funktionieren – was einen großen Teil der denkbaren Daten-Missbrauchsmöglichkeiten ausschließen würde.

Die TU-Entwickler und ihre Partner – aus dem Energiebereich EnBW und Vattenfall, jedoch kein bekannter Anbieter von Heizungstechnik oder PV – tüfteln schon seit fünf Jahren an Iolite herum. Und es gab bereits ein Vorgängerprojekt (Sercho), das weitere fünf Jahre zurückreicht.

Wieso dauert es zehn Jahre und länger – die kommerzielle Verwertung von Iolite mit einer Ausgründung ist erst für den Februar 2015 angekündigt –, bis eine umfassende Vernetzungsplattform für die Haustechnik angeboten werden kann? Sahin Albayrak, Leiter des DAI-Labors, erklärte in seiner Ansprache das Scheitern aller bisherigen Versuche schlicht damit, dass Leute aus verschiedenen Disziplinen dafür zusammenarbeiten müssten. Eine solche Zusammenarbeit scheint inzwischen erste Früchte zu tragen, aber wie berechtigt die zum Teil großspurigen Selbsteinschätzungen der Projektverantwortlichen sind ("Erlangung der internationalen Technologieführerschaft Deutschlands in diesem neuen Markt"; "smarteste Lösung weltweit"), ist für Außenstehende derzeit schwer zu beurteilen.

Die vom DAI-Labor bisher herausgegebenen Informationen zu Technik und Konzept von Iolite bestehen zum Großteil aus behaupteten positiven Eigenschaften, enthalten viel für den Normalleser unverständlichen Fachjargon und passen auf eineinhalb Seiten A4. Weitere "werden gerade ausgearbeitet", so Projektleiter Grzegorz Lehmann. Eine Musterinstallation zum Vorführen und Ausprobieren in Berlin werde erst Anfang 2015 zur Verfügung stehen.

Viel wird von Haustechnik-Ausrüstern und Unternehmen der Hausautomation abhängen, die in den kommenden Wochen und Monaten den schwarzen Iolite-Würfel auf Herz und Nieren prüfen werden. von Alexander Morhart 

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