Die Familien von Siegfried, Axel und Michael Erler verfolgen seit 2012 im ostthüringischen Plottendorf das Ziel, den ortsbildprägenden Vierseithof mit einem generationsübergreifenden Ansatz langfristig zu sichern und gleichzeitig durch moderne Umbrüche zukunftsfähig zu gestalten. Die Familiengesellschaft hat zur Schaffung von Wohnraum die alte brachliegende Scheune des Hofes in ein Sonnenhaus mit autarker Energie- und Wasserversorgung umgebaut. Erster Spatenstich für die Sonnenscheune war im Oktober 2016, nach drei Jahren Bauzeit wurde das innovative Projekt im September 2019 erfolgreich abgeschlossen.
Der Bauherr Dr. Axel Erler freute sich über die besondere Anerkennung des Bundespreises Umwelt und Bauen. „Die Bewertung durch eine unabhängige Jury ist eine Bestätigung dafür, dass wir mit unserem Projekt auf dem richtigen Weg sind und auch andere Bauherren dazu inspirieren können, ihre Ideen zu realisieren. Unser Dank gilt auch all unseren Projektpartnern, die uns bisher mit Rat und Tat zur Seite standen“, betont der promovierte Biologe, der nicht nur privat auf Nachhaltigkeit setzt, sondern sich auch ehrenamtlich im Thüringer Nachhaltigkeitsbeirat engagiert, in den er im Juni für sechs Jahre berufen wurde.
Der 41-jährige Bauherr betont, wie wichtig Nachhaltigkeit beim Bauen ist: „Die historischen Altenburger Bauernhöfe entstanden zu einer Zeit in der man noch mit regional verfügbaren Ressourcen gebaut und in Kreisläufen gewirtschaftet hat. Wir müssen in Zukunft an diese Prinzipien wieder anknüpfen. Der Einsatz ökologischer Baustoffe in einem solchen Kulturdenkmal lag daher auf der Hand. Die Sonne ist die natürlichste Energiequelle der Erde. Diese nahezu überall verfügbare Energie direkt oder in Form von Wasser- und Windkraft am Ort des Bedarfes einzufangen, zu speichern und zu verbrauchen ist der Schlüssel zur Tür, die uns zu einer nachhaltigen und erneuerbaren Energieversorgung führt“.
So arbeitete die Familie Erler zum Beispiel mit dem Architekten-Team Claus Krüger und Andreas Wohlfarth zusammen. Architekt Claus Krüger ist ein Passivhaus-Pionier, Energieexperte und gemeinsam mit der Hofgut Erler GbR der Ideengeber für das vorliegende Projekt. Er verfügt über eine langjährige Erfahrung im nachhaltigen und ökologischen Planen und Bauen und ist zusätzlich anerkannter Sachverständiger für energetische Fachplanungen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).
"Die Sonnenscheune in Plottendorf erzeugt mehr Energie, als sie selbst verbraucht. Das ist die Zukunft. Neubauten müssen inzwischen als Niedrigenergiegebäude errichtet werden. Für die Gebäude im Bestand gilt das nicht. Aber genau dort liegt das große Potenzial der Energieeinsparung in Deutschland. Deshalb ist es unsere Aufgabe, sich in unserem Berufsstand Gedanken zu machen und bauliche Lösungen anzubieten. Darin liegt unsere Verantwortung für den Umwelt- und Klimaschutz“, betont Architekt Claus Krüger.
Darüber hinaus wurde das Projekt von Prof. Timo Leukefeld, Vorstandsmitglied im Sonnenhaus-Institut e.V., beratend unterstützt. Prof. Leukefeld ist ein deutschlandweit anerkannter Energieexperte für energetisches Wohnen, Energieautarkie und zusätzlich Energiebotschafter der Bundesregierung. Er berät Bauherren bei der Planung und Sanierung konkreter Bauprojekte in Fragen der Zukunftsgestaltung stets mit Blick auf Energie und Ressourcen.
Zum Thema Solarthermie erklärt er: „Solarthermie setzt dort an, wo die Energiewende verschlafen wurde: im Bereich der Wärme. Ein schlafender Riese, denn etwa 50 Prozent des deutschen Energieverbrauchs ist Wärme. Besonders im Gebäudebereich kann hier durch dezentrale solare Wärmeerzeugung ein großer Beitrag zur Klimaneutralität geleistet werden.“
Das Projekt „Sonnenscheune“ hat seither viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Und nun gut ein Jahr nach der Fertigstellung erhält das Projekt eine besondere Anerkennung im Rahmen des Bundespreises UMWELT & BAUEN. Diese Anerkennung zeichnet gelungene Projekte in unterschiedlichen Kategorien aus und macht diese für alle Interessierten online zugänglich. Vergeben wird der Bundespreis UMWELT & BAUEN durch eine interdisziplinär besetzte Jury aus Fachleuten für Architektur und Planung, Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft und Forschung mit dem Schwerpunkt Umwelt und Bauen sowie weiteren unabhängigen Expertinnen und Experten.
Diese unabhängige Jury hat aus 81 Einsendungen vier Preisträger ausgewählt und sieben weiteren Projekten Anerkennungen ausgesprochen, darunter auch der Sonnenscheune in Plottendorf. In Ihrer Begründung schreibt die Jury: „Das Projekt Sonnenscheune zeigt äußerst eindrücklich, wie mit einer hohen energetischen Zielsetzung historische und denkmalgeschützte Bauwerke saniert werden können. Das sich in Familienbesitz befindliche Objekt wurde im Passivhausstandard (inkl. KfW 40 Plus) saniert. Es erfüllt dabei die Anforderungen des Denkmalschutzes durch die Verwendung nicht nur lokaler, sondern auch nachwachsender Rohstoffe. Auch traditionelle Bauweisen konnten bei der Sanierung eingesetzt werden. Das Haus-in-Haus-Konzept ermöglichte die Realisierung des Passivhausstandards. Der noch benötigte Energiebedarf erfolgt zu 100 % erneuerbar. Die benötigte Wärme wird vor Ort über Solarthermie und über einen mit Stückholz betriebenen Naturzug-Holzvergaser gedeckt. Die Photovoltaikanlage erzeugt ca. 60 % des Strombedarfs. Das ökologische Konzept forderte neben dem minimierten Energieverbrauch auch den Einsatz nachwachsender Rohstoffe und die Verwendung schadstoffarmer Baustoffe. Der Ausbau erfolgte in Form von Holz, Holzwerkstoffen, Holzfaserdämmstoffen, Lehmbauplatten und Lehmputz sowie mineralischen Anstrichen.“
Quelle: Sonnenhaus / wh