Dena empfiehlt EnEV-Verschärfung im Neubau von 30 Prozent

Studie: Sanieren von Einfamilienhäusern lohnt sich

Dena-Chef Stephan Kohler stellt Studie zur Gebäudesanierung vor. © N. Allé

Die Dena kommt in einer Studie zu dem Ergebnis, dass sich in vielen Fällen die Sanierung von Einfamilienhäusern rechnet.

Die Deutsche Energie-Agentur (Dena) hat einen Fahrplan hin zu mehr Energieeffizienz im Gebäudebereich vorgestellt, der von der Förderung über Verordnungen bis zur Qualitätssicherung reicht. In der neuen Studie "Wirtschaftlichkeit energetischer Modernisierung in selbstgenutzten Wohngebäuden" wurden die Erfahrungen aus Modellvorhaben hinsichtlich der baulichen und technischen Maßnahmen, Kosten, der Wirtschaftlichkeit und der Energieeinsparung untersucht und bewertet. Eines der Ergebnisse: "Die Dena-Studie zeigt, dass sich der Energiestandard Effizienzhaus 70, der einem Energieverbrauch von etwa fünf Litern Heizöl pro Quadratmeter und Jahr entspricht, für den Eigentümer rentiert", erläuterte Dena-Chef Stephan Kohler.

Es gelte Markthemmnisse abzubauen und die derzeitigen günstigen Konditionen zu nutzen, denn in den nächsten 20 Jahren stehe bei fast der Hälfte aller Wohnhäuser in Deutschland eine Sanierung an, so Kohler weiter. Bei einem Bestand von 40,2 Millionen Wohnungen entspräche das rund einer Million zu sanierender Wohnungen im Jahr.

In Deutschland herrsche derweil Sanierungsstau: 65 Prozent der Fassaden sind ungedämmt, 30 Prozent der Dächer und 60 Prozent der Fenster energetisch sehr schlecht. Rund 80 Prozent der Gas- und Ölheizungen sind noch nicht auf dem aktuellen Stand der Technik. Nur 13 Prozent heizen mit Holz oder Wärmepumpen, lediglich 9 Prozent verfügen über Solarkollektoren.

Dabei steigen die Energiepreise rapide an. Finanzmittel, die sinnvoller in energetische Maßnahmen fließen könnten, werden für die Deckung des unnötig hohen Energiebedarfs ausgegeben, so Kohler. Kaltmieten sind laut Dena seit 1995 um 24 Prozent gestiegen, die Energiekosten stiegen im gleichen Zeitraum um 173 Prozent.

Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat zwar am vergangenen Donnerstag die Mittel für die CO2-Gebäudesanierungsprogramme für 2012 in voller Höhe freigegeben. Damit stehen bis 2014 jährlich 1,5 Milliarden Euro für die KfW-Programme bereit. Doch das sei, so Kohler, viel zu wenig, um genügend Anreize zu schaffen und die ambitionierten Ziele zu erreichen. Denn bis 2050 sollte der Heizenergiebedarf über energetische Sanierung um 80 Prozent zurückgehen. Seit 2006 haben die Förderprogramme die energieeffiziente Sanierung bzw. Errichtung von fast 2,7 Millionen Wohnungen unterstützt und private Investitionen von rund 94 Milliarden Euro angestoßen.

Um die Energiewende weiter voranzubringen soll laut Bundesregierung die Sanierungsquote in Deutschland verdoppelt werden. Derzeit sei im Gebäudebereich aber genau das Gegenteil zu befürchten, warnt die Dena. Viele Eigentümer schrecken vor den höheren Anfangsinvestitionen einer energetischen Sanierung zurück: Es fehlt an Eigenkapital, bei älteren Menschen gibt es häufig keine Aussicht mehr auf einen Baukredit.

Hinzu kommt eine zunehmende Verunsicherung, die teilweise durch Darstellungen einzelner Negativbeispiele in den Medien noch verstärkt werde, beklagte Kohler - dass etwa der Nutzen von Fassadendämmung zweifelhaft sei und mit großen ästhetischen Einbußen der Bauwerke einhergehe, nach einer Wärmedämmung Schimmel an den Wänden drohe, der Brandschutz mangelhaft sei oder Spechte unaufhörlich an die gedämmte Fassade trommelten.

