Berechnungen sind einfacher geworden

Lüftungsrichtlinie bringt neue Berechnungsvorgaben

Häuser brauchen ein Lüftungskonzept zum Feuchteschutz. © Zehnder

Die neue Fassung der DIN-Norm 1946-6 ist an vielen Stellen konkreter, Berechnungen sind einfacher geworden. Am Ergebnis dürfte sich jedoch kaum etwas ändern, sagen Experten.

Je dichter die Gebäudehülle, desto besser? Wenn es um die Energetik geht, trifft das zweifelsohne zu. Schließlich reduziert eine gute Dämmung die Wärmeverluste. Das spart nicht nur Energiekosten, sondern schont darüber hinaus die Umwelt. Allerdings: Auch die Luft bleibt in gut gedämmten Häusern länger in den Wohnräumen – und mit ihr Feuchtigkeit oder Schadstoffe von Textilien und Möbelstücken. „Je dichter die Gebäudehülle, desto besser muss auch die Lüftung sein“, sagt Michael Haibel, Wissenschaftlicher Leiter im Labor für Raumlufttechnik an der Hochschule Biberach. Früher war bei schlechterer Dämmung dieser Luftaustausch, die sogenannte Luftinfiltration, über Leckage gewährleistet. Heute müssen jedoch meist technische Lösungen her.

Neue Fassung der DIN-Norm 1946-6 ist konkreter

Wie der Luftaustausch in Wohnungen stattfinden muss, regelt hierzulande die DIN-Norm 1946-6. Im Dezember wurde diese Richtlinie überarbeitet. Zunächst die gute Nachricht für Fachleute und Bauherren: Die neue Fassung sei an manchen Stellen konkreter, die Anforderungen wurden teils reduziert, erklärt Haibel. Dennoch sollten die Änderungen gut beachtet werden. Weist der zuständige Architekt oder Planer nicht auf ein fehlendes Lüftungskonzept oder die Nichterfüllung der Norm hin, ist er bei Schimmelschäden haftbar.

Das Grundprinzip der Norm wurde beibehalten: Ein Gebäude muss zumindest zum Feuchteschutz ein Mindestmaß an Luftwechsel von selbst sicherstellen – also auch ohne regelmäßiges Fensterlüften durch seine Bewohner. Ob ein Haus luftdurchlässig genug ist, klärt ein Fachmann deshalb in einem sogenannten Lüftungskonzept.

Die Rechnung: Ist der notwendige Luftstrom (Sollwert) zum Feuchteschutz größer als die tatsächliche Luftinfiltration (Istwert)? Dann muss zwangsläufig eine technische Lösung her. Ein solches Lüftungskonzept ist verpflichtend für alle Neubauten, aber auch bei der Sanierung mancher Altbauten. Das gilt, wenn mehr als ein Drittel der Fenster ausgetauscht wird oder mehr als ein Drittel der Dachfläche neu gedämmt wird. Existiert ein solches Konzept, ist der Bewohner rechtlich verpflichtet, sich auch daran zu halten.

Berechnungsmethoden für Lüftung sind anders

Geändert haben sich nun jedoch die Berechnungsmethoden der Luftströme: So wurde etwa die Formel für die natürliche Luftinfiltration (Istwert) deutlich vereinfacht. Faktoren wie der Wohnungstyp und das Windgebiet sind nun in einem Koeffizienten zusammengefasst – und können aus einer Tabelle abgelesen werden. Daneben sind jetzt nur noch zwei weitere Faktoren für die Berechnung der Luftinfiltration nötig. Dazu gehört das Volumen der Wohneinheit und der sogenannte „Blower-Door-Wert“, der die Luftdichte eines Hauses mithilfe eines Druckverfahrens misst.

Bei der Berechnung des notwendigen Volumenstroms (Sollwert) zum Feuchteschutz berücksichtigen Planer nun zusätzlich die typische Belegung der Wohnung. Denn wie viel Feuchtigkeit sich im Gebäude bildet, hängt schließlich maßgeblich von der Anzahl der Bewohner ab. Auf das Endergebnis dürfte das jedoch nahezu keinen Einfluss haben, meinen Experten. „Beide für das Konzept zur ermittelnden Volumenströme verringern sich“, erklärt der Anlagenhersteller Stiebel Eltron. Die Entscheidung, ob eine lüftungstechnische Maßnahme notwendig ist, falle deshalb nahezu identisch zum Vorgänger der Norm aus.

Plötzlich weniger Lüftungsanlagen dürfte es durch die Novellierung also nicht geben, dafür aber andere Anlagen: Denn in der DIN 1946-6 werden neuerdings auch kombinierte Lüftungssysteme berücksichtigt, die im Alltag bereits häufig verbaut werden. Dazu gehören zum Beispiel Querlüftung- oder Zu- und Abluftsysteme, die mit einem Entlüftungssystem kombiniert sind. „Beim Aufbau und dem Betrieb von Lüftungssystemen ist die novellierte Fassung konkreter und klarer als die Vorgängerfassung“, sagt Raumlufttechniker Haibel.

Planer dürften solche hybriden Anlagen bislang nach deutlich strengeren Regeln ausgelegt haben – nämlich nach der sogenannten Nennlüftung. Diese verlangt über den bloßen Schutz vor Feuchtigkeit hinaus, dass im Normalbetrieb der Wohnung auch die Hygiene und Gesundheit, also etwa der Schutz vor Schadstoffen, gewährleistet sind. Laut dem neuen Kapitel zu kombinierten Lüftungssystemen reicht eine Lüftung zum Feuchteschutz aber vollkommen aus. „Das wird insbesondere planenden und ausführenden Unternehmen hinsichtlich der technischen Sicherheit zugutekommen“, sagt Haibel.

Systeme mit zentraler Zu- und Abluft müssen zwar weiterhin nach der strengeren Nennlüftung ausgelegt werden. Doch immerhin wurden hier die Berechnungsparameter reduziert. „Bei einer 130 Quadratmeter großen Wohnung schrumpft die geforderte Nennlüftung beispielsweise von bisher 155 um 19 Prozent auf 125 Kubikmeter pro Stunde“, rechnet Anlagenhersteller Stiebel Eltron vor. „Die Anforderungen wurden nicht verschärft, sondern eher leicht verringert.“ Um die Änderungen im Detail zu verstehen, bieten einige Hersteller sowie private Akademien auch Kurse an. Daneben helfen Onlinerechner dabei, ein Lüftungskonzept anhand der Gebäudedaten zu erstellen. von Laurin Meyer

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