Heizung und Warmwasser
Quelle: Pia Grund-Ludwig

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Lüftungsanlage ist nicht immer die optimale Lösung

Aktive Bauteile sorgen für Restwärme im Passivhaus

Erdwärmetauscher und Lüftung mit Wärmerückgewinnung versorgen dieses Passivhaus. Bild: Paul Wärmerückgewinnung

Passivhäuser kommen mit einem geringen Heizwärmebedarf aus.Spannend ist die Frage, ob man diesen Bedarf über die Lüftungsanlage realisiert oder auf zusätzliche Heizsysteme setzt.

Auch wer in einem Passivhaus lebt, muss sich um die zusätzliche Erwärmung seiner Wohnung kümmern. Dabei bietet sich die Luft zwar als Trägermedium an. Doch es ist nicht immer sinnvoll, ausschließlich auf diese Variante zu setzen – aus ökonomischen wie aus ökologischen Gründen.

Eine Heizanlage im klassischen Sinne ist in Passivhäusern nicht erforderlich. Schließlich beträgt der Wärmebedarf im Passivhaus nur 15 kwh/m² und die Heizlast ist auf 10 W/m² begrenzt. 15 kwh/m² entsprechen einem Heizöläquivalent von 1,5 Litern pro Quadratmeter und Jahr. Passivhäuser sind also 1,5-Liter-Häuser. Dafür sorgen die besonders gute Dämmung, wärmebrückenfreies Bauen, eine luftdichte Gebäudehülle, Lüftung mit Wärmerückgewinnung sowie solare Wärmegewinne durch die entsprechende Ausrichtung des Hauses.

Eine Möglichkeit, dem Haus die benötigte Restwärme zuzuführen, ist die Verwendung der ohnehin vorhandenen Lüftungsanlage. Dafür gibt es Kompaktanlagen mit integrierter Wärmepumpe. Die Pumpe nutzt dabei die Fortluft als Wärmequelle. Zudem kann die Außenluft über einen Wärmetauscher vorgeheizt werden. Wenn in dieses Kompaktgerät auch eine Anlage zur Warmwasserbereitung integriert ist, vereint es alle wichtigen Funktionen: Lüften, Heizen und die Versorgung mit warmem Wasser.

Das allein reicht aber für die Beheizung des Hauses – selbst im Passivhausstandard – nicht aus. Daher können elektrische Heizeinsätze die Kompaktanlage unterstützen. Diese werden in die Lüftung eingebaut. Für eine zusätzliche und punktuelle Erwärmung sorgen weitere elektrische Geräte wie etwa Heizstrahler im Badezimmer oder Heizmatten unter den Fliesen. Experten wie Arno Kuschow, Geschäftsführer des Passivhausspezialisten Eco Casa und EnBauSa-Blogger, bezweifeln jedoch die Effizienz dieser Maßnahmen. Denn zum einen könnten über die Luft als Trägermedium nur höchstens 1,5 kw in die Räume transportiert werden. Außerdem werde der Betrieb der Wärmepumpe unwirtschaftlich, weil die Luft dafür auf mindestens 50 Grad erhitzt werden müsse. Ab 45 Grad käme es überdies zu Staubverschwelungen.

Zum anderen sieht er den Wärmebedarf eines Passivhauses von 15 kwh/m² lediglich als Idealvorstellung, die nur selten erreicht wird. Denn die typischen Bewohner eines Passivhauses hätten eher wenige Kinder, seien häufig außer Haus und verrichteten relativ wenig Haushaltsarbeit. Ergebnis: Die internen Wärmequellen reichen nicht aus, um auf einen Heizwärmebedarf von 15 kwh/m² zu kommen. Tatsächlich sei dieser meist höher anzusetzen. Der gestiegene Bedarf muss dann durch die elektrischen Heizgeräte aufgefangen werden. Das ist aber sowohl ökonomisch als auch ökologisch nur schwer zu vertreten. Entscheidend für einen Bauherren sei daher immer der tatsächliche Heizbedarf und nicht ein idealisierter.

Lediglich bei passendem Nutzerverhalten und einer eher kleinen Wohnfläche könne die Kombination von Lüftung und elektrischen Heizgeräten ausreichen. Wenn die Wärme hauptsächlich über die Luft ihren Weg in die Wohnräume findet, kommt aber noch ein weiteres Problem hinzu – unabhängig davon, ob eine Pumpe die nötige Wärme liefert oder auch andere Quellen wie etwa Fernwärme genutzt werden. Denn höhere Temperaturen im Haus können dann nur über einen verstärkten Luftwechsel erreicht werden. Das führt dazu, dass etwa im Winter durch den erhöhten Austausch die Luftfeuchtigkeit stark sinkt. Verstärkt wird dieser Umstand noch, wenn niemand zu Hause ist und somit keine Feuchtigkeit produziert wird.

Es empfiehlt sich daher, neben der Lüftungsanlage noch weitere Technik zur Beheizung eines Passivhauses zu nutzen. "Am besten über ein wassergeführtes System", rät Kuschow. Eine geeignete Variante für ein solches System ist eine Bauteilaktivierung. Dabei werden Bauteile wie etwa Decken und Wände als Heizfläche eingesetzt. Die massiven Bauteile lassen sich dabei wie ein Pufferspeicher verwenden.

Beispiel für eine Bauteilaktivierung ist eine Fußbodenheizung. Da der Wärmebedarf im Passivhaus besonders gering ist, muss auch die Temperatur im Heizsystem nur sehr niedrig sein – etwa ein bis zwei Grad über der gewünschten Raumtemperatur, wie der Architekt Hans Kemmerich im Passivhaus-Kompendium 2010 schreibt. Somit werden Fußbodenheizungen auch nicht mehr zu heiß, wie sonst häufig kritisiert wird.

Für die Flächenheizung sind alle Wärmequellen denkbar – wie Holz, Gas oder Öl. Wer auf eine thermische Zonierung - also auf eine zusätzliche Erwärmung bestimmter Räume - Wert legt, wird in einem Passivhaus aber nicht über die Installation von Einzelgeräten umhin kommen. Dabei können dann die schon erwähnten elektrischen Geräte dienlich sein wie zum Beispiel Heizstrahler im Bad.

Für Wärme - zum Beispiel im Wohnzimmer - können aber auch Holzheizungen wie Kamin- oder Pelletöfen sorgen. Voraussetzung: Sie müssen raumluftunabhängig und dicht sein. Laut Kuschow ist eine ausgeprägte thermische Zonierung aber ohnehin ein Überbleibsel aus der Zeit, als schlechte Bauformen vorherrschend waren: So müsse beispielsweise das Badezimmer im Altbau eine Temperatur von 24 Grad haben, um die "kalten Wände zu überspielen". Im Passivhaus ist dies nicht mehr nötig.

Insgesamt, so eine Studie des Passivhaus-Kompendiums, sei nicht die Heizenergie, sondern der Warmwasserverbrauch in Passivhäusern entscheidend für die Energierechnung der Bewohnerinnen und Bewohner. Die Werkgruppe Freiburg hat für das Magazin die Verbräuche von 14 Passivhaus-Reihenhäusern über fünf Jahre unter die Lupe genommen. Sechs beziehungsweise acht Häuser waren baugleich. Sie kamen auf Kosten zwischen 16 und 24 Euro monatlich für Heizung und Warmwasser. Eine spannende Erkenntnis war außerdem, dass warme oder kalte Winter die Bilanz nicht wesentlich bestimmen. Entscheidender war der Komfortbedarf der Nutzerinnen und Nutzer bei Solltemperatur der Wohnung und beim Warmwasserverbrauch. mst

 

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