Gute Voraussetzungen für erfolgreiche energetische Gebäudesnierung haben Staaten mit nicht gewinnorientierten Wohnungsunternehmen wie Dänemark, Schweden und die Niederlande. Sie sind Vorreiter der energetischen Sanierung, heißt es im Fazit einer Untersuchung zum Mietrecht in 14 eurpäischen Ländern, die das BBSR jetzt vorgelegt hat. Handlungsbedarf gebe es dagegen in Ländern mit schwachen Regeln für Effizienzsteigerungen im Bestand wie England, Estland, Italien und bedingt auch Schottland.
Erstaunlich ist: Eine allgemeine und umfassende energetische Sanierungspflicht besteht in keinem der untersuchten Länder. Ausnahmen sind einzelne Nachrüstpflichten, etwa in Deutschland die Pflicht zum Kesselaustausch oder zur Dämmung der obersten Geschossdecke. Mehrere Länder schreiben vor, dass der Eigentümer gewisse energetische Standards einhalten muss, wenn er bestimmte Sanierungsmaßnahmen ausführt. Welche das genau sind, fasst die Studie in Tabellen übersichtlich zusammen. Einen gelungenen Überblick bietet sie auch in den mehrseitigen Länderprofilen, die einen Großteil der 146-seitigen Reports ausmachen.
Deutschland ist Mieterland
Besonders wichtig für die erzielbaren Energieeinsparungen ist die Gestaltung des Mietrechts natürlich in Ländern wie Deutschland mit einem hohen Anteil von Mietwohnungen. Mit 55 Prozent liegt die Bundesrepublik hier an der Spitze, nur übertroffen von der Schweiz, wo 63 Prozent aller Wohnungen zur Miete stehen. Im Nachbarland Polen sind es dagegen nur 15 Prozent.
Im einem weiteren Kapitel lassen die Autoren den Einfluss der EU auf das Mietrecht und die Bestimmungen zur energetischen Sanierung Revue passieren. Spannend wird das an dem Punkt, wo sie auf Hemmnisse bei der energetischen Sanierung eingehen. Dass diese an die EU berichtet werden müssen, gehört zum Gesetzesinventar, das Gegenstand der Studie ist.
Deutschland berichtete über das Hemmnis, dass Vermieter bis 2013 nicht einseitig auf die Wärmeversorgung durch einen Contractor umstellen durften, obwohl das ja in der Regel zu Energieeinsparungen führt. Die Umlagefähigkeit der Kosten für das Wärmecontracting auf den Mieter ist nun durch § 556 c des BGB unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt.
Eigentümergemeinschaften tun sich oft schwer mit der Sanierung
In Österreich stellte es sich als Hemmnis heraus, dass die Höhe der Instandhaltungsrücklage in Wohneigentümergemeinschaften nicht gesetzlich geregelt ist und Entscheidungen darüber nur einstimmig möglich sind. Dies hatte in der Vergangenheit offenbar dazu geführt, dass nicht genug Rücklagen für energetische Sanierungen zur Verfügung standen. Eine Gesetzesänderung ist für 2017 avisiert.
Interessant ist, wie Frankreich die Modernisierungsumlage regelt. Als Hemmnis galt, dass es dazu bis 2009 keine Bestimmungen gab. Seitdem dürfen Vermieter 15 Jahren lang die Hälfte der Kosten umlegen, die der Mieter durch die energetische Sanierung spart, heißt es in der BBSR-Studie. Das führe nur zu sehr geringen Mieterhöhungen. Zum Vergleich: In Deutschland dürfen zeitlich unbegrenzt elf Prozent der Kosten der energetischen Sanierung umgelegt werden. Wie viel der Mieter tatsächlich einspart, spielt keine Rolle. Oft ist es weit weniger als die Mieterhöhung durch die Modernisierungsumlage bringt, was die Kritik an der Regelung befeuert. Abgesehen von dieser Gerechtigkeitsfrage sollen Vermieter durch das Mietrecht aber einen Anreiz bekommen, in die energetische Sanierung zu investieren. Das Mietrecht müsse bei energetischen Sanierungsmaßnahmen eine angemessene Nutzenverteilung zwischen Mieter und Vermieter erlauben, fordert Artikel 19 der EU-Energieeffizienzrichtlinie. Welche Regeln dafür günstig sind, betrachtet ein weiteres Kapitel der Studie.
Dabei wissen die Autoren, dass der rechtliche Rahmen dann irrelevant ist, wenn es am Markt unmöglich ist, höhere Mieten durchzusetzen. Das gilt in Deutschland beispielsweise in Gebieten mit einem Überangebot von Wohnungen.
Schweden lässt keine individuellen Mietverträge zu
Ob eine Sanierungsmaßnahme für einen ökonomisch rational handelnden Vermieter interessant ist, hängt auch davon ab, ob er die Miete in einem laufenden Mietverhältnis erhöhen darf. Hier bietet die Studie überraschende Einblicke ins europäische Mietrecht: Zum Beispiel in das italienische, wonach innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Vertragsperioden von vier plus vier Jahren jede Vereinbarung nichtig ist, die eine höhere Miete erlaubt. Oder in das schwedische, das die Höhe der Miete in einer kollektiven Vereinbarung zwischen einem Mieterverband und dem Vermieter festgelegt. Sie kann dann nicht mehr individuell vereinbart werden.
Länder mit unbefristeten Verträgen lassen es meist nicht zu, einem Mieter zu kündigen, um danach eine höhere Miete zu erzielen. Oft sei es jedoch erlaubt, mit dem Ziel einer energetischen Kernsanierung zu kündigen, haben die Autoren recherchiert. Befristete Mietverhältnisse bieten zwar theoretisch die Chance, beim Mieterwechsel energetische Maßnahmen zu ergreifen.
Gerade in Ländern mit kürzer befristeten Verträgen wie England und Finnland werde jedoch eher wenig energetisch saniert, schreiben die Autoren. Ein Erklärungsversuch: Gerade bei älteren Objekten würden die Vermieter den Aufwand scheuen, weil sie keinen Return on Investment erwarten. Eindeutige Antworten gebe hier aber nicht, bedauern die Autoren.
Wenn das Wohnen zur Miete Rahmenbedingungen unterliegt, die energetische Investitionen kaum refinanzierbar machen, werden finanzielle Anreize wichtig. Welche es in den untersuchten Ländern gibt, ist ebenfalls tabellarisch dargestellt. Die Abfrage von Fördermittel durch private Vermieter hängt offenbar stark vom allgemeinen Wohlstandsniveau ab: "Stehen den Eigentümern schon für die Erhaltung von Wohnungsbeständen zu wenig Mittel zur Verfügung, werden auch energetische Sanierungen trotz der Verfügbarkeit von Fördermitteln kaum durchgeführt", schreiben die Autoren der Studie.
Insgesamt ist ihre Arbeit überwiegend beschreibend. Die belegten rechtlichen Regelungen werden nur vereinzelt mit Zahlen zu tatsächlichen Energieeinsparungen in den betreffenden Ländern in Beziehung gesetzt. Dies hätte den Erkenntnisgewinn bedeutend erhöht. von Susanne Ehlerding