Umweltverbände und Mieterbund fordern mehr Engagement

Verbände für faire Kostenumlage bei Gebäudesanierung

Umweltverbände und Mieterbund fordern warmmietenneutrale Sanierungen. © C. Hoffmann/ EnBauSa.de

Umweltverbände und Mieterbund haben die Bundesregierung aufgefordert, die Anstrengungen bei der Gebäudesanierung zu erhöhen.

Vor dem Hintergrund der Auseinandersetzungen zwischen Bundesbauministerium und Bundesumweltministerium um die Strategien zur Erreichung der Klimaschutzziele im Gebäudebereich, riefen die Umweltverbände Deutscher Naturschutzring (DNR), der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Naturschutzbund Deutschland (NABU) sowie der Deutsche Mieterbund (DMB) die Bundesregierung erneut auf, energetische Gebäudesanierungen voranzutreiben.

"Wohnkosten müssen bei einer Sanierung aber bezahlbar bleiben", betonte Helmut Röscheisen, Generalsekretär des DNR. In den nächsten Tagen soll eine Entscheidung zur Novellierung der Energieeinsparverordnung 2012 fallen, die Entscheidung um steuerliche Anreize steht noch aus, und die Diskussion um Mietrechtsänderungen ist im Gange.

Ungeklärt sei die Frage, so die Umweltverbände, wie die notwendigen Investitionen angereizt und die Kosten gerecht verteilt werden sollen. Vielen Mietern drohten, so Ulrich Ropertz, Pressesprecher des DMB, wegen steigender Mieten und Heizkosten "unbezahlbare Wohnkosten". Die Bundesregierung kläre nicht eindeutig, wer die Kosten tragen soll, es fehle eine gerechte Kostenverteilung.

Dass ein enormer energetischer Sanierungsbedarf besteht, darüber ist man sich einig. Seit 1995 seien die Mietkosten im Schnitt um 24 Prozent gestiegen, die Heizkosten jedoch um 173 Prozent, so Röscheisen. Die Wohnungswirtschaft habe sich zudem gewandelt, vor allem der zunehmende Einfluss von Finanzinvestoren in der Wohnungswirtschaft, etwa in Form von Hedge-Fonds, verhindere die Fortschritte bei der energetischen Gebäudesanierung.

"Die zunehmend von Finanzinvestoren und deren kurzfristigen Gewinnmaximierungszielen beherrschte Wohnungswirtschaft blockiert wirksame Maßnahmen zur energetischen Gebäudesanierung", so Röscheisen. "Sie führt angeblich zu hohe Kosten der Energieeinsparinvestitionen an, indem andere Sanierungskosten wie der Einbau von Fahrstühlen, Balkonen oder die Erweiterung der Wohnflächen mit eingerechnet werden."

 

Bis zum Jahr 2030 sei etwa die Hälfte des Gebäudebestandes zu sanieren. Nach Angaben der Deutschen Energie-Agentur sind jedoch 65 Prozent der Fassaden ungedämmt und 60 Prozent der Fenster energetisch in einem schlechtem Zustand. Außerdem entsprächen 80 Prozent der Gas- und Ölheizungen nicht mehr dem Stand der Technik. Die dringliche Fragestellung der Umweltverbände lautet daher, wie eine Gebäudesanierung für alle Beteiligten bezahlbar wird, und welche gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden müssten.

Aus NABU-Sicht sind die derzeitigen Instrumente völlig unzureichend. Daran ändere auch der bisherige EnEV-Entwurf nichts. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, müsse man die legitimen Interessen der Eigentümer mit den Zielen der Gesellschaft in Einklang bringen. "Dazu gehören langfristige Klarheit über staatliche Vorgaben und Förderangebote", so NABU-Energieexperte Ulf Sieberg. Ziel müsse es sein, eine vorgeschriebene "Sanierungstiefe" zu erreichen. Voraussetzung dafür sei, dass Hauseigentümer mit einem Sanierungsfahrplan Auskunft über den energetischen Zustand ihres Gebäudes, das zu erreichende Zielniveau, sowie verschiedene Strategien erhielten, wie dieses in einem wirtschaftlich vernünftigen Rahmen machbar wäre.

