Heizung und Warmwasser
Quelle: Pia Grund-Ludwig

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Heizungsindustrie setzt für Datenaustausch auf VDI 3805

Fehlende Normen bremsen BIM in der TGA-Planung

Für den Einsatz von BIM fehlen die Normen. © Stiebel Eltron

Viele sagen, man könne Gebäude mit einer BIM-Datenverwaltung viel billiger und dennoch besser bauen und betreiben. Aber spricht man mit Heizungsfirmen, zeigen sich zwei Knackpunkte: eine langwierige Normung und ein Tauziehen um den "richtigen" Weg und das Format der Daten.

Eine feine Sache ist BIM auf jeden Fall für den Bauherrn. Er verlangt und bekommt vom Architekten nicht nur einen geometrischen Plan des zukünftigen Gebäudes, sondern am Ende eine Datei, die zusätzlich zur Geometrie (Längen, Breiten, Höhen...) auch alle wichtigen haustechnischen Informationen enthält: von Typen, Mengen und Einstellwerten der Thermostatventile bis hin zu den Filterwechsel-Intervallen der Lüftungsanlage.

Um eine solche Datei, einen solchen "virtuellen Zwilling" des Gebäudes, im Zuge einer Bauwerksdatenmodellierung (Building Information Modeling, BIM) hervorzubringen, muss der Architekt seine Geometriedaten mit dem Planer der technischen Gebäudeausrüstung (TGA) austauschen. Der TGA-Planer wiederum braucht geometrische und technische Daten beispielsweise vom Hersteller einer einzubauenden Wärmepumpe. Manchmal erledigt auch der Hersteller selbst einen Teil der Planungsarbeit im Auftrag eines Fachhandwerkers oder TGA-Planers. Das alles geht – will man den Arbeitsaufwand in vertretbaren Grenzen halten – nur mit Normung; und die zu erreichen heißt "ein dickes Brett bohren".

Daten werden oft doppelt erhoben

Beispiel Lüftungsplanung: Frank Röder und seine Mitarbeiter bei Stiebel-Eltron bieten diese als Dienstleistung an. " Der Handwerker ist in solchen Fällen oft schon froh, wenn er einen zweidimensionalen Plan des Architekten zu uns schicken kann." Manchmal könne man diese 2-D-Planung in die Planungssoftware importieren. "Aber sehr oft müssen wir das Gebäude neu erfassen. Wir erstellen die Lüftungsplanung mit den Kanälen et cetera und schicken das Ergebnis wieder zurück. Im schlechtesten Fall zeichnet unser Kunde das dann wieder in seinen Plan."

Die Häufigkeit solcher Mehrfacharbeit kann mit der Wahl eines geeigneten Dateiformats verringert werden. Bei Stiebel-Eltron hält man das "Revit"-Format des CAD-Programm-Marktführers Autodesk für "führend und in der BIM-Welt zukunftsfähig". Im Moment seien rund 60 Prozent der eigenen Produkte mit Daten in diesem Format verfügbar. Die gesamte Wärmepumpen-Baureihe fällt bereits darunter; Pufferspeicher, Trinkwasserspeicher und Ähnliches werden derzeit eingepflegt.

Je nach Produktpalette eines Unternehmens kann die Situation eine andere sein und zu einer spezifischen anderen Strategie führen. Torsten Weinert von Viessmann: "Der Wärmeerzeuger als Kern einer Heizungsanlage wird im BIM-Prozess schon in einer frühen Phase relativ detailliert geplant, unter anderem wegen des je nach Typ sehr unterschiedlichen Platzbedarfs oder Gewichts." Um in Ausschreibungen zu kommen, ist es für einen Hersteller von Heizungsanlagen also wichtig, frühzeitig BIM-taugliche Daten zur Verfügung zu stellen. Es gebe jedoch "in Deutschland oder auch weltweit keine gültigen Normen".

Heizungsindustrie will VDI 3805 durchsetzen

Weinert, der für die Viessmann-Gruppe auch in mehreren Normungskreisen sitzt, favorisiert das standardisierte, offene VDI-3805-Format mit der Dateiendung "vdi" gemäß der gleichnamigen Richtlinie des Vereins Deutscher Ingenieure. "Seit einigen Jahren liefern wir Daten in diesem Format an unsere Kunden. Es ist erprobt – weltweit gibt es kein Format, in dem Daten in solch großem Umfang vorliegen; wir versuchen auch, die Bereiche Sanitär, Elektro und Lüftung dafür zu gewinnen."

Torsten Weinert verweist außerdem auf ein Positionspapier der Branche vom Januar dieses Jahres. Darin sprechen sich unter anderem der BDH, der BWP, der VDMA und der ZVSHK für das VDI-3805-Format aus; die Liste der unterstützenden Unternehmen liest sich wie ein " Who's Who" der deutschen Heizungsindustrie. Auch sind 21 Softwarehersteller dabei, darunter Autodesk. In dem Papier wird mit Blick auf den internationalen Normungsprozess (ISO 16757) die Hoffnung und Erwartung geäußert, die VDI-3805 werde "absehbar" und "möglichst 'eins zu eins' zur Grundlage des Building Information Modeling."