Solche Vorurteile will die Dena-Studie mit 440 Sanierungsbeispielen und Untersuchungen zu Kosten, Einsparungen, Technik und Qualität energetischer Sanierungen ausräumen. Forschungsergebnisse von Bausachverständigen widerlegen, dass Schimmel in wärmegedämmten Gebäuden häufiger auftritt. Auch der Specht an der Wärmedämmfassade ist ein Randphänomen. Und Baustoffe müssen in Deutschland bauaufsichtlich zugelassen sein, der Brandschutz muss realitätsnah nachgewiesen werden - und die Nachweise werden immer strenger.

Vom modernen Holzbau bis zum Fachwerkhaus aus dem 19. Jahrhundert lässt sich, so demonstriert es die Studie mit Beispielprojekten, jedes Haus energetisch und zugleich architektonisch anspruchsvoll sanieren - das hängt natürlich wiederum von den Investitionskosten ab. Auch der Denkmalschutz ist mittlerweile um Lösungen bemüht.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Eigentümer von sanierungsbedürftigen Einfamilienhäusern die Mehrkosten für energetische Maßnahmen über die Energieeinsparung refinanzieren können. Die zur Einsparung einer Kilowattstunde Wärmeenergie notwendige Investition liege unter den Kosten, die Hausbesitzer für Wärme aus Heizöl oder Gas zahlen müssten. "Wer sein Haus saniert und dabei nicht gleichzeitig die Energieeffizienz verbessert, verpasst eine günstige Gelegenheit", betont Kohler.

"Eigentümer müssen sowieso Geld in die Hand nehmen. Sie stehen also vor der Wahl: Entweder einmal richtig und energiesparend sanieren, oder über Jahre hinweg hohe, voraussichtlich sogar steigende Heizrechnungen bezahlen." Es solle also nicht "auf Teufel komm raus" energetisch saniert werden, sondern dann, wenn es wirtschaftlich Sinn mache, so Kohler. Wie hoch die Kosten für eine energieeffiziente Sanierung im Einzelfall ausfallen, ist abhängig davon, wie energieeffizient das Haus nach der Sanierung sein soll.

Die Studie zeige, dass sich eine Sanierung auf den Energiestandard Effizienzhaus 70 für den Eigentümer rentiere, erläutert Kohler: "Rechnet man die energetischen Sanierungskosten auf die eingesparte Heizenergie um, kostet jede eingesparte Kilowattstunde 7,1 Cent. Demgegenüber steht schon heute ein durchschnittlicher Energiepreis von 8 Cent pro Kilowattstunde." In der Studie wurden allerdings vor allem Komplettsanierungen berücksichtigt, mit allen umfassenden Maßnahmen von der Dämmung über Fenster, solarunterstützte Heizung bis hin zu Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung.

Um Bauherren mehr Planungssicherheit zu geben und das Vertrauen in die energieeffiziente Sanierung zu stärken, fordert die Dena eine verlässliche Ausgestaltung und Erhöhung der Fördermittel auf jährlich fünf Milliarden Euro. Die Bundesregierung sollte die Förderprogramme so ausgestalten, dass sie zur individuellen finanziellen Situation der Eigentümer passen, also "ein Mix aus Zuschüssen, Förderkrediten und einer steuerlichen Förderung" - und das auf lange Sicht, so Kohler.

Zudem solle von Seiten des Gesetzgebers für Klarheit über anstehende Anpassungen der Neubau- und Sanierungsvorschriften in der Energieeinsparverordnung (EnEV) gesorgt werden. Um es allen am Bauen Beteiligten einfacher zu machen, müssten daher auch die allgemeinen Begrifflichkeiten von Seiten der KfW verständlicher werden, regt Kohler an, so dass etwa jedem sanierungswilligen Bauherren ohne großes Rätselraten klar sein sollte, dass ein Effizienzhaus 100 einem 7-Liter-Haus entspricht, das Effizienzhaus 55 etwa einem 4-Liter-Haus.

Da laut Dena bereits heute rund 50 Prozent aller Bauherren energetisch besser bauen als es die EnEV 2009 vorschreibe, empfiehlt die Studie, die EnEV im Neubaubereich um 30 Prozent zu verschärfen. Nach Auffassung der Dena sollte die nächste Anpassung bereits heute angekündigt werden und 2016 verbindlich werden, um Bauherren heute schon zu Mehrinvestitionen zu motivieren und technische Innovationen zu forcieren.

von Nicole Allé

Eine Verwendung dieses Textes ist kostenpflichtig. Eine Lizenzierung ist möglich.
Bitte nehmen Sie bei Fragen Kontakt auf.