Vor einem Jahr hatten sich CDU, CSU und SPD auf eine forcierte Förderung geeinigt, um die Energiewende im Gebäudesektor zu beschleunigen. Der Koalitionsvertrag sieht hierfür die Einführung steuerlicher Anreize vor, wie sie seit Jahren diskutiert werden. Antragstellern sollte künftig ein Wahlrecht zwischen einer Zuschussförderung und einer Reduzierung des zu versteuernden Einkommens eingeräumt werden.
Steuerliche Anreize sind im Haushaltsplan, den Finanzminister Olaf Scholz nun vorgelegt hat, nicht eingeplant. "Mit dem Haushaltsplanentwurf für die Jahre 2020 und 2021 gibt die Bundesregierung augenscheinlich die Energiewende im Gebäudesektor auf", warnt Uwe Glock, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie (BDH). Seiner Meinung nach seien Steueranreize ein wichtiges Instrument, um die Wärmewende zu beschleunigen und das vorhandene private Kapital in Richtung Klima- und Ressourcenschutz zu mobilisieren. "Mit dem Verzicht auf dieses wichtige politische Vorhaben würde sich die Politik endgültig von Wärmewende verabschieden", sagt Glock.
Auch der Verband für Wärmelieferung (VfW) fordert die Wiederaufnahme von finanziellen Mitteln für den "Sanierungsfahrplan Bundesliegenschaften" in den Bundeshaushalt 2020, wie im Koalitionsvertrag vereinbart. "Der Bund wird seiner Vorbildfunktion bei der Energiewende wieder einmal nicht gerecht. Einsparpotentiale werden ignoriert und die Energiewende kaum beachtet", kritisiert Tobias Dworschak, Geschäftsführer des VfW. Die Steuerförderung der energetischen Gebäudesanierung, ein zentrales klimapolitisches Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, wird nicht beachtet. Nachdem 2019 gar kein Geld für den Sanierungsfahrplan zur Verfügung stand, werden 2020 lediglich Gelder für weitere Grundlagenermittlung bereitgestellt.
Geradezu widersinnig mutet nach Aussagen des BDH und VFW an, dass der Finanzminister 300 Millionen Euro jährlich für zu befürchtende Strafzahlungen im Rahmen des EU-Effort-Sharing in den Haushalt einstellt. Verfehlt die Bundesrepublik ihre verbindlichen Klimaschutzziele muss sie Strafzahlungen an die EU entrichten. „Statt Strafzahlungen einzuplanen, sollte der Finanzminister das Geld für CO2-mindernde Maßnahmen im Gebäudebereich einsetzen“, so der BDH-Präsident. „Würde dieses Geld heute als Anreiz für Effizienzinvestitionen eingesetzt, könnten die drohenden Strafzahlungen gemindert oder sogar verhindert werden.“
Deutschland wird die Klimaschutzziele für 2020 aller Voraussicht nach verfehlen. Die Ziele für 2030 sind nur durch Kraftanstrengungen erreichbar. Der Gebäudebereich ist eine wesentliche Stellschraube, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Dieser Sektor steht für etwa 35 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs in Deutschland und für etwa ein Drittel der CO2-Emissionen. Doch die Modernisierung des veralteten Heizungsbestands kommt seit vielen Jahren nur schleppend voran. Ohne die schon oft angekündigten Steueranreize wird der Modernisierungsstau in deutschen Heizungskellern zementiert.
Aus einer kleinen Anfrage der FDP-Fraktion aus August 2018 geht außerdem hervor, dass aktuell keine Sanierung von Bundesliegenschaften abgeschlossen ist. Es befinden sich lediglich 294 in der Planung oder Umsetzung. Bei knapp 4500 Liegenschaften im Besitz des Bundes sei das jedoch nicht mehr als ein Tropen auf den heißen Stein, so der VfW. Der "Energetische Sanierungsfahrplan Bundesliegenschaften", auf den die Bundesregierung laut eigener Aussage wartet, um die Sanierungen durchzuführen, ist immer noch nicht fertiggestellt. Quelle: BDH / VfW / al