Innovative flexible Stromtarife sind noch die Ausnahme

EEBus verknüpft die Haustechnik mit dem Stromnetz

Smart-Metering-Zähler sind in Privathaushalten noch die Ausnahme. © T-Systems

Der EEBus stellt eine anwendungsneutrale, normierte Schnittstelle bereit, die die IP-Welt des Smart Grids und des Smart Phones mit den heute noch dominierenden Nicht-IP-Netzen im Bereich der Hausautomation verbindet.

Bereits heute lassen sich mit intelligenter Gebäudetechnik deutliche Energieeinsparungen erzielen, beispielsweise indem die Heizung automatisch heruntergefahren wird, wenn ein Fenster offen steht. Vernetzt sind heutzutage allerdings meist nur haustechnische Anlagen wie Heizung, Lüftung und Beleuchtung. Im Smart Home der Zukunft dagegen ind alle Energiesysteme und stromverbrauchenden Geräte miteinander verknüpft, ein zentrales Energiemanagementsystem sorgt für die kostenoptimierte, energieeffiziente Steuerung des Gesamtsystems. Damit das funktioniert, müssen alle Geräte im Gebäude von der Heizung bis zur Waschmaschine miteinander und mit dem Energiemanagementsystem kommunizieren können, das wiederum mit dem intelligenten Stromnetz verbunden ist. Bislang fehlte dafür die Technologie, doch nun zeichnet sich mit dem EEBus eine Lösung ab. 

Der EEBus stellt eine anwendungsneutrale, normierte Schnittstelle bereit, die die IP-Welt des Smart Grids und des Smart Phones mit den heute noch dominierenden Nicht-IP-Netzen im Bereich der Hausautomation verbindet. Bezogen auf den Haushalt integriert er dadurch den gesamten Sensor- und Aktorkosmos marken- und gewerkeübergreifend in ein durchgängiges Kommunikationssystem. Aus Sicht der Industrie bietet das "modulare, offene, auf Standards beruhende Vernetzungskonzept" des EEBus die Chance, die letzte technologische Lücke zwischen Energieversorgung und dem intelligenten Verbraucher zu schließen. Das machten jetzt die Repräsentanten von neun namhaften deutschen Unternehmen aus den Bereichen Solartechnik, Elektroinstallationstechnik, Haushaltsgeräte, Elektronikentwicklung, Heizung-Klima-Lüftungstechnik, Energietechnik und der Informations- und Kommunikationstechnologie bei einem Kamingespräch mit Vertretern des Bundeswirtschaftsministeriums und der nationalen Normungsgremien in Berlin deutlich.

Gleichzeitig wiesen die Industrievertreter auf die große Bedeutung variabler Tarife hin. Denn erst wenn die Energieversorger fexible, last- und tageszeitabhängige Stromtrarife bieten und intelligente Energiezähler für Transparenz sorgen, kann die Vernetzung im Smart Home ihr volles Potenzial entfalten und zur besseren Lastverteilung in den Netzen beitragen. Gerade hier hakt es derzeit jedoch noch. Zwar muss seit Anfang 2011 jeder Energieversorger in Deutschland variable Tarife anbieten, doch die allermeisten Versorger erfüllen diese Vorgaben lediglich mit einem Verweis auf die seit Jahren üblichen Hochlast- und Niedriglasttarife (HT/NT). Diese bieten meist in den Nachtstunden minimal günstigere Tarife bei gleichzeitig höherer Grundgebühr.

Einer Untersuchung der Forschungsgruppe EnCT aus Freiburg zufolge bieten in Deutschland bisher nur rund 50 Energieversorger etwa 60 Produkte mit variablen Tarifen und intelligenten Zählern für Privatkunden an. "Wesentliche Gründe für die Marktzurückhaltung sind die politischen Rahmenbedingungen und das schwache Kundeninteresse", erklärt EnCT-Geschäftsführer Harald Schäffler.

So sind die Energieversorger nach wie vor verpflichtet, für Kunden mit einem Stromverbrauch von bis zu 100.000 kWh pro Jahr nach dem Standardlastprofilverfahren zu beschaffen und abzurechnen. Das bedeutet, dass eine Änderung des Verbrauchsverhaltens der Kunden durch Tarifanreize für die Lieferanten selbst keine Kosten- oder Beschaffungsvorteile bringt. Ein weiterer Hemmschuh ist laut Schäffler das Eichgesetz. Es verhindere, dass die Verbrauchskosten von variablen Tarifen kostengünstig anhand von verbrauchten Einheiten und Zeiten in einer Datenzentrale berechnet werden. Stattdessen müssten die Zähler mehrere Tarifregister vorweisen, die aufwändig geeicht und parametriert werden müssen.

Die schwache Kundennachfrage ist dem Experten zufolge unter anderem auf die vergleichsweise hohen Preise der smarten Energieprodukte zurückzuführen. Hinzu kommt, dass die Kunden dieTarife ohne detaillierte Kenntnis ihres Verbrauchsverhaltens beziehungsweise ihrer Lastprofile nicht einschätzen können. "Eigentlich müssten wir zuerst dafür sorgen, dass der Kunde ein Gefühl für seinen Verbrauch bekommt. Dass er ihn einordnen kann. Ähnlich wie beim Auto, wo jeder weiß, dass es sich bei 15 Litern Verbrauch auf 100 Kilometer um eine Bezinschleuder handelt. Stattdessen machen wir mit den smarten Tarifmodellen den zweiten Schritt vor dem ersten", sagt Schäffler. Auch die reine Visualisierung des Verbrauchs, wie sie Smart Meter bieten müssen, die bei Neubauten oder Renovierungen eingebaut werden müssen reicht aus seiner Sicht nicht aus, um dieses Gefühl zu schaffen. "Besser geeignet sind Zähler, die einen Mehrwert bieten. Beispielsweise eine Prognosefunktion, die deutlich macht, wie hoch der Verbrauch bei gleichbleibendem Verhalten am Jahresende sein wird. Oder eine Vergleichsmöglichkeit etwa mit dem Durchschnittsverbrauch vergleichbarer Haushalte." Erste Produkte, die in diese Richtung gehen, seien bereits auf dem Markt.

Neben dem Gesetzgeber, der die variablen Tarife durchsetzen will, um die erneuerbaren Energien besser ins Netz integrieren zu können, dürften auch von den Entwicklungen im Bereich Smart Home Impulse auf die Energieversorger ausgehen. Allerdings gewinnt derzeit gerade erst einmal der Markt für Smart-Home-Geräte an Fahrt, die nicht auf den Smart Meter aufsetzen. EEBus-Anwendungen hält Schäffler eher für Zukunftsmusik.

Von unserer Redakteurin Silke Thole

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