Mit einem Heizenergiemonitor für Wohn- und Gewerbebauten geht die Berliner co2online neu an den Markt. Der Service soll Privatleuten und Wohnungsunternehmen helfen, Sanierungserfolge zu überprüfen. Seit wenigen Tagen gibt es dazu auch eine App, die die Nutzung erleichtert. Das Angebot ist derzeit für Privatleute kostenlos, Wohnungsunternehmen zahlen 4 Euro pro Monat für den Service.
Mit Hilfe der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften haben die Berliner ein Internet-gestütztes Verfahren entwickelt, das den Hausbesitzern und Verwaltern zeigen soll, ob sich der Energieverbrauch ihrer Immobilie im normalen Rahmen bewegt. Ausreißer nach oben, etwa auf Anlageseite durch den Ausfall einer Solarthermie-Anlage oder durch Änderungen des Nutzerverhaltens werden schneller sichtbar. Das Verfahren soll auch dazu dienen, nach einer Sanierungsmaßnahme zu schauen, ob diese zu der geplanten Verminderung des Energieverbrauchs führt.
Grundlage ist die Energieanalyse eines Gebäudes aus dem Verbrauch. Der Heizenergieverbrauch und dessen Schwankungen werden in Verbindung zu den Außentemperaturen dargestellt. Um diese Signatur zu ermitteln, seien zirka 20 Messdaten über einen Zeitraum von fünf Monaten innerhalb der Heizperiode notwendig, erklärt Johannes Hengstenberg von co2online. Der sich aus diesen Daten ergebende Heizwärmeverlust eines Gebäudes entspricht im Idealfall dem Heizwärmebedarf.
Aus den Daten lässt sich bei entsprechender Datenmenge über ein Jahr verteilt auch ermitteln, wie hoch die Sockelleistung der Heizanlage ist, also die Leistung, die sie auch dann erbringt, wenn kein Heizbedarf besteht. Das ist die Leistung zur Warmwasserbereitung. Kennt man die Kaltwassermenge, die verbraucht wird, liefert das zum einen Hinweise auf den Energieverbrauch für die Warmwassererstellung. Diese Daten geben auch Hinweise für die sinnvolle Auslegung einer solarthermischen Anlage, die zum realen Bedarf der Bewohner passt.
Normen nützen für diese Auslegung nur bedingt etwas, denn beim Warmwasser und der Heizung gibt es enorme Differenzen zwischen Auslegungen nach Norm und den Bedürfnissen der Nutzer. Die ließen sich mit dem Monitor besser erkennen und bei Sanierungsmaßnahmen und Rentabilitätskalkulationen einbeziehen.
Zahlen dazu hat Matthias Wagnitz auf dem VdZ-Projektforum im Mai 2014 vorgestellt. Bei Niedrigenergiehäusern waren 164 Heiztage geplant, geheizt wurde an 224 Tagen. Bei den untersuchten Passivhäusern waren 88 Heiztage kalkuliert, die Nutzer haben 240 Tage daraus gemacht. Franz Peter Schröder vom Meßdienstleister Brunata-Metrona referierte eine Auswertung von 1,5 Millionen Datensätzen aus 12 Millionen Wohnungen. Die Energiekennwerte für Warmwasser sind danach von 2007 bis 2012 um 10 Prozent gestiegen. Das Wasser werde heißer gemacht, auch um Legionellen vorzubeugen, und die sparsamen Verbraucher seien weniger geworden, so Schröder.
Der Heizenergiemonitor gleicht die Parameter, die sich aus der Verbrauchsanalyse ergeben ab und bezieht von der "Norm" abweichendes Verhalten schneller ein, sie seien eine Art "Tacho" für die Heizungsanlage, so Hengstenberg.
Bislang gibt es bereits einige Wohnungsunternehmen, die seit längerem ein kontinuierliches Monitoring nutzen, um schnell Fehler in Anlagen zu finden. Ein Anbieter ist etwa Energy Check aus Köln. Die Kölner werten für Wohnungsunternehmen Anlagenpools von Wärmepumpen oder mit Solarthermie-Anlagen aus und erhalten über den Vergleich Hinweise auf Abweichungen. Eine Reihe Kölner Unternehmen nutzen dieses Verfahren bereits.
Auch Hengstenberg beobachtet großes Interesse in der Wohnungswirtschaft für das Monitoring. Die Münchner Olympia-Dorf-Verwaltungsgesellschaft etwa werde mit Fernwärme versorgt. Die Immobilienbetreiber könnten mit dem Verfahren genau bestimmen, wie die maximale Auslegung der Heizlast sein müsse und damit viel Geld sparen, weil keine unnötige Heizwärme vorgehalten werden müsse. Man sehe sich auch nicht als Konkurrenz zu Energy Check, vielmehr seien die Daten aus dem Heizmonitor geeignet, dann zu einer genaueren Analyse etwa mit einer Überwachung durch Energy Check hinzuführen. Beides kann dazu dienen, die Wirkung von Sanierungsprojekten zu erhöhen. Mit dem Heizmonitor ist dies außerdem nicht nur Wohnungsunternehmen, sondern auch Privatleuten möglich.
Sie können auch den Erfolg von Sanierungsmaßnahmen schneller beurteilen. Hengstenberg startet dazu im August ein weiteres spannendes Projekt. In 200 Fällen untersuchen Fachleute Erfolge oder Misserfolge von Gebäudesanierung. "Bislang gibt es eine breite Spreizung", beobachtet Hengstenberg. Ziel des Projekts ist es unter anderem, die Ursachen für Erfolg oder Misserfolg von Sanierungsmaßnahmen herauszufinden und daraus Empfehlungen für Politik, Energieeffizienz-Branche und Verbraucherkommunikation abzuleiten. von Pia Grund-Ludwig