Lüftung sichert die Konzentration förderndes Raumklima

Fensterlüftung reicht nicht gegen Schulmief

Diese sanierte Schule hat eine Lüftungsanlage. © Meyer

Das Öffnen der Fenster stellt in Schulen keinen ausreichenden Luftwechsel her. Kontrollierte Lüftung ist besser, darf aber nicht laut und störend sein.

Derzeit werden bundesweit zahlreiche Schulen saniert und dabei ihre Energiebilanz verbessert. Lüftungsanlagen sind hier oft nicht vorgesehen. Experten auf einem Workshop der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg legten zahlreiche Beispiele dafür vor, dass das zu kurz gedacht ist.

Die Bedingungen an Schulen unterschieden sich von denen anderer öffentlicher Gebäude. Die Fläche wird im Gegensatz zu Büros oder Behörden intensiver genutzt. Die Abwärme der anwesenden Personen ist hoch und würde häufig ausreichen, um die Räume zu heizen. Wenn dann noch Sonneneinstrahlung dazukommt, sind die Räume schnell viel zu warm. Durch die wechselnde Belegung schwankt zudem die notwendige Heizleistung stark.

An drei Karlsruher Schulen, die in den 50er Jahren gebaut worden sind, hat sich Professor Klaus Wolfrum von der Hochschule Karlsruhe für Technik und Wirtschaft angeschaut, ob sich alleine mit Fensterlüftung ein behagliches Raumklima erreichen lassen würde. Klare Antwort war: Nein. Das Kriterium dafür war die DIN EN 15251 sowie der Pettenkofer-Wert. Er liegt bei einer CO2-Konzentration von bis zu 1.000 ppm, Werte darüber sind nicht akzeptabel.

Eine Klasse mit 30 Schüler/innen benötigt nach DIN EN 15251 in Kategorie II, die in einem Neubau Behaglichkeit erwarten lässt pro Stunde etwa 900 Kubikmeter Frischluft. Während dieser Zeit fallen zirka 2,5 kWh Wärme, 1,5 Kilogramm Wasserdampf und 500 Liter CO2 an. In den Klassenräumen, die Wolfrum vermessen hat, lagen die CO2-Werte immer über dem kritischen Wert und haben bis zu 5.000 ppm betragen.

Mit Fensterlüftung alleine ließ sich das nicht ändern. "Erst wenn die Fenster über neun Minuten geöffnet waren, konnten wir überhaupt Ergebnisse nachweisen", kommentiert Wolfrum. Vor allem in der Heizperiode sei deshalb nicht zu gewährleisten, dass eine die Leistung förderndes Raumklima alleine über Fensterlüftung hergestellt werden kann.

Matthias Laidig vom Tübinger Planungsbüro Ebök plädiert bei Lüftungsanlagen in Schulen für die "kleine mechanische Lösung". Das bedeutet, dass er bei Lüftungskonzepten eine Grundlüftung von 15 bis 20 Kubikmeter pro Stunde und Schüler vorsieht. Der Rest wird über Fensterlüftung erreicht. Wichtig ist Laidig, dass auch die Benutzer eingreifen können. Die von ihm vorgestellte Lösung sieht vor, dass direkt am Klassenzimmer die Lüftung ganz ausgeschaltet oder in den Modi "Klein" und "Groß" betrieben werden kann. Aus hygienischen Gründen verzichtet er auf eine Befeuchtung der Luft und reduziert deshalb bei Kälte den Luftaustausch. Wichtig ist ihm auch die Energiebilanz der Geräte. Die Ventilatoren dürfen weniger als 0,42 Watt (m3/h) verbrauchen. Das wiederum ist nur bei großen Luftkanälen erreichbar, die wenig Widerstand bieten.

Besonders in Schulen stehe teilweise aber ein Konflikt zwischen Akustik und Behaglichkeit, es könne sogar notwendig sein, hierzu Simulationen auszuführen, sagt Laidig. Die Grenzwerte aus der Norm 13799, die einen Lärmausstoß von bis zu 45 dB(A) zulässt hält er für zu hoch und rät dazu, sich eher an 30 dB(A) zu orientieren. Das entspricht in etwa dem Geräuschpegel, den leichter Landregen verursacht. Die Professorin Runa Hellwig unterstützt das und hält teilweise sogar noch niedrigere Werte für notwendig: "Bei nicht muttersprachlichem Unterricht oder komplexem Stoff können auch 30 dB(A) schon zu viel sein sein."

Hellwig hat außerdem ein Projekt des Fraunhofer Institut für Bauphysik vorgestellt, in dem in einem künstlichen Schulhaus untersucht wurde, wie eine Fassade so gestaltet werden kann, dass sie die Lüftung optimal unterstützt. Untersucht wurden dabei Schwingflügel und eine Kombination aus drei unterschiedlichen Kippflügeln. Unter Winterbedingungen schnitten dabei die Schwingflügel am besten ab. Kippflügel zeigten dann die besten Ergebnisse, wenn mehrere übereinander angeordnet waren und in unterschiedlichen Höhen geöffnet werden konnten. Dabei nahmen Zuglufterscheinungen ab, je höher die Fenster lagen. Kippflügel in einer Reihe waren schlechter als Doppelreihen, "damit ließ sich ein stabileres Innenraumklima herstellen", erklärte Hellwig.

Erkennbar war außerdem, dass bei sehr niedrigen Außentemperaturen durch automatisiertes Öffnen der Fenster mit einer geringen Öffnungsweite ein weiterer Anstieg der CO2-Werte bei guter thermischer Behaglichkeit wirksam verhindert werden kann. Getestet wurden auch hybride Fassaden mit Lüftungselementen im unteren Bereich, Kippflügeln und Oberlicht. Hier komme es auf die Steuerung an, betonte Hellwig: "Für hybride Lüftungskonzepte braucht man intelligente Regeln, die unterschiedliche Zustände darstellen und darauf reagieren können." Damit automatisierte Konzepte auf Akzeptanz stoßen, müssen sie mit leisen Motoren ausgestattet sein und über längere Zeiten gleichbleibende Zustände herstellen. Ständiges Öffnen und Schließen oder Nachregeln der Öffnungswinkel würde stören. Gleichzeitig muss eine schnelle Reaktion auf andere Bedingungen möglich sein, wenn etwa Regen oder Starkwind einsetzen.

Bei der Frage, ob zentrale oder dezentrale Lüftungssysteme in Schulen besser geeignet sind, mochten sich die Experten nicht festzulegen. "Man muss je nach Objekt entscheiden ob eine dezentrale oder zentrale Lösung besser geeignet ist", rät Laidig. Bei Teilbelegung etwa an Schulen mit Abendbetrieb könnten jedoch dezentrale Lösungen ihre Vorteile ausspielen. Bei einer groben Berechnung sei auch der Unterschied bei den Kosten nicht groß, der Aufwand liege pro Klassenzimmer zwischen 10.000 und 13.000 Euro.

von unserer Redakteurin Pia Grund-Ludwig

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