Im Mehrfamilienbereich wird immer noch wenig gebaut und saniert

Stimmung pro Sanierung hält weiter an

Gebaut werden derzeit in Deutschland vor allem Ein- und Zweifamilienhäuser. © Berres/ EnBauSa.de

Ein energetisch optimiertes Einfamilienhaus wird mittlerweile oft für über 300.000 Euro verkauft. Der Abstand zu Gebrauchtimmobilien wird höher.

Der Wunsch nach Immobilienbesitz hält auch im ersten Halbjahr 2012 an. Zu dieser Einschätzung kommen übereinstimmend die Landesbausparkassen, Bauinfoconsult und der Immobilienverband IVD.

LBS und Sparkassen registrieren im ersten Halbjahr 2012 den stärksten Anstieg bei neuen Eigentumswohnungen und höhere Preise vor allem im Neubau. Bei Bestandsobjekten seien die Preise nicht höher als vor zehn Jahren: "Der Löwenanteil des Kaufinteresses entfällt aber immer noch auf gebrauchte Eigenheime und Eigentumswohnungen, die bei uns heute nicht teurer sind als vor zehn Jahren", sagt LBS-Verbandsdirektor Hartwig Hamm.

Nach LBS-Angaben ist der Preisabstand zu Neubauten aber mittlerweile beträchtlich. Während neue Einfamilienhäuser bei der energetischen Qualität immer höhere Standards aufweisen und deshalb im Schnitt bereits für über 300.000 Euro verkauft wurden, kostete ein gebrauchtes Eigenheim mit durchschnittlich 158.000 Euro nur rund die Hälfte. "Das ist zwar etwas mehr als im Vorjahr, aber immer noch exakt der Durchschnittspreis des Jahres 2002", so der LBS-Sprecher.

Dazu kommen bei gebrauchten Immobilien freilich noch die Kosten für eine eventuell anstehende Anpassung an die eigenen Wohnbedürfnisse und heutige energetische Standards.

Bei Eigentumswohnungen richte sich die Nachfrage im Neubaubereich vor allem auf gute innerstädtische Objekte, die inzwischen durchschnittlich 220.000 Euro kosten. Mit 105.000 Euro koste gebrauchtes Wohnungseigentum "auf der Etage" im Schnitt weniger als die Hälfte. Auch hier sei inzwischen erst wieder das Preisniveau von vor zehn Jahren erreicht. Von einer Immobilienblase sei man weit entfernt, betont Hamm.

Der IVD verweist in jetzt vorgelegten Zahlen auf die weiterhin ansteigenden Genehmigungen im Wohnungsbau mit einem Plus von 4,9 Prozent im ersten Halbjahr 2012. Insgesamt wurden deutschlandweit 114.000 Wohnungen genehmigt.

Das entspricht auch den Erkenntnissen von BauInfoConsult. Die Marktbeobachter haben 540 Architekten, Bauunternehmer und SHK-Installateure zur Neubauentwicklung befragt. Bei den Neubaugenehmigungszahlen im ersten Halbjahr habe sich das Wachstumstempo gegenüber 2011 zwar deutlich verlangsamt, aber dennoch leicht gesteigert. Auch beim baugewerblichen Umsatz im Bauhauptgewerbe sei das Ergebnis etwas besser als im ersten Halbjahr 2011.

"So erfreulich der Anstieg der Genehmigungen für sich genommen ist, so wenig dürfen wir uns mit dem Plus von 4,9 Prozent zufriedengeben", kommentiert IVD-Vizepräsident Jürgen Michael Schick die Zahlen. Dafür gebe es eine Reihe von Gründen: "So fiel der Zuwachs im Vergleichszeitraum 2011 mehr als dreimal so hoch aus. Der häufig konstatierte Boom des deutschen Wohnungsbaus könnte also bereits seinem Zenit entgegengehen und sich möglicherweise bald wieder abschwächen", befürchtet Schick.

Außerdem dominiere das Segment der Ein- und Zweifamilienhäuser. Zwischen Januar und Juni wurden 44.053 Einheiten in Einfamilienhäusern genehmigt und 8.860 Wohnungen in Zweifamilienhäusern. Diesen insgesamt 52.913 Wohnungen stehen lediglich 43.050 genehmigte Einheiten in Mehrfamilienhäusern gegenüber.

"Gerade der Geschosswohnungsbau aber ist für die angespannten Mietmärkte in den Ballungsgebieten von enormer Bedeutung", führt Schick aus. In diesem Segment gebe es eine eklatante Differenz zwischen Angebot und Nachfrage. "Die jetzt vom Statistischen Bundesamt publizierten Neubauzahlen lassen befürchten, dass wir im Jahresverlauf kaum mit einer Beruhigung der Mietmärkte in Deutschlands Metropolen rechnen können.", sagt Schick.

Der Neubau im Segment der Mehrfamilienhäuser liegt nach Auffassung des IVD deutlich unter dem, was der Markt eigentlich aufnehmen könnte. Ein- und Zweifamilienhäuser werden zudem an den Rändern der Ballungsgebiete und in ländlichen Gegenden genehmigt, dabei seien es die zentralen Lagen der Großstädte, in denen dringend Wohnungen benötigt würden.

Erfreulich sei allerdings, dass die Genehmigungen von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern auf dem Vormarsch seien. Gegenüber dem Vergleichszeiträum beträgt der Anstieg der Genehmigungszahlen in diesem Segment immerhin 14 Prozent. Auch Bauinfoconsult erwartet aufgrund der Einschätzungen der Befragten, dass 2012 der Genehmigungsanstieg im Mehrfamilienhausbau weiter stark anhält und sich auch 2013 fortsetzt, wenn auch etwas vermindert.

Die Experten haben in Befragungen auch die Aussichten für die kommenden Jahre mit erhoben. Danach ist für 2012 und 2013 mit einem Anstieg der Bauinvestitionen zwischen 2 und 3 Prozent zu rechnen. Bei den Bauweisen dominiert der Massivbau weiterhin, doch nicht mehr so uneingeschränkt wie früher.

In der Sanierung und Modernisierung bleibt die Entwicklung trotz schlechter Rahmenbedingungen nach wie vor positiv, nicht zuletzt aufgrund der wachsenden Bedeutung der Umweltaspekte. Obwohl es an negativen Anzeichen nicht fehlt, bleibe der deutsche Baumarkt also stabil, so die Umfrage.

Der aktuelle Ifo-Geschäftsklimaindex zeigt aber auch, dass sich die Aussichten etwas einzutrüben beginnen. Für das Bauhauptgewerbe hat das Geschäftsklima in der jüngsten Befragung, die im August veröffentlicht wurde, leicht nachgegeben: Die befragten Bauunternehmer berichten zwar von einer leicht verbesserten Geschäfts­lage. Ihre Aussichten für das kommende halbe Geschäftsjahr haben sich jedoch weiter eingetrübt.

Von unserer Redakteurin Pia Grund-Ludwig

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