Dass beim jährlichen GIH-Bundeskongress der Leiter der Abteilung „Energiepolitik – Wärme und Effizienz“ im Bundeswirtschaftsministerium, Thorsten Herdan, aus dem Ministerium berichtet, ist nicht neu. Dass der Kongress zusammen mit der KfW-Förderbank in deren Berliner Niederlassung ausgerichtet wurde allerdings schon.
Das zentrale Fachforum bestritt denn auch KfW-Prokurist Dirk Markfort. Den größten Raum in seinem Vortrag nahmen kleinere Änderungen bei den Förderprogrammen und die KfW-Förderstatistik ein. Auf Nachfrage hielt er aber auch mit seiner Meinung zur Förderung von Öl- und Gasheizungen nicht hinter den Berg: Er sei „grundsätzlich dafür“, denn „wenn wir das nicht tun, dann bleibt der 20 Jahre alte Wärmeerzeuger drin.“ Die Frage werde aber sehr stark diskutiert, auch im Wirtschaftsministerium.
Herdan: Öl- und Gasheizungen zu fördern ist Unsinn
Herdan nahm bei seinem Vortrag zwei Stunden später die Gegenposition ein. Etwas mit Steuergeld zu fördern, was am Markt Standard sei, sei „etwas krude“ und führe zu Mitnahmeeffekten. Und: „Etwas zu fördern, was eben nicht in die Zukunft schaut, finde ich noch seltsamer.“ Aus der Gesellschaft heraus müsse klargemacht werden: „Wir wollen diesen Unsinn nicht mehr.“
Denn, so bedauerte der aus der Wirtschaft kommende, parteilose Herdan, die Politik fühle sich kaum in der Lage, ein Ende dieser Förderung umzusetzen – „weil Europawahl ist, weil Landtagswahlen sind und die nächste Bundestagswahl.“ Herdan will andererseits den Einbau von Öl- oder Gas-Brennwertheizungen nicht – wie später zum Teil bei der abendlichen Podiumsdiskussion zu hören war – verbieten. Denn „es gibt viele Fälle, wo ich keine sinnvolle Alternative habe.“
GIH-Bundesvorsitzender Jürgen Leppig, in dessen Verband es zur Frage der Förderung von im Wesentlichen fossil befeuerten Heizungen unterschiedliche Meinungen gibt, hielt sich zu dieser Frage in der Podiumsdiskussion mit Vertretern aller Bundestagsfraktionen bedeckt. KfW-Mann Markfort sagte zur zukünftigen Förderung, er „vermute und hoffe, dass es schlechtestenfalls auf Hybridanlagen“ als Fördervoraussetzung hinauslaufe, also zum Beispiel „Brennwertkessel mit Wärmepumpe, Brennwertkessel mit Solarthermie“.
Dass schon Stellschrauben der KfW-Programme auf das in der Förderstatistik ablesbare Verbraucherverhalten großen Einfluss haben können, wurde am Beispiel von Solarthermie und Wärmepumpe deutlich: Im Neubau, so Markfort, seien bis 2016 noch sehr stark Solarthermieanlagen gekauft worden. Danach, nämlich seit der Reduktion des Primärenergiefaktors von Strom in den Förderbestimmungen 2017, „ist die Solarthermieanlage sehr stark in den Keller gegangen und dafür anteilig die Wärmepumpe hochgegangen.“ Bei der Sanierung gebe es da allerdings keine Veränderung.
KfW will Bilanzierung nicht auf CO2 umstellen
Auf die Publikumsfrage nach einer Umstellung von der traditionellen Bilanzierungsmethode Primärenergie auf CO2 sagte Markfort, man mache sich Gedanken dazu, aber es sei noch nicht konkret. Es sei ihm lieber, das Ordnungsrecht würde vorangehen. Das mache die KfW „nicht so angreifbar“ und erwecke auch nicht den Eindruck einer „gewissen Willkür“. Markfort sagte dann allerdings auch, CO2 als Bilanzierungsgröße habe sich „nicht so richtig bewährt“.
