Klimapakt

Klimapakt der Bundesregierung: Ganzheitlich betrachtet oder zu kurz gedacht?

Verbandsvorsitzender Jürgen Leppig warnt vor einem Schnellschuss. Foto: GIH

Viele Eckpunkte im Klimapakt der Bundesregierung sind sinnvoll und wichtig. Der Energieberaterverband GIH warnt jedoch vor einem Schnellschuss.

Mit den geplanten Maßnahmen könnten die ambitionierten Klimaschutzziele im Gebäudebereich erreicht werden, sagt Verbandsvorsitzende Jürgen Leppig. „Die Solar-Pflicht für Neubauten, der auf 30 Prozent erhöhte Fördersatz für Dämmmaßnahmen, zusätzliche Boni für Erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit, die Stärkung des individuellen Sanierungsfahrplans sowie die Förderung der Aus- und Weiterbildung von Effizienzexperten sind allesamt Maßnahmen, die wir unterstützen und teilweise sogar schon seit Langem gefordert haben“, freut sich Leppig.

Sorge bereite dem GIH jedoch, dass der Klimapakt wohl noch vor der Sommerpause vom Kabinett beschlossen werden soll – ohne die konkrete Konsultation einschlägiger Expert*innen aus Wissenschaft und Praxis. „Die Erfahrung zeigt, dass Gesetze und Regelungen, die nicht mit Praktiker*innen diskutiert wurden, in der Regel bei ihrer Anwendung auf Probleme stoßen.“ Beispielsweise müsse bei der geplanten Extra-Förderung von – in vielen Fällen für die Energiewende sehr wichtigen – Wärmepumpen ein bestimmter Wirkungsgrad vorgeschrieben sein.

Sollte darüber hinaus die Förderung der Sanierung auf die Effizienzhausstandards 85 und 100 tatsächlich abgeschafft werden, erwartet der selbst als Energieberater aktive Experte kontraproduktive Effekte: „In einigen Bestandsgebäuden ist eine Sanierung zum Effizienzhaus 70 nur mit immensem Aufwand und extrem hohen Kosten möglich – das rechnet sich für die Hausbesitzer schlichtweg nicht. Weshalb zu erwarten ist, dass wegen dieser Streichung viele Sanierungswillige von ihren ambitionierten Plänen Abstand nehmen werden. „Werde gleichzeitig die Förderung für Dämmungen erhöht – eine eigentlich sinnvolle Maßnahme –, sei anzunehmen, dass Hausbesitzer nicht mehr ganzheitlich sanieren, sondern sich auf lukrativ geförderte Einzelmaßnahmen zurückziehen. Um diesen „Insel-Sanierungen“ vorzubeugen, schlägt Leppig eine Erhöhung des iSFP-Bonus auf zehn Prozent vor, da Energieberater und -beraterinnen ganzheitlich, sowie technologie- und produktunabhängig beraten. Dies konkretisiere die im Klimapakt genannte Stärkung der Beratungsinstrumente.

„Keine Frage - die Zeit drängt und die Energieeffizienz im Gebäudebereich muss zügig vorangetrieben werden. Dennoch kann ich die Politik vor diesem Schnellschuss nur warnen und unsere Mitarbeit bei der Gestaltung des Klimapakts anbieten: Sollen ganzheitliche Sanierungen nicht demotiviert werden, ist der Blick des Praktikers unerlässlich“, sagt Leppig.

Am 1. Juli findet eine Podiumsdiskussion des GIH in Kooperation mit dem IVPU zum Thema statt: „Fördern oder Fordern: Welcher Weg führt zum klimaneutralen Gebäudestand?“ In der digitalen Diskussionsrunde wird der GIH und der IVPU mit MdB Dr. Julia Verlinden (Grüne), ifeu-Chef Dr. Martin Pehnt und Vertretern von Ministerien und Verbänden über eventuell nötige Gesetze und Förderungen für einen klimaneutralen Gebäudestand sprechen. Hier geht’s zur Anmeldung.

Quelle: Gebäudeenergieberater Ingenieure Handwerker e.V. (GIH) / Delia Roscher

Eine Verwendung dieses Textes ist kostenpflichtig. Eine Lizenzierung ist möglich.
Bitte nehmen Sie bei Fragen Kontakt auf.