Mieter können nicht vom Umstieg profitieren

Wärmelieferverordnung bremst Contracting aus

Im Mietwohnungsbereich bleibt Contracting schwierig. © Berres

Heizen mit Contracting ist im vermieteten Bereich immer noch schwierig. Die Wärmelieferverordnung beseitigt die Probleme nicht.

Mitte 2013 hat der Gesetzgeber die Umstellung auf eine gewerbliche Wärmelieferung für vermieteten Wohnraum neu geregelt. Der § 556 c BGB und die zugehörige Wärmelieferverordnung ermöglichen es Vermietern ab dem 1. Juli 2013 erstmals Contractingverträge auch für Bestandsmietverhältnisse abzuschließen. Die Contracting-Branche und Wohnungswirtschaft hatten sich eine rechtliche Neuregelung seit längerem gewünscht. Von dem Ergebnis sind die Interessensverbände allerdings enttäuscht.

Während beim Contracting bei der Eigennutzung eines Hauses oder einer Wohnung sowie bei einer Neuvermietung die Umstellung der Wärmeversorgung unkritisch war, ist es bei Bestandsmietverhältnissen in der Vergangenheit immer wieder zu Problemen gekommen. Das lag daran, dass der Vermieter bislang immer die zur Wärmeerzeugung notwendige zentrale Heizungsanlage gestellt hat. Die Nutzung der Anlage quasi mit der Grundmiete abgegolten ist und der Mieter nur die Kosten für den für die Wärmeerzeugung notwenigen Brennstoff zu tragen hat.

Da bei einem Wärmeliefer-Contracting über die monatlichen Raten auch die Investition des Contractors in die Heizung finanziert wird, haben Mieter gegen das Verlagern dieser Investitionskosten geklagt und von Gerichten wiederholt Recht bekommen.

Mit der Mietrechtsreform Mitte vergangenen Jahres wollte der Gesetzgeber nun erstmals Rechtssicherheit schaffen. Auf den ersten Blick ist das auch gelungen, denn nach der Neuregelung in § 556 c BGB hat der Mieter die Kosten der Wärmelieferung grundsätzlich im Rahmen der Betriebskostenabrechnung zu tragen, wenn der Vermieter von der hauseigenen Zentralversorgung auf eine gewerbliche Lieferung durch einen Wärmelieferanten umstellt.

Allerdings hat der Gesetzgeber den Mieter gleichzeitig vor einer höheren Kostenbelastung geschützt. Denn nach der neuen Rechtslage muss das Wärmeliefer-Contracting sicherstellen, dass die Wärme mit verbesserter Effizienz geliefert wird und die Kosten der Wärmelieferung die Betriebskosten für die bisherige Versorgung nicht übersteigen.

Vermieter und Contracting-Anbieter sehen darin eher eine Schlechterstellung gegenüber der alten Reglung. So wurde die Beweislast der Kostenneutralität auf den Vermieter übertragen. Weigert sich der Mieter nach Umstellung auf ein Wärmeliefer-Contracting, die in der Betriebskostenabrechnung enthaltenen Heizkosten zu zahlen, mit der Behauptung, dass die Kostenneutralität nicht gegeben sei, muss der Vermieter nun das Gegenteil beweisen.

Die neue gesetzliche Regelung erziele leider nicht den Effekt, den sich die Wohnungswirtschaft gewünscht hätte, sagt Carsten Herlitz, Justiziar des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) in Berlin. "Im Gegenteil: Sie wirkt sich eher bremsend auf die Umsetzung von Wärmeliefer-Contracting-Lösungen aus, die aus Sicht des GdW durchaus einen Beitrag zu einer Verbesserung der Energieeffizienz bei der Wärmeversorgung im Mietwohnungsbau leisten könnte", so Herlitz.

Die Vorgabe der Kostenneutralität gegenüber der vorherigen Wärmeversorgung sei nur schwer umsetzbar. Das liege vor allem an dem komplizierten Berechnungsverfahren sowie an Details, wie beispielsweise, dass Kosten, die mit der Umstellung verbunden sind, bei der Berechnung nicht berücksichtigt würden. Die gesetzliche Regelung vorher sei deutlich einfacher gewesen.

Der GdW hat seine Mietverträge frühzeitig an die Vorgaben der alten Wärmelieferverordnung angepasst. Und mit Mietern mit alten Verträgen habe man die Umstellung auf ein Wärmeliefer-Contracting einvernehmlich geregelt. "Das hat gut funktioniert", sagt Herlitz. Die verringerten Betriebskosten durch die Energieeinsparung bei der Wärmelieferung habe die Mieter überzeugt.

Der Verband Haus und Grund hält sich bei der Kommentierung der neuen Regelung für die Mieter im Zusammenhang mit der Wärmelieferverordnung eher zurück. "Im Gegensatz zu den großen Vermietern mit mehreren Hundert oder Tausend Wohnungen, spielt das Wärmeliefer-Contracting für unsere Mitglieder, die in der Regel nur wenige Mietshäuser besitzen, eine geringere Rolle", sagt Gerold Happ, Geschäftsführer für Immobilien- und Umweltrecht beim Verband Haus und Grund. Laut Studien lohne sich das Wärmeliefer-Contracting erst ab 13 Wohneinheiten. "Darunter ist eine Kostenneutralität nur schwer zu erreichen", sagt Happ.