Ein anderer Teilnehmer aus dem Publikum, namentlich Tobias Schellenberger, Geschäftsführer des Industrieverbands Polyurethan-Hartschaum (IVPU), kritisierte eine Fußnote in der eigentlich ministeriumsinternen, aber an die Öffentlichkeit gelangten Entwurfsfassung für ein Gebäudeenergiegesetz. Die Anforderungswerte an die Bauteile beim Umbau eines Hauses seien gegenüber der EnEV 2014 nur scheinbar unverändert. „Wenn sie aber in die Fußnote reingucken, dann sehen sie, dass diese Anforderungen erst greifen, wenn das Dach einen U-Wert von mehr als 0,7 Watt pro Quadratmeter und Kelvin hat, das heißt auf dem Stand ist von, sagen wir mal, 1977.“
Aufweichung der EnEV durch Fußnote im GEG-Entwurf
Auch bei der Festlegung für die Wände sieht Schellenberger eine geplante Aufweichung per Fußnote durch eine noch weiter als bisher reichende Ausnahmeregelung. Das könne man „so nicht akzeptieren“. Dirk Markfort versuchte zunächst zu argumentieren, das entspreche sowieso bereits der heutigen Praxis. Doch Schellenberger setzte nach, und Markfort sagte dann nur noch: „Danke für den Hinweis.“
Thorsten Herdan wiederum plädierte abseits dieser Diskussion sogar für eine Verschärfung der Grenzwerte in einem GEG. Die Endlosschleife des Gesetzgebungsprozesses, die sich im Zusammenhang mit einer verschärften Grenzwerten entgegenstehenden Stelle im Koalitionsvertrag verstetigt hat, will er unterstützt durch den Greta-Thunberg-Effekt beenden, indem der Entwurf auch offiziell in die Öffentlichkeit gegeben und so die Diskussion wieder angestoßen wird. Ähnlich formulierte es GIH-Chef Leppig später in der Podiumsdiskussion.
Anpassung der KfW-Programme dauert bis zu sechs Monate
Und wenn das GEG tatsächlich kommt: Wie lange wird es dauern, bis die KfW die Förderprogramme anpasst? Dirk Markfort nannte als Erfahrungs- und zugleich Zielwert „eine Größenordnung von drei Monaten oder einem halben Jahr“. Er beantwortete auch diverse weitere Fachfragen, die Berater aus ihrer Alltagspraxis heraus stellten.
GIH-Chef Leppig platzierte in der Podiumsdiskussion, aber auch direkt gegenüber Thorsten Herdan immer wieder Verbandsforderungen – so unter anderem die nach der steuerlichen Absetzbarkeit von Energiesparmaßnahmen. Vieles läuft auf eine stärkere Förderung der Energieberatung hinaus. Bei Herdan selbst rannte er damit offene Türen ein; zu den Lieblingsideen des Abteilungsleiters gehört ein Konzept mit dem Arbeitstitel „anlassbezogene Zwangsberatung“, also eine staatlich geförderte Energieberatung bei Anlässen wie Hausverkauf, Renovierung oder Wohnungswechsel. Dem Vernehmen nach gibt es in Herdans Ministerium dafür aber kaum Mitstreiter.
Leppig sagte auch, ihm tue es weh, „dass wir mit Steuergeldern neue Heiztechniken fördern, die nicht so funktionieren, wie sie eigentlich könnten.“ Es seien ihm maximal zwei als Brennwertheizungen verkaufte Ölheizungen bekannt, „die wirklich mal im Brennwertbereich gelaufen sind.“ An anderer Stelle nannte er eine der Ursachen: „90 Prozent aller Heizungen werden im Keller so eingebaut, wie sie das Werk verlassen“, also nicht für das jeweilige Haus korrekt eingestellt und daran angepasst. Bei diesem Problem scheint Leppig das Fordern nach mehr Beratung und qualifizierter Ausführung von Handwerkerleistungen aufgegeben zu haben. Seine einzige Hoffnung: „intelligente Systeme, die ‚Selbstheileffekte’ haben.“ von Alexander Morhart