Als allgemeine Ziele nennt die – nunmehr fünfte – Branchenstudie, Wärmepumpen müssten „zum Standardheizsystem“ werden; die Modernisierungsquote müsse „deutlich ansteigen", so BWP-Geschäftsführer Martin Sabel. Und eine stärkere Integration von Wärmepumpen in Wärmenetze wird gefordert. Als „mögliche Lösung“ wird eine „grundlegende CO₂-Besteuerung“ genannt, und wie schon bei früheren Gelegenheiten wurde beim Pressegespräch mehrfach ein zu hoher Preis für Wärmepumpenstrom kritisiert – genauer: „das Energiepreisgefüge: der außerordentlich hoch mit Steuern und Abgaben belastete Strompreis und gleichzeitig die niedrigen Preise für fossile Brennstoffe“, so BWP-Geschäftsführer Martin Sabel.
Sehr konkret war Sabel bei den aktuellen Marktdaten. „Im vergangenen Jahr haben wir 78.000 Heizungswärmepumpen abgesetzt.“ Das sei „in den vergangenen zwei Jahren eigentlich eine ganz positive Entwicklung von plus 17 Prozent“ – und zwar 17 Prozent jeweils pro Jahr. Erfreulich für den Verband ist nach der Studie auch das laufende Jahr: „Im ersten Halbjahr konnten die Verkaufszahlen um 8,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr zulegen.“ Bei der Art der Systeme gab es eine Verschiebung weg von der Erdwärmepumpe. „Der Trend hat sich eingependelt bei einem Drittel Erdwärmepumpen und zwei Drittel Luftwärmepumpen.“ Letztere seien effizienter und im Markt bekannter geworden; der Absatz verlagere sich zudem vom Sanierungs- ins Neubausegment, was Luftwärmepumpen begünstigt.
Als weiteren Grund für die Verschiebung nannte Martin Sabel die Standortsuche nach einem Atommüll-Endlager. Um nicht Standorte „vorzeitig zu entwerten“ – dadurch, dass man dort Erdwärmebohrungen niederbringt –, müsse eine Kommission jeden Bohr-Antrag, der über 100 Meter tief reichen soll, erst einmal freigeben. Das habe sich nach nunmehr einem Jahr „einigermaßen eingespielt“, aber die Verzögerung liege immer noch bei „drei bis vier Wochen“, und „bis wir diese Gebiete eingegrenzt haben, werden bestimmt noch fünf bis zehn Jahre ins Land gehen.“
Großer Unterschied zwischen den beiden Szenarien
Für ihre Prognose haben die Autoren zwei Szenarien erstellt. Bei Szenario 1 „bleiben die Rahmenbedingungen genau so, wie sie derzeit sind“ – abgesehen von beschlossenen Maßnahmen wie dem Auslaufen der EEG-Vergütung. Im Ergebnis steigt der Wärmepumpenabsatz um jährlich drei bis fünf Prozent, „so dass wir am Ende in 2050 bei einem jährlichen Absatz von 200.000 Wärmepumpen landen würden.“
Für Szenario 2 wurden günstigere Rahmenbedingungen vorausgesetzt: „steuerliche Abschreibungen; bessere Förderung; den Energieträger Strom zu entlasten; das Energiepreissystem auf CO₂-Emissionen umzustellen; variable Strompreise einzuführen.“ Und zwar „ein bisschen versetzt und gestaffelt.“ Außerdem nimmt man hier ab dem Jahr 2025 das Effizienzhaus 55 und ab 2035 das Effizienzhaus 40 als Neubaustandard an. Der Schub ist beträchtlich, „so dass wir am Ende dann bei einem Absatz von 500.000 Wärmepumpen pro Jahr liegen.“
Doch auch dann klafft sie, die „Wärmepumpenlücke“, und zwar nicht erst im Endjahr 2050, sondern schon 2030. Sabel: „Wir brauchen – wenn wir einigermaßen auf dem Pfad bleiben wollen, um die Klimaziele zu erreichen –, knapp vier Millionen Wärmepumpen. Das heißt, wir müssen in den nächsten zehn Jahren drei Millionen Wärmepumpen zubauen; wir müssten unseren Absatz ab dem nächsten Jahr sozusagen vervierfachen.“
