Verbände warnen vor einseitigen Debatten

"Wohnraumgipfel klammert Energieeffizienz aus"

Neubau reicht zur Erreichung der Klimaziele nicht. © EnBauSa.de

Anlässlich des Wohngipfels von Bauminister Horst Seehofer kritisieren die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff), der Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle (BuVEG), der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) und der Verband für Wärmelieferung (VfW), dass keine angemessene Diskussion von Klimaschutz- und Energieeffizienzmaßnahmen gefunden hat.

Die einseitige Besetzung der Gipfelteilnehmer spreche dafür, dass die Energieeffizienz in der aktuellen Diskussion um die Wohnungsbaupolitik im Ministerium nur geringen Stellenwert hat. Die Verbände appellieren, dass das Gebäudeenergiegesetz (GEG), wie im Koalitionsvertrag formuliert, am Prinzip "efficiency first" ausgerichtet werden müsse.

Im Fokus des Wohngipfels standen die Wohnraumoffensive und die Sicherstellung von bezahlbarem Wohnraum stehen. Geplant ist der Neubau von 1,5 Millionen Wohnungen. Die Verbände betonen, dass bei der Schaffung von Wohnraum zukunftssicher gebaut werden muss. Barbara Metz, Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der DUH kritisiert: "Es ist zu befürchten, dass Herr Seehofer auf Kosten einer nachhaltigen Wohnungspolitik Wahlkampf betreibt - das ist zu kurz gedacht und fällt letztendlich wieder denjenigen auf die Füße, die aus Kostengründen in nicht ausreichend energetisch ertüchtigten Wohnungen leben, dafür aber perspektivisch viel Geld für Heizkosten einplanen müssen." Doch stattdessen heißt es im aktuellen Entwurf des Mietrechtsanpassungsgesetzes, dass eine geringere energetische Sanierungsquote im Namen der Sozialverträglichkeit "hinzunehmen" sei.

Klimaschutz- und Mieterschutz dürfen jedoch nicht gegeneinander ausgespielt werden. Dazu Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der Deneff: "Energieeffizienz senkt die Heizkosten, entlastet die Bürger damit dauerhaft und ist somit ein Schlüssel für bezahlbares Wohnen. Und nicht nur das: wenn die Bundesregierung beim Bauen und Sanieren die Energieeffizienz nicht endlich voranbringt, sind sämtliche Energie- und Klimaziele 2030 Makulatur. Deshalb müssen lange versprochene Maßnahmen wie die Steuerförderung für Eigenheimsanierer endlich kommen." Nur auf den Neubau zu schauen sei nicht zielführend. "Um 1,5 Millionen Wohnungen zu schaffen, und dabei gleichzeitig die Klimaschutzziele der Bundesregierung im Blick zu behalten, ist das Augenmerk auf die Sanierung des Bestands und die Nachverdichtung zu richten. Derzeit ist die Sanierung von Bestandsgebäuden die größte Baustelle", ergänzt Jan Peter Hinrichs, Geschäftsführer des BuVEG. Der Gebäudesektor ist entscheidend, um die nationalen und internationalen Klimaschutzvereinbarungen zu erfüllen.

35 Prozent des Endenergieverbrauchs und etwa 30 Prozent der Treibhausgasemissionen fallen im Gebäudebereich an. Bis 2050 muss der Gebäudesektor weitestgehend klimaneutral sein. Um diese Ziele zu erreichen, dürfen die geltenden Standards aus der Energieeinsparverordnung im Gebäudeenergiegesetz auf keinen Fall aufgeweicht werden.

In der Kritik stehen vor allem die verantwortlichen Minister Horst Seehofer, Peter Altmaier und Olaf Scholz. Die steuerliche Absetzbarkeit energetischer Sanierung ist trotz Vereinbarung im Koalitionsvertrag erneut gescheitert. Darüber hinaus wurde beschlossen, die aktuellen Effizienzanforderungen an Gebäude nicht weiter anzuheben. Auch in der EU tritt Deutschland als Bremser auf, zuletzt bei den Verhandlungen zur Energieeffizienzrichtlinie, der Erneuerbare-Energien-Richtlinie und der Governance-Verordnung.

Die Verbände befürchten daher, dass die energetischen Standards im Neubau im neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) weiter vernachlässigt und möglicherweise sogar aufgeweicht werden. Als fadenscheinigen Grund führen daran interessierte Kreise an, dass Energieeffizienzanforderungen die größten Kostentreiber im Wohnungsbau seien. Studien zeigten jedoch, dass nur ein kleiner Anteil der Gestehungskosten auf Energieeffizienzanforderungen fallen. Ausschlaggebend seien viel mehr die stark gestiegenen Grundstückspreise sowie die Planungskosten.

Dazu Martin Sabel, Geschäftsführer des BWP: "Bezahlbarkeit und Nachhaltigkeit von Wohnraum sind kein Widerspruch, sondern gehen Hand in Hand. Wir dürfen die energetischen Standards nicht aufweichen und heute die Sanierungsfälle von morgen bauen." Werden im Gebäudesektor nicht die in der EU vereinbarten CO2-Emissionen eingespart, wird der Kauf von Emissionsrechten teuer. Eine aktuelle Studie der Denkfabrik Agora Energiewende beziffert die Kosten auf 30 bis 60 Milliarden Euro bis 2030.

Die Verbände fordern, dass in der angekündigten Gebäudekommission alle beteiligten Akteure am Tisch sitzen und Klimaschutz und Energieeinsparziele im Blick behalten werden. Quelle: BWP / pgl

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