Leonberg bei Stuttgart, ein Vierfamilienhaus aus den 60er Jahren. 400 m² Wohnfläche; Ölverbrauch bis zu 10.000 Liter im Jahr; im Untergeschoss 50 Jahre alte Radiatoren. Wo soll man da anfangen?
Wärmepumpenspezialist Oliver Nick, 42, baute 2010 erst einmal eine Luft-Wärmepumpe ein. Angesichts von 30 kW maximaler Heizlast musste er ein ausgewachsenes Modell wählen: Das Außengerät der HP30L-M-WEB ist fast 2 Meter lang und 1,26 Meter hoch. 200 Quadratmeter Wärmetauscherfläche und zwei sehr große Ventilatoren sorgten für hohe Effizienz – Jahresarbeitszahl: 2,8 – und dafür, dass das Monstrum nicht lauter ist als eine Nähmaschine.
Vor zwei Jahren baute Nick dann zusätzlich eine Solaranlage ein. Drei Kollektoren mit je 30 Vakuumröhren dienen hauptsächlich der Trinkwassererwärmung. Daneben unterstützt ihre Wärme die Heizung direkt. Und sobald der Kältekreis der Wärmepumpe kälter ist als der Pufferspeicher, gehen die 1 bis 2 kW Solarwärme in eben diesen Kältekreis, und zwar über Wärmetauscher in die Verdampfer-Saugleitung.
Oliver Nick: "Wenn ich außen eine Temperatur von minus 10 Grad habe, dann verdampft das in der Wärmepumpe mit minus 15, minus 20 Grad. Der Röhrenkollektor bringt auch bei Null Grad immer noch 20, 25 Grad Wärme." Durch diesen Kniff kann die Solaranlage das ganze Jahr genutzt werden.
Zum System gehören drei Speicher mit je 1.000 Liter Inhalt: neben dem fürs Trinkwasser noch je ein Pufferspeicher für die Wärmepumpe und für die Solaranlage. Der Speicher für die Wärmepumpe ist vor allem für die Sperrzeiten des Strombezugs da, sagt Nick: "Wir haben kein Problem mit der Mindestlaufzeit, weil es eine leistungsgeregelte Wärmepumpe ist." Das Gerät lässt sich bis auf 20 Prozent der Wärmeleistung herunterregeln, also von 36 kW auf 7,2 kW. Nick hat ganz normale Speicher installiert – "Coladosen" nennt er sie –, keine Schichtspeicher. "Die finde ich viel zu teuer, für den Preis zu ineffizient."
Im vergangenen Jahr ließ der Besitzer des Hauses neue Fenster einsetzen sowie das Dach anheben und dämmen; ebenso die Fassade. Seither benötigt dieser Altbau nur noch 85 Prozent der Energie die ein Neubau nach EnEV 2009 verbrauchen darf, ist also ein "KfW-85-Gebäude". Die maximale Heizlast ist auf 18 kW gesunken und die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe auf 3,3 gestiegen.
Dabei sind im Haus nach wie vor drei Arten der Wärmeverteilung vorhanden: im Untergeschoss die erwähnten Radiatoren samt den alten Thermostaten; in der Erdgeschosswohnung Warmluft als Wärmeträgermedium; und nur im Ober- und Dachgeschoss eine Fußbodenheizung. Oliver Nick ist solche Kombinationen in seinem Geschäftsgebiet gewohnt: "Man hat häufig den Fall, dass man Heizkörper und Fußbodenheizung zugleich hat. Es gab mal so eine Zeit... 60er/70er Jahre."
Und auch wenn das ganze Haus mit Radiatoren ausgestattet ist, könne man eine effiziente Anlage hinbekommen. Er habe woanders so einen Fall gehabt und dort sogar eine Jahresarbeitszahl von 3,5 erreicht. Insgesamt habe er bereits fünf Anlagen dieser Art gebaut.
Doch zurück zum Leonberger Vierfamilienhaus. Oliver Nick hat hier noch etwas vor: "Wir haben noch einen zweiten Wärmetauscher, von den oberen Wohnungen. Wir werden den parallel schalten zu dem anderen. Dann erreichen wir sicher Vorlauftemperaturen um die 40 Grad und schaffen eine Jahresarbeitszahl von 4, weil das dann eine Anlage ist wie im Neubau."
Bei der Berechnung der Arbeitszahlen rechnet Oliver Nick konservativ. "Die Kunden nehmen den Stromzähler der EnBW. Wir haben einen geeichten Wärmemengenzähler eingebaut. Und wenn ich Wärmemenge geteilt durch Strom mache, komme ich auf die Arbeitszahl mit Frischwassersystem. Da ist ja auch noch eine Zirkulationspumpe drin, die eigentlich mit der Jahresarbeitszahl nichts zu tun hat, und die Frischwasserladepumpe ist auch noch dabei, die eigentlich auch nichts damit zu tun hat." Auch das Enteisen des Außengeräts sei berücksichtigt. "Wenn man eine Anlage gut baut – die Fußbodenheizung richtig auslegt, möglichst keinen Heizstab braucht und großflächige Wärmetauscher hat –, dann erreicht man auch Jahresarbeitszahlen mit Luftmaschinen, wie man sie mit Erdwärme erreicht."
Und wie fällt die Bilanz in finanzieller Hinsicht aus? Vor der Sanierung fielen für Heizöl jährlich etwa 8.000 Euro an, dazu stellte auch noch der Kaminfeger regelmäßig eine Rechnung. Für das neue Heizungssystem musste der Hausbesitzer 60.000 Euro ausgeben. Die Dämm-Maßnahmen sind noch nicht komplett abgerechnet - es wird wohl auf rund 250.000 Euro hinauslaufen, wobei darin eine Dachanhebung enthalten ist, die die verfügbare beheizte Fläche um 48 m² erweitert hat. Heizung und Warmwasser für diese größere Gesamtfläche werden nach Nicks Schätzung nun noch mit 1.750 Euro jährlich zu Buche schlagen.
Nickhält viel vom Selbermachen. Nicht nur, dass er die Regelung eigenhändig programmiert hat. "Wir bauen die Frischwasserstationen immer selber. Wir kaufen den Wärmetauscher selber ein. Das ist das teuerste Einzelprodukt, und mit dem können sie die Güte des Frischwassersystems entscheidend bestimmen." Außerdem hätten die industriell gefertigten Anlagen in der Regel keine Standardpumpen. Falls ein Austausch nötig werde, sei es aber einfacher, wenn ganz normale Umwälzpumpen von Wilo oder Vortex verbaut seien, die es bei jedem Heizungsgroßhandel gebe.
Und noch ein interessantes Detail hat Nicks Frischwasserstation: einen Warmwasseranschluss für die Waschmaschine. "Das war die Idee eines Kunden. Der hat drei Kinder. Da läuft jeden Tag die Waschmaschine." von Alexander Morhart