Welt: 2012 keine Mittel mehr für das Gebäudesanierungsprogramm

Sanierung mit der Abrissbirne ist oft billiger

Nicht immer lohnt sich die Sanierung. Bei jedem 10. Haus sind Abriss und Neubau billiger. Bild: PHI

Mehr als jedes zehnte Wohnhaus in Deutschland ist nicht mehr wirtschaftlich zu sanieren. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie "Wohnungsbau in Deutschland 2011 - Modernisierung oder Bestandsersatz".

Mehr als jedes zehnte Wohnhaus in Deutschland ist nicht mehr wirtschaftlich zu sanieren, ein Abriss und der anschließende Neubau sind günstiger als ein Umbau und eine Vollmodernisierung. Zu diesem Ergebnis kommt die bundesweite Studie "Wohnungsbau in Deutschland 2011 - Modernisierung oder Bestandsersatz", die die Kampagne "Impulse für den Wohnungsbau" in Berlin vorgestellt hat. In dem Bündnis sind Verbände der Bau- und Immobilienbranche sowie die IG Bau und der Deutsche Mieterbund zusammengeschlossen. Gegenstand der Untersuchung waren 36,2 Millionen Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern sowie in kleineren Mehrfamilienhäusern, die nach den Kriterien tatsächlicher Energieverbrauch, Nutzbarkeit und Zukunftsfähigkeit der Grundrisse sowie Barrierefreiheit bewertet wurden. Durchgeführt wurde die Studie von der Kieler Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen.

Insgesamt seien aber die Wohnungsbestände wesentlich besser als ihr Ruf, betonte Walter Rasch, Präsident des Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), denn in den vergangenen Jahren seien in den meisten Beständen wichtige Teilsanierungen vorgenommen worden. Weiterführende Energieeffizienzmaßnahmen seien mit einem höheren Aufwand verbunden, der sich nicht allein aus der Energiekosteneinsparung refinanzieren lasse.

Neben der energetischen Gebäudesanierung steht der demographische Wandel im Fokus der Kampagne. Bis zum Jahr 2025 brauche Deutschland knapp zwei Millionen altersgerechte Wohnungen, so Lukas Siebenkotten, Direktor des Deutschen Mieterbundes (DMB). Hier müsse dringend investiert werden. Das rechne sich auch wirtschaftlich, denn eine altersgerechte Modernisierung sei kostengünstiger als ein Heimplatz, argumentierte Siebenkotten. Insgesamt gesehen müsse aber kostengünstiger Wohnraum für alle Gesellschafts- und Altersgruppen in guter Qualität auch weiterhin zur Verfügung stehen, zugeschnitten auf einen immer rascheren Wandel der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Dabei sei es falsch, die KfW-Förderprogramme ausschließlich auf das energetische oder altersgerechte Sanieren auszurichten.

 

"Wer abreißt und neu baut, hat die Chance, eine verbesserte Wärmedämmung, besseren Schallschutz sowie eine ideale Raumaufteilung zu bekommen", befand Hans Georg Leuck, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM). Auch der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes (ZDB), Hans-Hartwig Loewenstein, fordert deshalb eine Öffnung für die Förderung des Bestandsersatzbaus. Nach seiner Rechnung liegt die Sanierung eines Mietshauses aus den 50er-Jahren im Schnitt zwischen 990 und 1.475 Euro pro Quadratmeter, für den Abriss und anschließenden Neubau fielen dagegen lediglich Kosten von 1.000 bis 1.465 Euro je Quadratmeter Wohnfläche an. "Unter diesen Vorzeichen macht das Sanieren wenig Sinn", so Loewenstein.

Die Finanzierung könne nur über neue steuerliche Anreize erfolgen, so Leuck, durch Wiederaufstockung der KfW-Förderprogramme für die Altbausanierung sowie Abschreibungsmaßnahmen für den Ersatz-Neubau. Konkret schlägt Leuck eine Verdoppelung der linearen Abschreibung für Abnutzung (AfA) von bisher zwei auf vier Prozent, was zu einer angemessenen Abbildung der Werteverzehrs einer Immobilie führen würde. Zudem die Einführung einer erhöhten AfA in Höhe von acht Prozent in den ersten acht Jahren bei energetischen und altersgerechten Baumaßnahmen im Neubau und Bestand, oder der Gewährung einer gleichwertigen Investitionszulage.

Welt meldet: Fördergelder für 2012 komplett gestrichen

Dazu kommt die Forderung nach einer Erhöhung der für die KfW-Programme "Energieeffizientes Bauen und Sanierung" zur Verfügung stehenden Mittel auf mindestens zwei Milliarden Euro pro Jahr ab 2012 und eine längerfristige Verstetigung dieser Mittel als sichere Planungsgrundlage. Diese Forderungen scheinen bei der Bundesregierung jedoch ungehört zu verhallen. Laut Tageszeitung "Die Welt" hat die Bundesregierung beschlossen, für das Jahr 2012 keinerlei Mittel mehr für das CO2-Gebäudesanierungsprogramm bereitzustellen. 2009 hatte die Bundesregierung noch 2,2 Milliarden Euro an Fördergeldern bewilligt. Im vergangenen Jahr wurde der Betrag auf 1,35 Milliarden Euro gesenkt, in diesem Jahr stehen dafür nur noch 900 Millionen Euro zur Verfügung.

Unterdessen hieß es bei der Vorstellung der Impulsstudie in Berlin, ebenso wichtig wie die Erhöhung der Förderprogramme zur energetischen Sanierung sei die Aufstockung der Mittel für die Beschaffung von altersgerechtem Wohnraum. Dabei belegten die Berechnungen verschiedener Institute, dass die Kosten erhöhter Abschreibungssätze durch zusätzliche Steuereinnahmen aus der zunehmenden Bautätigkeit kompensiert werden könnten.

Werden die gegenwärtigen Rahmenbedingungen fortgeschrieben oder gar verschlechtert, wie es sich ja tatsächlich abzeichnet, wird nach der vorliegenden Studie bereits in wenigen Jahren in weiten Teilen Deutschlands mit einem enormen Wohnraumbedarf zu rechnen sein, waren sich die Vertreter der Kampagne "Impulse für den Wohnungsbau" einig. Zudem könnten die Klimaschutzziele dann keinesfalls erreicht werden. Nicole Allé

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