„Investieren in die heimische Wirtschaft oder Strafzahlung“
Aber was passiert, „wenn wir so weitermachen wie bisher?“ Der BWP-Geschäftsführer berief sich auf ein Studie der Agora Energiewende, nach der dann CO₂-Emissionszertifikate fehlten und zugekauft werden müssten: „Wir werden die Zertifikate in anderen Ländern kaufen müssen. Insgesamt kann sich das bis 2030 auf bis zu 60 Milliarden Euro summieren.“ Diesen Punkt griff auch Clemens Dereschkewitz auf, Geschäftsführer des Herstellergruppe Ait-Deutschland und BWP-Vorstand. Er nannte die beiden Alternativen: „Zahle ich Geld als Strafzahlung, indem ich in Bulgarien CO₂-Zertifikate kaufe – oder investiere ich in eine heimische Wirtschaft?“
An der Produktionskapazität, so Dereschkewitz, soll es jedenfalls nicht mangeln: „Wir haben heute eine Industrie, die in der Lage ist, pro Jahr zwischen 300.000 und 600.000 Wärmepumpen in Deutschland zu produzieren.“ Auch beim Handwerk sei es nur eine Frage der Schulung. Von den 50.000 Sanitär- und Heizungsbetrieben arbeiteten „nur maximal 5.000“ derzeit regelmäßig mit Wärmepumpen. „Also haben wir 45.000 Heizungsbetriebe, die heute noch schwerpunktmäßig Gas und Öl machen, und die in der Zukunft Wärmepumpen machen müssten.“ Alle namhaften Hersteller hätten Akademien; „die schleusen so zwischen 3000 und 5000 Installateure pro Jahr durch.“ Zudem „verzeihen frequenzgeregelte Wärmepumpen einiges mehr“. Man brauche sie „nicht ganz so genau auslegen wie früher, als es noch „On-off“-Maschinen gab.“
Der Neubau verzeiht mehr
Letzteres bestätigte Marek Miara, der am Fraunhofer ISE seit 15 Jahren Wärmepumpen untersucht. Er differenzierte allerdings nach Alt- und Neubau. Im Altbau müsse man sich schon „ein bisschen anstrengen, keine großen Fehler zu machen.“ Es reiche aber, wenn man alles nur durchschnittlich macht, um „die Einsparungen, zu erreichen, die man erwarten kann.“ Der Neubau verzeihe mehr: „Auch wenn bei der Installation kleine Fehler macht; auch wenn man keine besonders gute Wärmepumpe kauft, erreicht man die Einsparungen.“
Dennoch zeige die allerneuste Auswertung der laufenden Feldtests bis September 2018 kaum Unterschiede bei den jeweils niedrigsten Jahresarbeitszahlen. „Jeder erwartet, dass die Ergebnisse im Altbau in jeder Beziehung schlechter sein sollten als im Neubau, und zwar deutlich schlechter.“ Es habe sich aber gezeigt, dass es nicht so sei. Neben der erwähnten Frequenzregelung und der Tatsache, dass auch im Bestand manche Gebäudehülle bereits saniert sei – nur so sei eine Jahresarbeitszahl von 4,0 bei einer Luftwärmepumpe erreichbar – gelte: „Auch wenn es an ein paar Tagen des Jahres richtig kalt wird: Im Schnitt, über ein Jahr gesehen, ist die Effizienz der Wärmepumpe doch ziemlich gut.“
Der Mittelwert bei Luft-Anlagen sei, so Miara, nach der aktuellen Auswertung eine Jahresarbeitszahl von 3,0. „Damit erreichen wir ungefähr 37 Prozent CO₂-Emissionseinsparung“, verglichen mit einem typischen Erdgaskessel. Die Grenze, ab der CO₂ eingespart werde, sei beim heutigen Strommix eine Jahresarbeitszahl von 1,9. Verschiebt sich der Mix hin zu den erneuerbaren Quellen, werde zum Beispiel „ungefähr 2020“ eine Emissionseinsparung schon ab Jahresarbeitszahl 1,4 erreicht. Von Alexander Morhart