Das Bundesamt für Energie (BFE) in der Schweiz hat zum ersten Mal eine breit angelegte Erfolgskontrolle zum Bauen mit Minergie und gesetzlichen Baustandards durchgeführt. Der Minergie-P-Standard entspricht in etwa dem Passivhausstandard, klassische Minergie-Häuser sind Niedrigenergiehäuser.
Die nun vorliegende Studie ermittelte den tatsächlichen Energieverbrauch von rund 200 unterschiedlichen Gebäuden. Die Planungswerte stimmen nur teilweise mit den Energieverbrauchswerten in der Praxis überein. Der Verbrauch ist in der Regel höher als geplant und hängt stark vom Verbraucherverhalten ab. Besonders auffällig war die Diskrepanz bei neuen oder umgebauten Mehrfamilienhäusern. Die Zufriedenheit der Bewohner war groß.
Ziel der BFE-Studie war es zu prüfen, inwiefern die Planungswerte mit den tatsächlichen, gemessenen Energieverbrauchswerten übereinstimmen. Untersucht wurde der jährliche Energieverbrauch im Verhältnis zur Energiebezugsfläche von 214 Objekten, die nach Minergie, Minergie A und Minergie P oder gesetzlichen Baustandards gebaut oder saniert wurden. Die Planungswerte wurden bei Einfamilienhäusern und Umbauten, je nach Gebäudekategorie und Standard, im Betrieb unterschiedlich gut eingehalten. Mehrheitlich nicht eingehalten wurden sie bei neuen und umgebauten Mehrfamilienhäusern.
Als mögliche Gründe für die zahlreichen Überschreitungen der Planungswerte werden von den Studienautoren Funktions- und Einstellungsprobleme sowie ein tiefer Wirkungsgrad der Heizung genannt. In einzelnen Gebäuden wurde hingegen weniger Energie verbraucht als die Planungswerte vorsahen. Die großen Abweichungen der Planungswerte vom tatsächlichen Energieverbrauch sind somit auch stark auf das Verhalten der Gebäudenutzer zurückzuführen.
Die Studie untersuchte zudem qualitative Aspekte von Minergie: Die Zufriedenheit der Bauherrschaften, die nach Minergie bauen, ist groß, wie eine Online-Umfrage bei Architekten und Bauherrschaften zeigt. Knapp vier von fünf Bauherrschaften würden auch heute wieder nach dem gleichen Minergie-Standard bauen.
Gespräche mit 50 Experten haben allerdings gezeigt, dass Minergie-Gebäudestandards an Vorsprung eingebüßt haben, weil auch beim konventionellen Bauen technologische Fortschritte erzielt wurden – nicht zuletzt dank Minergie. Nutzende von Minergie-Liegenschaften zeigten sich in einer weiteren Online-Umfrage als zufrieden, was Schallschutz, Schutz vor Zugluft und Schutz vor Kochgerüchen betrifft, aber empfanden die Luft in ihren Räumen im Winter häufig als zu trocken.
Aufgrund der Resultate will EnergieSchweiz gemeinsam mit dem Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein (SIA), den Gebäudetechnikverbänden und weiteren Marktakteuren den Bereich Betriebsoptimierung weiterentwickeln und unterstützen.
Entwickelt wurde der Standard von einem Verbund aus Unternehmen und Verwaltung auf Kantons- und Bundesebene. Zurzeit werden unter Einbezug der Branche wesentliche Neuerungen bei Minergie entwickelt. Die neuen Produkte werden am 1. Januar 2017 eingeführt. Auf der Swissbau wurde zudem ein neues System zur Qualitätssicherung vorgestellt. pgl