Standards beginnen sich erst durchzusetzen

Kunden wollen Haustechnik mit Smartphone steuern

Sonnenschutz, Lichtschalter und Heizung per Smartphone bedienen soll einfacher werden. © Warema

Smart Homes sollen nicht mehr per Funk, sondern mit dem Smartphone ansteuerbar sein. Doch dazu müssten Standards her.

Die einfache Funksteuerung im Haus hat ausgedient. Immer mehr Kunden wollen ihre Jalousien, Garagentore, Rollladen oder Lichtschalter komfortabel von ihrem Smartphone aus bedienen. Die Hersteller reagieren darauf und entwickeln intuitiv steuerbare Funklösungen, die allerdings oft nur ihre eigenen Produkte unterstützen.

Der Kunde ist König, also bekommt er was er begehrt. So auch bei den Schalterherstellern Gira und Jung. Die beiden Unternehmen haben seit neuestem die bidirektionale Funktechnik "eNet" im Programm, mit der Kunden per Smartphone und zunächst über das heimische WLan ihre Lampen dimmen oder die Rollläden rauf und runter fahren können. Entwickelt wurde die Funksteuerung von dem gemeinsamen Unternehmen Insta aus Iserlohn, das beide Firmen zusammen mit Berker vor gut 40 Jahren gegründet haben.

"Vielen – vor allem den jüngeren Kunden – reicht die einfache Funksteuerung nicht mehr aus, mit der man die Jalousien per Knopfdruck ein- und ausfahren kann", erläutert ein Jung-Mitarbeiter auf der light+building. Also musste eine neue Funklösung her. Diese könne nun aber nicht nur über eigene mobile Bediengeräte und Smartphones gesteuert werden, sondern erstmals auch bestehende konventionelle Elektroinstallationen in älteren Häusern und Wohnungen mit Hilfe von speziellen Bedienaufsätzen funktauglich machen.

"Die Einsätze zur Licht- oder Jalousiensteuerung werden durch Montage von speziellen Aufsätzen quasi automatisch zum eNet-System hinzugefügt und können danach direkt per Funk angesteuert werden", erläutert der Mitarbeiter der Schalterherstellers. Einzelne Komponenten, wie die Funkschalter und das IP-Gateway, über das dann die einzelne Funktionen über das WLan im Haus gesteuert werden können, sollen vor Sommer 2014 auf den Markt kommen.

Standardanwendungen, die Licht schalten und Jalousien steuern, können Kunden selbst mit Hilfe eines sogenannten Push-Button (Verknüpfung von Sender und Empfänger durch Betätigung von Drucktastern) einfach manuell einrichten. Das Programmieren komplexerer Anwendungen mit mehreren Komponenten oder logischen Verknüpfungen am PC ist allerdings aufwändiger. Otto-Normal-Kunden seien hier in der Regel auf die Unterstützung des Elektroinstallateurs angewiesen, der als Vertriebspartner die Funklösung verkaufe, so die Unternehmen.

Allerdings sei der Aufwand, der notwendig sei, um mehrere Geräte miteinander zu verknüpfen, deutlich geringer und damit auch billiger als die Programmierung einer Hausvernetzung per KNX, die heute nur noch von speziellen Unternehmen ausgeführt würden. Gegen Ende des Jahres wollen die Unternehmen auch einen eigenen eNet-Server anbieten, über den der Kunde dann auch von unterwegs die gesamte Haustechnik per Smartphone bedienen kann.

Funk-Lösungen für die Steuerung der Hausinstallation wie das eNet von Insta gibt es inzwischen einige. Doch alle Anbieter verwenden einen anderen Standard und grenzen sich damit von ihren Wettbewerbern ab. Der Anbieter von Jalousien und Rollladen Somfy beispielsweise setzt bei seinem Tahoma-System, mit dem diese ebenfalls aus der Ferne gesteuert werden können, auf das sogenannte "io-homecontrol"-Protokoll. Rademacher, Hersteller von Antrieben und Steuerungssystemen für die Hausautomatisierung, nutzt neben Komponenten, die auf dem eigenen bidirektionalen Funksystem Duofern basieren, auch Bausteine auf Z-Wave-Technologie wie einen Heizkörperstellantrieb und einen Fenster-Türkontakt. Sie werden über einen zusätzlichen Stick in das Funksystem integriert. Und auch der Anbieter von batterielosen Funksystemen EnOcean arbeitet mit einem eigenen Übertragungsstandard.

"Die vielfältigen und unterschiedlichen Kommunikationssysteme ärgern längst nicht nur die Kunden, sondern überfordern auch die Installateure", sagt Wolfgang Klebsch, Smart-Home-Experte beim Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V. (VDE) in Frankfurt. Es sei daher kein Wunder, dass die Entwicklung des Marktes für das Smart Home deutlich hinter den Erwartungen hinterherhinke. Der VDE-Experte hält die Strategie der Anbieter, sich über eigene Standards vom Wettbewerber abzugrenzen, für kontraproduktiv. Eine Standardisierung von Funktionen und Schnittstellen würde nicht nur das Leben der Kunden erleichtern und die Technik attraktiver machen – denn die Kunden wären frei in der Auswahl der Produkte und könnten diese frei per Plug- and Play miteinander kombinieren.

Es könnten sich auch mehr Menschen eine Vernetzung der Haustechnik leisten, weil durch die größeren Stückzahlen auch die Preise sinken würden. Endlich würden die kritischen Mengen erreicht, die der Markt so dringend braucht, um deutlich stärker zu wachsen. Der VDE unterstützt daher seit längerem Standardisierungsbemühungen der unterschiedlichen Bereiche wie Heizung- und Klimatechnik, Haus- und Energietechnik sowie der Anbieter von weißer und brauner Ware. Dabei unterstützt der VDE auch Technologien wie den EEBus, der als sogenannte Middleware wie eine Art Übersetzungsprotokoll die Kommunikation zwischen verschiedenen Systemen ermöglicht.

Mit dem französische Konzern Somfy und EnOcean nehmen inzwischen auch erste Anbieter von Funklösungen das Schnittstellenproblem ernst und engagieren sich in der EEBus-Initative, um einen reibungslosen Informationsaustausch mit ihren Systemen zumindest auf diesem Weg sicherzustellen. So hat die EnOcean-Alliance auf der light+building bekannt gegeben, dass sie den EnOcean-Funkstandard in die EEBus-Welt integrieren wird und so die offene Vernetzung verschiedener Systeme weiter voranbringen. In einem ersten Schritt werden die beiden Partner eine gemeinsame Spezifikation definieren. Künftig sollen Anwender dadurch Gebäudeautomations- und Smart Home-Systeme standardübergreifend mit einer intelligenten Energienutzung kombinieren können. von Hans Schürmann

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