Ergebnis der Verhandlungen von Union und SPD liegt in 28-seitigem Papier vor

Sondierer beschließen Steuerförderung

Politisch sind in Berlin die Würfel gefallen. © Ehlerding

In den Sondierungen für eine mögliche Große Koalition haben CDU, CSU und SPD mehrere Beschlüsse zu den Themen Bauen, Wohnen und Klimaschutz getroffen. So sollen die energetischen Anforderungen beim Wohnungsbau vorerst nicht weiter verschärft werden. Die Modernisierungsumlage von derzeit elf Prozent soll abgesenkt werden.

Die Sondierer haben sich darauf geeinigt, dass die Modernierungsumlage nicht zu unverhältnismäßigen Mieterhöhungen führen soll. Im Ergebnispapier heißt es: "Wir werden die Modernisierungsumlage mit Blick auf die gesunkenen Zinsen absenken und an den Zinsverlauf anpassen." Allerdings stand schon im Koalitionsvertrag der letzten Bundesregierung eine Absenkung der Modernisierungsumlage: "Künftig sollen nur noch höchstens 10 Prozent – längstens bis zur Amortisation der Modernisierungskosten – einer Modernisierung auf die Miete umgelegt werden dürfen", heißt es dort. Umgesetzt wurde es nicht.

Zwei Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau

Immer wieder gescheitert war in den vergangenen Jahren auch eine steuerliche Förderung von energetischen Sanierungen. Nun soll sie wirklich kommen. Im Ergebnispapier steht sie zusammen mit einer Sonderabschreibung (Absetzung für Abnutzungen - AfA) für die Bildung von Wohneigentum und der Eigentumsförderung von Familien. Für alle drei Maßnahmen zusammen sollen in den kommenden vier Jahren zwei Milliarden Euro zur Verfügung stehen. Weitere zwei Milliarden sollen in den sozialen Wohnungsbau fließen.

Die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff) begrüßt die geplante Steuerförderung für Eigenheimsanierer. Die vorgesehenen Mittel seien jedoch unzureichend. Kritisch sieht die Deneff auch das geplante Stillstellen der Energieeinsparverordnung (EnEV). Im Ergebnispapier heißt es: "Im Bereich der energetischen Gebäudesanierung werden die Anforderungen der EnEV 2016 weiterhin maßgeblich sein, damit weiterer Kostenauftrieb für die Mietpreise vermieden wird." Bisher war die EnEV im Abstand von mehreren Jahren regelmäßig verschärft worden.

Komplett aussetzen kann die neue Bundesregierung die Energieeffizienzvorschriften für Gebäude aber schon aus euroaprechtlichen Gründen nicht. In der Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie von 2010 muss Deutschland entscheiden, welchen Standard Null-Energie-Gebäude haben sollen. Bei den Anforderungen haben die nationalen Regierungen einen gewissen Spielraum. Dazu hatten sich Parteien und Verbände vor der Wahl positioniert. Ambitionierte Vorstellungen liegen bei einem Standard, der einem KfW-Haus 40 entspricht. Das Gebäude dürfte also nur 40-Prozent der Energie eines nach EnEV errichteten Hauses verbrauchen. Gemäßigte Forderungen sehen den KfW-55-Standard als angemessen. Ab 2021 sollen alle neuen Gebäude diesem Standard entsprechen. Schon ab 2019 sollen neue Gebäude, die von Behörden als Eigentümer genutzt werden, den Standard erfüllen.

Klimaziel soll so bald wie möglich erfüllt werden

Im Gegensatz zu Zwischenergebnissen der Verhandler wurde das Klimaziel von 40 Prozent Emissionsminderung gegenüber 2020 nicht ausdrücklich gekippt. Im Ergebnispapier steht: "Wir bekennen uns zu den Klimazielen 2020, 2030 und 2050. Die Handlungslücke zur Erreichung des Klimaziels 2020 wollen wir so schnell wie möglich schließen. Das Minderungsziel 2030 wollen wir auf jeden Fall erreichen." Eine Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung" soll bis Ende des Jahres ein Aktionsprogramm mit Maßnahmen erarbeiten, um die Lücke so weit wie möglich zu reduzieren.

Diese Kommission wird sich vor allem mit dem Energiesektor beschäftigen. Parallel dazu soll es aber auch ein ähnliches Vorgehen im Bau- und Verkehrssektor geben, heißt es im Papier. Auf der Grundlage der Kommissionsergebnisse will die Koalition ein Gesetz verabschieden, dass die Einhaltung der Klimaschutzziele 2030 gewährleistet. Bis dahin sollen die Emissionen um 55 Prozent sinken. Das Gesetz soll schon 2019 rechtsverbindlich verabschiedet werden.

Im Bereich Energie wollen die Parteien die Sektorenkoppelung – also die Elektrifizierung von Wärme und Verkehr – in Verbindung mit Speichertechnologien voranbringen. Die Kraft-Wärme-Kopplung soll weiterentwickelt und umfassend modernisiert werden.

Energieeffizienz wird nicht erwähnt

Insgesamt sieht die Deneff darin keine ausreichenden Maßnahmen zum Erreichen der Klima- und Energiewendeziele. Der Verband hofft, dass in den Koalitionsverhandlungen konkretere Vereinbarungen getroffen werden. Er verweist auf den Konsens zur zentralen Rolle der Energieeffizienz für das Gelingen der Energiewende. Die SPD habe in ihrem Wahlprogramm sogar in Aussicht gestellt, "Deutschland zur energieeffizientesten Volkswirtschaft der Welt" machen zu wollen. Das Wort Energieeffizienz tauche in dem 28-seitigen Papier aber nicht auf.

Auch Julia Verlinden, Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen und Energieexpertin, kritisiert die Ergebnisse: "Der Umbau der Wärmeversorgung ist weiterhin ein blinder Fleck. Dabei liegt hier ein wesentlicher Schlüssel für den Klimaschutz. Doch von einer sauberen und klimaschonenden Wärmeversorgung auf Basis Erneuerbarer Energien ist weit und breit nichts zu lesen. Mit der Neuauflage der großen Koalition ist Stillstand in der Energie- und Klimapolitik vorprogrammiert. Es drohen weitere verlorene Jahre für den Klimaschutz. Das kann und darf sich Deutschland einfach nicht leisten", sagt sie.

Aus Sicht des Eigentümerverbandes Haus & Grund Deutschland bietet das Sondierungspapier nur wenige Ideen für eine moderne Wohnungspolitik. "Wenn wir beispielsweise unseren guten Mietwohnungsbestand zukunftsfähig umbauen wollen, dürfen Modernisierungen nicht zum Minusgeschäft für die Eigentümer werden", warnte Haus & Grund-Präsident Kai Warnecke mit Blick auf eine mögliche Absenkung der Modernisierungsumlage. Klimapolitisch könne viel erreicht werden, wenn der Verkauf von am Gebäude erzeugten erneuerbaren Stroms an die Mieter vereinfacht würde. Entsprechende Vorschläge habe der Verband bereits vorgestellt.

Damit es zu einer Neuauflage der Großen Koalition kommt, muss ein SPD-Sonderparteitag am 21. Januar das Sondierungsergebnis annehmen und der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zustimmen. von Susanne Ehlerding

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