Kein besonders gutes Zeugnis stellte der scheidende GdW-Präsident Lutz Freitag der Bundesregierung auf dem Verbandstag des GdW im November 2010 in Berlin aus.
Gewohnt pointiert erklärte Freitag: "Es gibt Baustellen, die nur ausgehoben und eingezäunt, aber noch nicht begonnen worden sind. Und einige Bauvorhaben widersprechen der politischen Architektur und Statik." Zu den Großbaustellen dürften in dieser Definition die Kürzungen der CO2-Gebäudesanierung gehören. Ein Investitionsausfall von 13,5 Milliarden Euro sei deren Folge, hat der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) ausgerechnet.
Die Kürzung der Mittel des CO2-Gebäudesanierungsprogramms mache die Klimaschutzziele der Bundesregierung unrealisierbar, sagte Freitag. Das CO2-Gebäudesanierungsprogramm sei für Wohnungsunternehmen ein wichtiger Anreiz, Investitionen in die energetische Sanierung ihrer Bestände zu tätigen, denn es würden damit die unrentierlichen Investitionskostenanteile bei der Umsetzung höherer energetischer Standards finanziert.
"Die Kürzungen wirken sich bei gesamtwirtschaftlicher und -fiskalischer Betrachtung negativ auf den Haushalt aus, weil einem relativ geringen Ausgabenrückgang ein dadurch verursachter viel größerer Einnahmeausfall gegenüber steht", rechnete Freitag. Darüber hinaus wies der GdW-Präsident darauf hin, dass die geplante Aufstockung der Mittel um 500 Millionen Euro durch den "Energie- und Klimafonds" noch keineswegs gesichert sei.
"Die geplanten Mittelkürzungen des Bundes im Bereich der Städtebauförderung gefährden den sozialen Zusammenhalt sowie die Entwicklung und den Umbau der Städte und Wohnquartiere", erklärte Freitag. Sie würden einen Rückgang öffentlicher Mittel für Investitionen und soziale Maßnahmen um das Dreifache bedeuten, weil die Städtebauförderung durch Länder und Kommunen in der Regel komplementär mitfinanziert wird. Auch in diesem Fall sei die hohe volkswirtschaftliche Multiplikatorwirkung unumstritten.
Nach einer Kurzstudie des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) gehen knapp 60 Prozent der Wohnungsunternehmen in Berlin und Brandenburg davon aus, dass die Kürzungen gravierende Folgen für ihre Arbeit hätten. Besonders betroffen wären die Bereiche energetische Modernisierung (57 Prozent) und Soziale Stadt (26 Prozent). Darüber hinaus könnten allein im Verbandsbereich des BBU in Folge der Kürzungen Investitionsvorhaben mit einem Volumen von rund 100 Millionen Euro akut gefährdet sein.
Der Entwurf eines Mietrechtsänderungsgesetzes, den die Koalition vorgelegt hat, reicht dem GdW nicht aus. Völlig unzureichend sei, dass das Mietminderungsrecht bei Beeinträchtigungen durch energetische Sanierungsmaßnahmen nur dann ausgeschlossen werden solle, wenn der Eigentümer zu energetischen Maßnahmen gesetzlich verpflichtet ist.
Auch die geplante Neuregelung der Duldungspflicht des Mieters ist aus Sicht des GdW unzulänglich. Sie steht weiter unter dem Vorbehalt einer Härteklausel. Auch der politische Umgang mit dem Energiecontracting sei weiterhin eine offene Baustelle, so der scheidende GdW-Chef. Es habe keine mietrechtlichen Erleichterungen gegeben. Stattdessen sei die bisherige Ökosteuerermäßigung für das Contracting gestrichen worden, obwohl das Energiekonzept der Bundesregierung Contracting mit ambitionierten Energieeinsparvorgaben ab 2013 steuerlich begünstigen wolle. "Damit gehen im politischen Hin und Her notwendige weitere Anreize für eine energieeffizientere Wärmeversorgung im Contracting-Modell verloren", sagte Freitag.
Für Freitag war es der letzte Verbandstag. Zu seinem Nachfolger wurde der frühere Hamburger Wirtschaftssenator Axel Gedaschko gewählt. Er tritt am 1. Februar 2011 sein Amt an.
Von unserer Redakteurin Pia Grund-Ludwig