Allerdings sind am Normungsprozess zwei Dutzend Gremien beteiligt, und er zieht sich seit 2011 hin. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Anpassung an eine Norm großen Aufwand beim jeweiligen Softwarehersteller verursachen würde. Frank Röder von Stiebel-Eltron: "Das Vereinfachen, das durch das Format nach VDI 3805 möglich wäre, findet auch deshalb nicht statt, weil es die Softwarehäuser viel Geld kosten würde, ihre Systeme entsprechend umzustellen."

Anders als Heizungsanlagen seien Lüftungskanäle oder Rohre weitgehend austauschbar und müssten erst in einer späteren Planungsphase detailliert berücksichtigt werden, berichtet Weinert. Tatsächlich bestätigt ein Vertriebsingenieur eines großen Lüftungsherstellers, BIM sei derzeit kein Thema, da für Erfolg in Ausschreibungen nicht nötig.

So sehr ein Thema, dass er deutschlandweit BIM-Seminare für Installateure, Planer und Architekten veranstaltet, ist die Modellierung von Bauwerksdaten hingegen für Roland Kreutzmann vom Armaturenhersteller Oventrop. Er ist nebenher Mitglied im Arbeitskreis BIM der "ARGE Neue Medien" der SHK-Industrie und weist darauf hin, dass zum Beispiel die Durchflusswerte von Thermostat- und Strangregulierventilen für die korrekte Auslegung mit einer TGA-Software berechnet werden müssten. "Für Oventrop ist es also wichtig, mit unseren Produkten in den TGA-Programmen vertreten zu sein." Aktuell würden häufig zwei "BIM-Formate" angefragt, nämlich zum einen Revit und zum anderen IFC. IFC-Dateien sind wie jene nach VDI 3805 Textdateien, aus denen Programme technische und Geometriedaten auslesen können. Auch Kreutzmann hält die VDI-3805-Richtlinie für eine "gute Grundlage".

Einheitliche Bezeichnungen und Dateiformate fehlen

Nun könnte man denken, mit passenden Dateiformaten sei es getan. Aber es geht auch um Inhalte – zum Beispiel nicht genormte Produktbezeichnungen. Torsten Weinert kann davon ein Lied singen. Einen Speicher zur Trinkwarmwasserbereitung könne man "Trinkwarmwasser-Speicher", "Speicher-Wassererwärmer" oder "Warmwasserspeicher" nennen. Als Mensch verstehe man, was jeweils gemeint sei. Für die Software aber seien das drei verschiedene Produktarten.

Ein anderes Beispiel seien die für die Planung benötigten technischen Daten: Ein Programm verwende den Begriff "Höhe", das nächste "höhe", das nächste "H", wieder ein anderes "Hö". "In der VDI 3805 sind diese Merkmale standardisiert", sagt Weinert. Einheitliche Dateiformate und Bezeichnungen sind das eine; doch auch um den Transfer der Daten von den Herstellern zu den TGA-Planern und Handwerkern gibt es ein Tauziehen: direkt, über die Planungssoftware oder über Portale? Die Betreiber von mittlerweile rund 20 Datenportalen, die sich als Zwischenhändler auch von BIM-Daten andienen, rennen den Herstellern die Türen ein.

Ein weiteres mit dem Namen "Open Datapool" betreibt seit einem Jahr der Zentralverband Sanitär, Heizung, Klima (ZVSHK). Dort sind qualitätsgeprüfte Daten zu fast 1,2 Millionen Artikeln abrufbar, die meisten allerdings nicht BIM-fähig, sondern als pdf-Kataloge. Carsten Müller-Oehring vom Zentralverband nennt auf Anfrage keine Zugriffszahlen. Stand Mitte September seien 1043 Nutzer beim Portal angemeldet. Das sind ausweislich einer Übersicht des Verbands 125 mehr als Mitte des Vormonats. Handwerker, Architekten und Fachplaner können sich kostenlos anmelden. Wie sich also die hier Angemeldeten auf eifrige Nutzer und neugierige Einmal-Umschauer verteilen, ist offen. Als Hersteller zahlt man jährlich 2000 Euro plus X, um vertreten zu sein.

Weder auf Open Datapool noch auf eines der zahlreichen Konkurrenzportale dürften derzeit mehr als wenige Prozent des Datentransfers entfallen. Torsten Weinert schätzt: "Nach unserer Erfahrung suchen zur Zeit etwa 80 bis 90 Prozent der Kunden die benötigten Daten entweder beim Hersteller oder erwarten, dass diese von der Planungssoftware mitgeliefert werden." Ähnlich hat das Roland Kreutzmann beobachtet, und Frank Röder erklärt es so: "Ein Planer sucht sich ungern in Portalen irgendwelche Daten zusammen, sondern möchte das direkt in seiner Benutzeroberfläche haben, mit der er arbeitet." Nach seiner Ansicht muss die Datenbasis in dem jeweiligen Planungsprogramm vorhanden sein. von Alexander Morhart

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