Der Sanierungsfahrplan müsse mit einem dauerhaften wirtschaftlichen Anreiz verbunden sein sowie mit einem entsprechend flankierenden Fördermodell, das nach energetischen und sozialen Standards differenziert, so Sieberg. Dafür seien statt der bisher 1,5 Milliarden Euro Fördermittel, die in den Jahren 2012 bis 2014 bereitgestellt werden sollen, mindestens fünf Milliarden Euro notwendig, um den Sanierungsstillstand zu überwinden und genügend Anreize für Vermieter zu schaffen.

Die privatwirtschaftlichen Investitionen seien zu gering, der Förderrahmen müsse neu justiert werden, so der NABU. Für jedes Gebäude sollte in den nächsten Jahren eine qualifizierte Energieuntersuchung erfolgen, schlägt Werner Neumann, energiepolitischer Sprecher des BUND, vor. Diese Pläne könnten mit kommunalen Stadtsanierungs- und Wärmeplänen abgestimmt werden. Es gehe ja nicht nur darum Heizkosten zu senken und die Klimaschutzziele zu erreichen, sondern auch den Gebäudebestand in Deutschland dauerhaft und wirtschaftlich zu erhalten.

Mit der diskutierten Abschaffung des Mietminderungsgesetzes setze die Politik die falschen Signale, mahnte indes Ropertz. Bei umfassenden Sanierungsmaßnahmen sollten demnach Mieter kein Recht mehr auf Mietminderung haben, so dass Vermieter nicht von einer Sanierungsmaßnahme abgehalten werden, da sie zu hohe Verluste an Mieteinnahmen befürchten müssen. Das wäre für die Entscheidung zu einer energetischen Sanierung nicht relevant, so Ropertz. Er hält diese Mietausfälle für die Vermieter tragbar.

Zudem wären die bisherigen 11 Prozent Umlage, die der Vermieter nach einer energetischen Sanierung anteilig auf die Mietkosten umlegen kann, nicht gerecht, vielmehr müsse die Umlage nach dem Sanierungserfolg beziehungsweise der tatsächlichen Energieeinsparung berechnet werden - die Mieterhöhung wird also direkt an die Einsparung von Energie gebunden. Die 11-Prozentregelung sei veraltet, meinte auch Neumann, das Miet- und Energiesparrecht müsse gemeinsam novelliert werden.

Ähnlich wie bei Haushaltsgeräten sollten Häuser in Energieeffizienzklassen eingestuft werden, so Sieberg. Werde ein bestimmter Standard unterschritten, folgt die Aufforderung zu einer energetischen Sanierung in einem bestimmten Zeitraum. Wer nicht saniert, leistet an den Staat eine Art Klimaschutz-Obulus, der dann wiederum in die Fördertöpfe für energetische Sanierung fließt, so die Vorstellung des NABU.

Fraglich ist, ob ein solcher Obulus nicht Wohnungseigentümer trifft, die sich gerade keine Sanierung leisten können oder gar keinen Kredit erhalten. So könnte der Zwang zur Sanierung statt diese anzukurbeln auch einen abschreckenden Charakter haben; Kauf und Unterhalt eines Hauses könnten so zu einem Risiko werden, vor allem dann wenn nicht absehbar ist, in welchem Zeitraum sich die energetischen Standards verschärfen.

Auch die Einteilung in Energieeffizienzklassen ist bei einem Gebäude doch um ein Vielfaches komplexer als bei einem Haushaltsgerät; es stellt sich auch die Frage, wer diese Einteilung inhaltlich bestimmen als auch finanziell übernehmen und in der Praxis durchführen soll.

Die energetische Modernisierung sollte warmmietneutral erfolgen, so das gemeinsam formulierte Ziel der Verbände. Eine Lösung wäre das sogenannte Drittelmodell, bei dem Hauseigentümer ein Drittel der Kosten tragen, als Instandhaltungsanteil und Sicherung der Bausubstanz, ein Drittel der Kosten wird warmmietneutral und damit sozialverträglich von den Mietern übernommen und ein Drittel tragen staatliche Förderprogramme für den Klimaschutz wie KfW, BAFA oder auch steuerliche Abschreibung, die sich durch Steuereinnahmen refinanzieren. "Nur eine abgestimmte Reform von Mietrecht und Energieeinsparrecht kann den Knoten lösen zugunsten von Eigentümern, Mietern und Klimaschutz", schloss Neumann die Runde. Nicole Allé

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