Studie: Einsparungen von 30 Prozent Heizenergie und 50 Prozent Kühlenergie möglich

Automatisierter Sonnenschutz spart viel Energie

Vor allem automatisch gesteuerte Rollläden sparen viel Energie. © Schlotterer

Je nach Gebäude, Baualtersklasse und Fensterflächenanteil lassen sich mit einem automatisierten Sonnenschutz oder Rollladen mehr als 30 Prozent Heizwärme sparen. Bei der Kühlung sind sogar bis zu 50 Prozent Einsparungen möglich. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Ingenieurbüros Prof. Dr. Hauser im Auftrag der Industrievereinigung Rollladen-Sonnenschutz-Automation (IVRSA). Die Einsparpotenziale liegen vor allem im Gebäudebestand.

Bereits 2009 machte die europäische Rollladen- und Sonnenschutzindustrie mit einer Studie auf die Energiesparpotenziale ihrer Produkte aufmerksam. Laut der sogenannten ESCORP-EU25-Studie liegt das CO₂-Einsparpotenzial des gezielten Einsatzes von Rollläden und Sonnenschutz europaweit bei 111 Millionen Tonnen pro Jahr. Im Winter seien bis zu zehn Prozent Heizenergieeinsparungen möglich.

Die aktuelle Studie dagegen kommt zu dem Schluss, dass sich leicht mehr als 30 Prozent Heizwärme einsparen lassen, wenn ein Rollladen oder Sonnenschutz mit einem Wärmedurchlasswiderstand von 0,3  W/m²K und einer automatischen Steuerung eingesetzt wird. Je höher der Wärmedurchlasswiderstand, desto höher auch die Dämmwirkung von Rollläden und Sonnenschutzsystemen.

"Von der grundsätzlichen Thematik her ist unsere Studie durchaus mit der EXCORP-Studie vergleichbar", berichtet Christoph Kempkes vom Ingenieurbüro Prof. Dr. Hauser. "Allerdings ist unsere Betrachtung erheblich differenzierter und fokussiert zunächst nur die Länder Deutschland, Österreich und Schweiz." Als Beispiel für die differenziertere Betrachtung nennt Kempkes, dass in der ESCORP-Studie lediglich zwei Einzelräume eines Gebäudes betrachtet wurden, während sich die Berechnungen in der aktuellen Studie auf komplette Gebäude beziehen.

Dabei haben die Bearbeiter versucht, den Wohngebäudebestand möglichst gut zu erfassen und listen detaillierte Ergebnisse für verschiedene Gebäudtypen auf – Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser, freistehend und als Blockbebauung. "Wir kommen mit unserem Modell des Wohngebäudebestandes auf einen Endenergiebedarf für Raumwärme von 420 Terawattsunden pro Jahr. Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen beziffert den Verbrauch 2015 auf 436 Terawattsunden pro Jahr. Der geringe Unterschied zeigt, wie gut unser Modell ist", erklärt Kempkes stolz.

Auch bei den technischen Werten haben die Experten aus Kassel breit variiert und beispielsweise die Auswirkungen verschiedenster Kombinationen von Erhöhungen des Wärmedurchlasswiderstands und Reduzierung des Wärmedurchgangs durch Rollläden oder Wabenplissees berechnet.

Weiterer großer Unterschied zwischen den beiden Studien ist die Berücksichtigung der Automation. Schließlich wurde die aktuelle Studie, deren Ergebnisse heute zu 95 Prozent vorliegen, von der Industrievereinigung Rollladen-Sonnenschutz-Automation in Auftrag gegeben. Tatsächlich wirke sich eine automatisierte Steuerung positiv auf die Energieeinsparungen aus – "in erster Näherung etwa mit dem Faktor 2", formuliert Kempkes vorsichtig.

Die Automatisierung sorgt dafür, dass im Winter Rollläden oder sonstige Sonnenschutzsysteme – die Experten sprechen allgemein von Abschlüssen – vom Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang oder auch ab Unterschreiten eines Schwellwertes der einfallenden, wärmenden Strahlung geschlossen sind und so die Dämmung der Fensterflächen verbessern. "Bei manueller Bedienung wären sie im Schnitt vier Stunden weniger unten", berichtet Kempkes. Im Sommer wird der Sonnenschutz zur Vermeidung von Überhitzung oder zur Minimierung des Energiebedarfs für Gebäudekühlung beispielsweise nach einem bestimmten Zeitschema, abhängig von der Raumtemperatur oder der einfallenden Strahlung gesteuert.

Heizenergie lässt sich durch automatisierte Abschlüsse vor allem im Gebäudebestand einsparen, so das Ergebnis der Hauser-Studie. Hintergrund ist, dass die Fenster in Neubauten deutlich bessere Energiekennwerte haben. Üblich sind U-Werte von 1,3 oder besser und g-Werte um die 0,6. Diese Werte lassen sich durch Abschlüsse nur geringfügig verbessern. Der U-Wert gibt Aufschluss über die Wärmeverluste, der g-Wert über die solaren Wärmegewinne eines Fensters.

Anders im Altbau: Hier kann der U-Wert eines Fensters durch ein Rolladen oder Wabenplissee, das den Wärmedurchlasswiderstand um 0,3 W/m²K verändert (ΔR=0,3 W/m²K), von 2,8 auf 1,5 W/m²K verbessert werden. Systeme für den sommerlichen Sonnenschutz sind dagegen im Neubau wie im Altbau gleich wichtig, weiß Kempkes: "Auch bei einem U-Wert von 1,3 und einem g-Wert von 0,6 bringt ein automatisierter Sonnenschutz noch etwa fünf bis sechs Prozent Energieeinsparung in der Heizperiode."

Vor diesem Hintergrund wünschen sich die Experten vom Ingenieurbüro Prof. Dr. Hauser, dass der Gesetzgeber auch für Bestandssanierungen Regelungen zum sommerlichen Wärmeschutz einführt. Derzeit besteht eine entsprechende Nachweispflicht nur für Neubauten. Das führe dazu, dass Bauherren nicht über die vergleichsweise leicht zu erschließenden Potenziale aufgeklärt werden und Planer den Zusatzaufwand zur Optimierung des sommerlichen Wärmeschutzes nicht betreiben. Gleiches gelte für den verbesserten winterlichen Wärmeschutz durch Abschlüsse, der derzeit nicht im EnEV-Nachweis berücksichtigt werden darf. Dadurch würden real vorhandene Einsparpotenziale nicht ausgewiesen.

Was ihre zusätzliche Dämmwirkung anbelangt, so können gute innenliegende Systeme wie Kammerplissees oder Doppelkammerplissees durchaus mit außenliegenden Systemen mithalten. Bei sommerlichen Wärmeschutz dagegen sind außenliegende Systeme eindeutig vorteilhafter. von Silke Thole

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