Heizung und Warmwasser
Quelle: Pia Grund-Ludwig

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Industrieverband will Energieholz für seine Klientel reservieren

Holzpresslinge kommen erneut unter Druck

Pelletanlieferung bei einem Wohnhaus in Berlin. © Alexander Morhart

Pelletheizungen haben eine tadellose CO2-Bilanz. Die Feinstaubemissionen sind niedriger als lange angenommen und rückläufig. Doch die fortschrittliche Art der Wärmegewinnung aus Holz bekommt seit kurzem Druck von unerwarteter Seite.

Die Marktdaten für 2017, am Donnerstag vom Deutschen Energieholz- und Pellet-Verband (DEPV) veröffentlicht, sind aus Sicht der Branche durchaus passabel. 32.300 neue Pelletfeuerungen (Kaminöfen und Kessel) wurden installiert. Damit hat die Nachfrage die Schätzmarke des Verbands, 33.000 Anlagen, fast erreicht.

Die goldenen Jahre 2012 und 2013 – damals waren jeweils über 40.000 Anlagen hinzugekommen – sind allerdings vorbei. Aber dass der Gesamtbestand Ende 2017 nur 436.750 Pelletfeuerungen statt wie erwartet etwa 455.000 erreicht hat, liegt nicht am nur noch "moderaten" Anstieg, wie ihn der Verband nennt, sondern im Wesentlichen daran, dass der DEPV die eigenen Angabe zum Bestand für das Jahr 2016 nachträglich nach unten korrigieren musste.

Es geht also langsam, aber stetig voran mit den Presslingen aus Sägeholzabfall; trotz niedriger Öl- und Gaspreise und trotz einer jahrelangen Diskussion um Feinstaub.

Feinstaub-Argument verblasst

Was die Feinstaubemissionen angeht, konnte die Branche im abgelaufenen Jahr Boden gut machen. DEPV-Umweltreferent Jens Dörschel verwies in der EnBauSa-Schwesterpublikation Energie Kompakt auf neue Daten, denen zufolge der Trend zu steigenden Emissionen seit 2010 gebrochen und der tatsächliche Feinstaubausstoß von Holzfeuerungen zwischen 2010 und 2015 sogar um ein Drittel gesunken sei.

Hintergrund: Das Umweltbundesamt (UBA) habe die Emissionsbilanzen bis Ende 2016 mit veralteten Emissionsfaktoren berechnet. Die Wirkung der 1. Bundesimmissionsschutzverordnung (BlmSchV), mit der die Staubgrenzwerte erheblich verschärft worden seien, habe das UBA sieben Jahre lang nicht berücksichtigt und sich erst Anfang 2017 korrigiert. Dörschel erwartet eine verstärkte Abnahme der Emissionen ab 2015: "Immer mehr alte Anlagen mit hohen Emissionen, die bis 2010 installiert wurden, werden stillgelegt und sauberere Neuanlagen, die die 2. Stufe der 1. BlmSchV einhalten müssen, gehen in Betrieb."

Als spezifischen Vorteil von Pelletfeuerungen nannte Dörschel die automatische Zuführung des – genormten – Brennstoffs. Ganz im Gegensatz zu Stückholzöfen: Die könnten auch in Zukunft Probleme bereiten, wenn sie falsch bedient, mit zu feuchtem oder belastetem Holz "oder gar mit Abfällen" befeuert würden.

Problematisch dürfte die neben den Holzfeuerungen zweite große Quelle von Feinstaub bleiben, der Autoverkehr. Ein großer Teil des Staubs stammt da nämlich nicht aus dem Auspuff, sondern ist Abrieb von Reifen und Straßenbelag, an dem auch ein Elektroantrieb nichts ändern würde. Jürgen Görres, Leiter der Abteilung Energiewirtschaft im Stuttgarter Amt für Umweltschutz, hatte außerdem schon im Oktober 2017 anlässlich der Ablehnung einer kommunalen Pelletanlage im Stadtteil Bad Cannstatt die Maßstäbe zurechtgerückt: "Man könnte aber auch mal umrechnen, wieviel Fahrzeuge weniger wegen dieser Anlage fahren dürfen, und das ist dann auch nur eine einstellige Zahl." Die Stadtverwaltung will nach Görres’ Worten "diese Stadt wirklich so umgestalten, dass im Jahr 2050 keine fossilen Energieträger mehr verwendet werden", auch mit Hilfe von Pellets.

Neuer Gegenwind aus der Industrie

Das Feinstaub-Argument gegen Pelletheizungen verblasst langsam. Doch nun ist mit einer großen Klimastudie des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) neuer Gegenwind aufgefrischt. Philipp Gerbert von The Boston Consulting Group (BCG), federführender BCG-Autor der BDI-Studie ‚Klimapfade für Deutschland’, forderte bei der Vorstellung in Berlin zum Umdenken auf: "Heute verbrennen wir Biomasse in Gebäuden, bei niedrigen Temperaturen, wo gute Alternativen zur Verfügung stehen (…). Biomasse gehört in die Industrie, wo es keine guten Alternativen gibt."