Wie der GdW übt der Verband für Wärmelieferung (VfW) vor allem Kritik an der Art und Weise, wie die Warmmietenneutralität zu berechnen ist. Der Nachweis der Warmmietenneutralität oder auch Kostenneutralität genannt, setze einen Rechenprozess in Form einer Vergleichskostenrechnung voraus, erläutert Steffen Wahl, Mitarbeiter der Projektleitung Contracting beim VfW. Die Berechnung sei sehr aufwändig und komplex.

So seien zum Beispiel oft die Kosten für die Energiebereitstellung der Alt- und Neuanlage verschieden und nicht ohne weiteres vergleichbar. Zudem könne der Jahresnutzungsgrad der Altanlage nur selten genau ermittelt werden. Wärmemengenzähler, welche die tatsächlich benötigte Wärmeenergie des Gebäudes ermitteln, seien oft nicht installiert. Dann müsse man bei dem Vergleich für die Altanlage auf anerkannte Pauschalwerte zurückgreifen.

"Die 'pauschalen Anlagenaufwandszahlen' des bisherigen Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) ordnen den alten Anlagen jedoch eine in der Realität nicht vorhandene Effizienz zu", kritisiert Wahl. So werde beispielsweise ein Niedertemperaturkessel aus dem Jahre 1995 mit einen Jahresnutzungsgrad von 87 Prozent bewertet. Dieser Wert sei aber bei allen Fachleuten umstritten.

Der Einsatz von erneuerbaren Energien wie Pellets, Wärmepumpen, Solaranlagen zur erheblichen Reduzierung von CO2 Emissionen, sei damit grundsätzlich nicht umsetzbar und infolge höherer Wärmekosten im Anfangsjahr, ausgeschlossen, beschreibt der VfW-Experte die Konsequenz.

Ein weiteres Problem ist nach Ansicht des Verbandes, dass bei der neuen Regelung nicht berücksichtigt wird, dass im Laufe der Betriebszeit die Wärmekosten für den Mieter wegen des geringeren Brennstoffbedarfes in der Gesamtbetrachtung geringer werden. "Der VfW hat zusammen mit anderen Verbänden das Bundesjustizministerium auf die Fehler des damaligen Verordnungsentwurfs hingewiesen und Änderungen gefordert, die jedoch keine Berücksichtigung fanden", so Wahl.

Als erste Reaktion auf die Neuregelung hat der Verband einen Kostenvergleichsrechner entwickelt, mit dem Eigentümer von Häusern mit Mietwohnungen vor einer Umstellung auf eine Wärmelieferung in einer Überschlagsrechnung ermitteln können, ob eine Warmmietenneutralität erreichbar wäre. Dieser kann kostenlos über das Internet genutzt werden. Auch die Deutsche Energie-Agentur (Dena) hat eine solche Berechnungshilfe entwickelt.

Beide Berechnungstools kamen allerdings zu Anfang bei der Berechnung des Jahresnutzungsgrad zu leicht voneinander abweichenden Ergebnissen. Im Oktober 2013 haben VfW und Dena sich dann auf eine Vereinheitlichung der den Tools zu Grunde liegenden Berechnungsalgorithmen geeinigt und die Software entsprechend angepasst, so dass beide Programme inzwischen identische Ergebnisse liefern.

Trotz der Schwierigkeiten mit der Neuregelung in § 556 c BGB zeigt sich der Verband für Wärmelieferung zuversichtlich, dass das Contracting für die Wohnungswirtschaft in den nächsten Jahren zunehmend interessant werde. Um juristischen Problemen aus dem Weg zu gehen, empfiehlt der VfW-Mann Eigentümern, einen Wärmemengenzähler im Gebäude zu installieren, um die benötigte Wärmemenge und den Jahresnutzungsgrad eindeutig bestimmen zu können. Auf Basis des juristisch absolut zweifelsfreien Jahresnutzungsgrads könne dann, wie vom Gesetzgeber verlangt, ohne die jetzigen Probleme kostenneutral auf Contracting mit geringerem CO2-Ausstoß umgestellt werden.

Der Rechtsexperte beim GdW Herlitz ist deutlich skeptischer was die Akzeptanz des Wärmeliefer-Contractings unter der jetzigen Regelung angeht. Ein halbes Jahr nach der Neuregelung sei zu beobachten, dass es zumindest keinen Contracting-Boom auf dem Markt gebe. "Ich sehe zurzeit auch keinen Grund, warum sich das ändern sollte", so Herlitz.

Der Düsseldorfer Rechtsanwalt Andreas Klemm, der als Jurist sowohl Contracting-Anbieter als auch deren Kunden berät, sieht die Diskussion der betroffenen Verbände eher mit Verwunderung. Von der Sache her sei die neue Regelung durchaus sinnvoll. So sorge sie dafür, dass der Wechsel zum Wärmeliefer-Contracting nicht nur die Kosten verlagere, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll sei. Dass technisch und energetisch sinnvolle Lösung dadurch verhindert würden, sei nicht zu erwarten. "Wenn die tatsächlich teuerer werden, gibt es auch Möglichkeiten diese gesetzeskonform zu finanzieren", ist Klemm zuversichtlich. So könne sich der Vermieter mit einem Baukostenzuschuss beteiligen und so die monatliche Rate für den Mieter senken oder der Contractor biete verschiedene Grundpreise. Hans Schürmann / pgl

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