Heizung und Warmwasser
Quelle: Pia Grund-Ludwig

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Musterhäuser könnten für Vergleichbarkeit und Transparenz sorgen

Verbraucherzentrale klagt bei Fernwärme gegen RWE

Lukas Siebenkotten und Robert Busch kritisieren mangelnde Preistransparenz. © A. Morhart

Die Verbraucherzentrale hat eine Klage gegen RWE angekündigt und will mehr Transparenz und Wettbewerb bei Fernwärme erreichen.

"Im Prinzip wehrlos" seien Verbraucher, sind sie erst einmal an die Fernwärme angeschlossen, sagte Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverband wie bereits kurz berichtet bei einer Pressekonferenz in Berlin. Der Umstieg auf ein anderes Heizsystem sei teuer und aufwendig. "In der Praxis ist der Wechsel oftmals gar nicht möglich, wenn der Anschluss- und Benutzungszwang die Nutzung der Fernwärme vorschreibt."

Noch teurer kann es aber sein, nicht wechseln zu können: Der Wärmepreis bei Fernwärme betrage "in Einzelfällen etwa das Dreifache von den Brennstoffkosten einer Ölheizung", sagte Müller und erinnerte an die Sektoruntersuchung des Bundeskartellamts, das bereits 2012 festgestellt habe, "dass die Abstände zwischen dem günstigsten und dem teuersten Fernwärmeanbieter bei kleineren und mittleren Netzen deutlich über 100 Prozent betrugen."

Preis bei Fernwärme kommt oft nicht fair zustande

Oft komme der Preis nicht fair zustande. Es stehe zu befürchten, dass der Fernwärmepreis von manchem Anbieter zur Quersubventionierung der Stromsparte genutzt werde, so Müller. Eine weitere Art von Quersubventionierung vermutete Robert Busch, Geschäftsführer des Mitveranstalters Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne). Mit dieser könnten neue Anbieter aus dem Markt herausgehalten werden, die das vorhandene Fernwärmenetz nutzen wollten: "Da können sie natürlich von einem integrierten Unternehmen so mit prohibitiv hohen Netzentgelten (...) so in die Zange genommen werden, dass sie gegen den Preis nicht mehr ankommen."

Dabei sei es für Verbraucher kaum möglich, die Preise überhaupt einzuordnen, sprang ihm Lukas Siebenkotten, Bundesdirektor des Deutscher Mieterbunds bei. Er hielt als Beispiel einen Ausdruck der Preisanpassungsklauseln der Stadtwerke Lübeck hoch: "Neun für mich völlig unverständliche Anpassungsformeln und jede Menge Erläuterungen, die im typischen Juristenstil geschrieben sind. Wir haben es mit einem Markt zu tun, der bewusst intransparent (...) gestaltet ist."

Anbieter legen Preise nicht offen

Dabei gebe es durchaus einen Vorschlag, mit dem die Preise transparent und einfach dargestellt werden könnten: Man solle mit Musterhäusern operieren. "Wir bilden bestimmte Größenordnungen von Musterhäusern, was da durchschnittlich verbraucht wird, was der durchschnittliche Arbeits- und Grundpreis sein könnte." Das sei bisher nicht umgesetzt worden, weil die Fernwärmeunternehmen das nicht gewollt hätten - genauso wie die Forderung, alle Preise im Internet zu veröffentlichen. "Ja, warum denn nicht? Weil sie was zu verschleiern haben!", regte sich Siebenkotten auf.

Ein weiterer Kritikpunkt sind die Laufzeiten der Verträge. Klaus Müller: "Vertragslaufzeiten von zehn Jahren und Vertragsverlängerungszeiten von fünf Jahren stehen im Widerpruch zu allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen." Auf mehrmalige Nachfrage von EnBauSa.de wollte Müller sich aber nicht festlegen, welche Laufzeit angemessen sei: "Ob es jetzt sechs, sieben, acht, fünf Jahre wäre, ist nicht der Punkt. Der Punkt ist: Ohne Wettbewerb oder ohne Preisregulierung sind die fünf oder zehn Jahre zu lang."

"Fernwärmeanbieter kaufen Vermietern Belieferungsrechte ab"

Der Rechtsanwalt Werner Dorß aus Frankfurt am Main, der sich am Ende der Pressekonferenz aus dem Publikum zu Wort meldete, berichtete noch von ganz anderen Laufzeiten. "Mir liegen Vertragsentwürfe vor aus dem Jahr 2016: 22,5 Jahre." Er ergänzte einen bemerkenswerten Zusammenhang: "Wir haben häufig die Situation, dass die Fernwärmeanbieter auf die gewerblichen Vermieter zugehen, man Belieferungsrechte abkauft. Das wird dann auf den Fernwärmepreis umgelegt, und die Mieter müssen das bezahlen. Es geht bei 2.000 Wohnungen um ein Entgelt von 2 bis 3 Millionen Euro für einen Zehnjahresvertrag." Doch das Landgericht Berlin sei der Auffassung, so etwas sei nicht sittenwidrig.

Wie es zum "Monopolmarkt Ferwärme" (Müller) überhaupt kommen konnte, und warum Entwicklungen des Strom- und Gasmarktes wie Liberalisierung, Entflechtung, Regulierung und Transparenzgebote "völlig vorbeigegangen" seien, schob Mieterbund-Direktor Siebenkotten auf den Einfluss kommunaler Entscheidungsträger, die ihre Stadtwerke schützen wollten. "Die sind natürlich am wirtschaftlichen Wohlergehen ihrer Stadtwerke interessiert und daran, dass die möglichst auch noch ordentlich was in den Stadtsäckel abwerfen."

Er kritisierte auch die Rolle mancher städtischer Wohnbaugenossenschaften als "traurig", die dem Mieter über die Betriebskostenrechnung überhöhte Heizkosten auferlegten, obwohl es eine Alternative gebe. "Das muss aufgebrochen werden."

Stärkere Nutzug von Abwärme und Windstrom

Die Kernforderung ist für vzbv-Chef Müller, einen fairen Wettbewerb herzustellen. Nach Beispielen gefragt, musste er passen, aber "dass es diese Beispiele bisher nicht gibt, ist zumindest für mich kein Argument, dass es sie nicht geben könnte." Wo das nicht möglich sei, verlangte er "eine Regulierung der Fernwärmekosten und eine Endpreisgenehmigung." Das kommunale Instrument des Anschluss- und Benutzungszwanges sei "aufzugeben".

Funktioniere der Wettbewerb aber, dann böten sich neue Gelegenheiten, industrielle Abwärme zu nutzen: "Wir haben diverse Gespräche mit Chemieunternehmen geführt und deren Verbänden, die sagen: Bei entsprechenden Rahmenbedingungen, wenn das einfach und vernünftig gestaltet ist, dann hat die chemische - oder andere - Industrie jene Wärme, die sie gerne loswerden würden, die bisher in die Umgebung entlassen wird."

bne-Geschäftsführer Robert Busch sieht dann außerdem die Möglichkeit, Windstrom in großem Stil als Wärme zu nutzen. Sei der Strompreis bei null, "nehmen wir überflüssigen Windstrom aus dem Netz (...) und tun den in die Fernwärme rein". Der vzbv verlässt sich inzwischen nicht mehr auf die Politik. Müller: "Wir sind auch juristisch unterwegs. Wir haben jetzt eine erste Klage erhoben gegen RWE." von Alexander Morhart

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