Es ist ein strategischer Ausblick, den die fünf Autoren der Studie geben. In zwei Teilen untersuchen sie die Struktur der Energieversorgung sowie zukunftsfähige Neubauten. Zugrunde legen sie der Studie den Mittelwert des Klimaschutzziels hinsichtlich der Treibhausgasemission. Sie orientieren sich daran bis zum Jahr 2050 diese um 87,5 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken.
Gefördert wurde das vom IWU koordinierte Forschungsvorhaben vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert. Als Partner waren die Hochschule Darmstadt (Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik) und das Büro für Energiewirtschaft und technische Planung (Aachen) am Projekt beteiligt.
Besitzer von Einfamilienhäusern sind gefordert
Wer sein Eigenheim bereits saniert hat, also gedämmt, die Ölheizung gegen einen Pelletkessel tauscht, eine Photovoltaikanlage auf dem Dach hat und gar eine Wärmepumpe nutzt, der ist bereits auf einem guten Weg. „Die Einfamilienhäuser dominieren zahlenmäßig, deshalb sind die Eigentümer gefordert“, sagt Nikolaus Diefenbach vom IWU-Institut und Mit-Autor der Studie.
Im ersten Teil kommen die Autoren zu dem Schluss, dass es möglich ist die Ziele zu erreichen, „bei ehrgeizigen Maßnahmen im Hinblick auf den Wärmeschutz (...) und bei einem weitgehenden Umbau der Wärmeversorgung“. Es ist das Zusammenspiel von Wärmeschutz, regenerativer Energien und technischen Anlagen wie Wärmepumpen notwendig. Da dies den Eigentümer viel Geld kosten kann erklärt Diefenbach hinsichtlich der Fördergelder bei Sanierungsmaßnahmen: „Der Staat muss die Rahmenbedingungen setzen.“
Wärmepumpen sorgen für effizienten Einsatz von Windenergie
Je stärker der Wärmebedarf abgesenkt werden kann, umso weniger Energie wird beispielsweise fürs Heizen benötigt. In diesem Zusammenhang wird es realistischer den Energiebedarf mit Solar- und Windenergie decken zu können. Ausgehend davon sehen die Autoren der Studie in den elektrischen Wärmepumpen eine Schlüsselrolle: „Die Wärmepumpen schaffen zunächst einmal die Grundvoraussetzung dafür, dass Windenergie überhaupt effizient zur Wärmeversorgung eingesetzt werden kann“, heißt es in der Studie. Darüber hinaus kann die Solarenergie über das Stromnetz weitergegeben werden. In Verbindung mit Kraftwerken sowie Kraft-Wärme-Kopplung können Brennstoffe effizienter genutzt werden.
„Wir müssen sparsam mit der Biomasse umgehen“, betont Diefenbach. Die Energieträger stehen nur begrenzt zur Verfügung. Deshalb sollten nicht nur fossile Brennstoffe, wie Gas und Öl, im Gebrauch gesenkt werden, sondern auch Holz für die Wärmenutzung effizient eingesetzt werden. Grundsätzlich sollte laut Studie im Sommer auf Brennstoffe verzichtet werden. Wer bereits jetzt eine Pelletheizung nutzt, sollte bei der nächsten Sanierung wenn möglich auf eine andere Technik umsteigen, um die Ressourcen zu schonen.
Solar- und Windkraftanlagen stoßen an räumliche Grenzen. Wichtig ist deshalb, geeignete Dachflächen für Solarenergie zu nutzen. Und zwar gerade in Städten, da im Gegensatz zu kleineren Orten die Wohnfläche entsprechend der Dachfläche höher ist. „Entscheidend für die Potentiale zur Solar- und Windenergienutzung im Wohngebäudebestand ist (...) die Ausstattung ausreichend hoher Anteile des Gebäudebestandes mit der notwendigen Fähigkeit zur Nutzung dieser beiden Energieträger“, stellen die Autoren in der Studie fest. Ergänzend wären Wärme- und Stromspeicher einzusetzen. Langzeitwärmespeicher und die Wärmeerzeugung aus Tiefengeothermie könnten zudem dabei helfen, die Ziele leichter zu erreichen. Weiter sollte die Technologie für synthetische Brennstoffe vorangetrieben werden.
Konzepte für zukunftsfähigen Neubau
Welcher Gebäudestandard, welcher Wärmeschutz und welche Anlagentechnik sind in einem Neubau nötig, um einen klimaneutralen Wohngebäudebestand zu erreichen? Dieser Frage gingen die Autoren im zweiten Teil der Studie nach. Das Rezept für einen zukunftsfähigen Neubau ist laut den Autoren „ein guter Wärmeschutzstandard und die beste Systemtechnik kombiniert“. Für die Neubauten sollten mit Blick auf die Klimaziele vor allem die Ergebnisse der ersten Studie umgesetzt werden. „Wir müssen den Wärmeschutz gut umsetzen und auf regenerative Energien umsteigen“, fasst Diefenbach zusammen. Dabei sollte sich der Wärmeschutzstandard auf dem Niveau des Passivhauses bewegen.
Unterschiede wurde unter anderem zwischen klimagerechtem Gebäude und bestmöglichem Neubau. Klimagerecht ist ein Gebäude, wenn die Umgebung die Treibhausgasemissionen aufnehmen kann. Wärmeschutz, Wärmeversorgung und erneuerbare Energien wie eine Solaranlage gehören dazu. Erdgas liefert in diesem Fall die elektrische Energie. Der bestmögliche Neubau ist aus Sicht der Autoren ein Baukasten. Die einzelnen Bestandteile des Hauses sollten sich an den besten Lösungen hinsichtlich der Systemtechnik orientieren. Der Wärmeschutz sollte sich nach den Standards des Passivhaus bis mindestens dem Effizeinzhaus-55- Standard richten. Die Autoren stellen fest, je besser der Wärmeschutz umso weniger Anforderungen müssen an die Anlagentechnik gestellt werden.
In Teilen ist Passivhausniveau sinnvoll
Die Analysen der beiden Gebäudetypen im Vergleich zeigen laut den Autoren, dass die beste Anlagentechnik dann notwendig wird, wenn die Standards des Effizienzhaus-55-Niveau den klimagerechten Gebäuden zu Grunde gelegt werden. Diesen sehen die Autoren als sinnvollen Mindestwärmeschutz an, wobei sie raten in Teilen die Werte des Passivhauses anzustreben. Als weitere wichtige Komponente wird in der Studie der Wärmespeicher genannt, der laut den Autoren die höhere Speicherkapazität im Vergleich zum Stromspeicher hat. Diese Wärme kann dann unabhängig von der Verfügbarkeit genutzt werden.
In ihrem Ausblick stellen die Autoren aber auch die Frage, ob die Konzepte weit genug reichen: „Es stellt sich auch die Frage, ob Neubauten nicht einen noch höheren Beitrag liefern müssen, da bei vielen Bestandsgebäuden Klimaschutzmaßnahmen aufwändiger, teurer und teilweise auch nicht so weitgehend möglich sind.“ Die Treibhausgase um 95 Prozent bis 2050 im Vergleich zu 1990 zu senken sei nur mit umzusetzen, wenn verstärkt die Windenergie ausgebaut und neue Techniken wie Power-to-Gas eingesetzt werden. von Anne Leipold