Liest man die entsprechenden Unterkapitel in der Studie, zeigt sich: Hier sind auch Pellets gemeint. Pelletheizungen seien "aus heutiger Perspektive nicht mehr so sinnvoll, wie (…) noch vor einigen Jahren eingeschätzt." Mehr noch, es heißt dort, in Gebäuden sei die dezentrale Verbrennung zur Erzeugung von Heizwärme "ineffizient". Die Begründung ist komplex und läuft darauf hinaus, dass kostbare, weil im Inland nur begrenzt verfügbare Biomasse wie Holzpellets gewissermaßen für die Industrie reserviert werden sollte.

Dort solle sie Öl und Gas ersetzen, damit der Industriesektor mit relativ geringer finanzieller Mehrbelastung zu einer starken Verringerung der Klimagase um 80 oder sogar 95 Prozent bis 2050 beitragen kann. BDI-Studienleiter Gerbert argumentiert außerdem, die Biomasse könne auch als günstige Kohlenstoffquelle für die synthetische Herstellung von Gas aus erneuerbarem Strom dienen. Für die Pelletheizung und überhaupt Holzheizungen bleibt da wenig übrig: Die BDI-Studie bezeichnet sie wörtlich als "Nischenlösung" und empfiehlt einen Wärmemarktanteil von insgesamt nur drei Prozent im Jahr 2050.

Diese Herangehensweise erinnert an die seit den 70er Jahren in der Umweltbewegung oft vertretene, auf der physikalischen Wärmelehre fußende Forderung, die begrenzte fossile Energie – und vor allem den beim Verbrennen anfallenden kostbaren Anteil universell nutzbarer "Exergie" – nicht für Heizungs-Niedertemperaturwärme zu verschwenden und sie, wenn überhaupt, nur mit Kraft-Wärme-Kopplung einzusetzen.

Beide Argumentationsstränge sind Beispiele für ein technokratisches Herangehen, das verschiedene Experten in den Tagen seit der Veröffentlichung an der BDI-Studie kritisiert haben. Unabhängig von einer solchen Wertung könnte angesichts des erheblichen Einflusses des BDI die Studie mittelfristig eine gewisse Wirkung auf politische Entscheidungen zum Wärmemarkt haben – zumal die Forderung "nicht für die Hausheizung" den Gesichtspunkt einer begrenzten Verfügbarkeit einheimischen Holzes aufgreift, den im Oktober 2017 bereits ein ganz anderer Interessenverband zum Thema gemacht hatte: der Naturschutzbund Deutschland (NABU).

Naturschutzbund behauptet Holzmangel

Unter der Schlagzeile "Holzverbrennung unterstützt weder die Energiewende noch den Klimaschutz" behauptete der Verband, bereits heute werde "fast genauso viel Holz zur Erzeugung von Energie verbrannt (gut 70 Millionen Kubikmeter), wie im deutschen Wald geerntet wird". Darauf antwortete DEPV-Geschäftsführer Martin Bentele mit einer ausführlichen Stellungnahme, in der er dem NABU grobe handwerkliche Fehler nachwies.

In seiner Rechnung moniert Bentele unter anderem, der NABU habe Altholz, Waldrestholz, Rinde und Landschaftspflegeholz beim Holzaufkommen nicht berücksichtigt. In Wahrheit hätten im Jahr 2015 mehr als 101 Millionen Kubikmeter zur Verfügung gestanden; nur rund die Hälfte werde als Energieholz verwendet, und heute würden "mangels Nachfrage schon wieder nennenswerte Mengen an Hackschnitzeln aus deutschen Sägewerken exportiert".

Wolfgang Kuhlmann von der Initiative Plattform-Wald-Klima, auf den der NABU bei Nachfragen verweist, sieht es so: "In Deutschland wird bereits etwa die Hälfte des Holzaufkommens energetisch genutzt. Während der Deutsche Pelletverband hier keinen Anlass zur Beunruhigung sieht, sehen wir das Problem, dass es auch keine großen Spielräume nach oben gibt." Der Preis für eine Tonne Holzpellets von regionalen Anbietern liege heute bei rund 240 Euro. Aus Rumänien oder der Ukraine sei eine Tonne zum Teil für 100 Euro weniger zu bekommen. "Bei einer großzügigen Förderung der Holzfeuerung ließe sich kaum vermeiden, dass Importe aus Ländern steigen, in denen weniger strenge Regeln für die Forstwirtschaft gelten als in Deutschland."

Von einer "großzügigen Förderung" kann Martin Bentele jedoch allenfalls träumen. Er beklagte in einer Pressemitteilung, dass die neue Bundesregierung "keine CO2 -Bepreisung anstrebt und stattdessen über das Jahr 2020 hinaus Steuergelder für neue fossile Heizungen ausgeben will". Dennoch rechnet er fürs laufende Jahr mit 33.900 neuen Pelletfeuerungen. von Alexander Morhart

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