DHV-Präsident Erwin Taglieber stellte gleich zu Anfang klar, worum es im Bausektor in der neuen Legislaturperiode gehen muss: "Wir fordern zuallererst die Änderung der Energie-Einsparverordnung in eine CO2-Einsparverordnung. Nur, wenn wir uns den Herausforderungen des Klimawandels mit offenem Visier stellen, können wir auch Erfolge verbuchen. Leider ist es im Deutschen Bundestag bisher so, dass sich scheinbar niemand so recht traut, die Potenziale des Holzbaus und unseren Beitrag zum Klimaschutz angemessen zu würdigen."
"Wer immer nur auf Steinzeit-Lobbyisten hört, kann keine gute Politik für die Zukunft machen. Höchste Zeit, dass sowohl der nachhaltige Neubau als auch die energetische Bestandssanierung mit Sachverstand und Nachdruck vorangetrieben werden", sagte Taglieber.
Der DHV fordert ein eigenständiges – handlungsfähiges – Bundesbauministerium, das nicht erneut als Anhängsel eines anderen Ressorts ein Schattendasein fristet. Zu dessen Aufgaben muss nach Ansicht des DHV zuvorderst die Vereinheitlichung aller 16 Landesbauordnungen gehören.
Neue Musterbauordnung ökologisch gestalten
Der DHV macht sich dafür stark, dass die neue Musterbauordnung in weiten Teilen nach dem Vorbild der äußerst fortschrittlichen – betont holzbaufreundlichen – Landesbauordnung (LBO) von Baden-Württemberg gestaltet wird. Holzbaufeindliche Bremsklötze wie die LBO von Nordrhein-Westfalen kann sich der Bund nicht länger leisten, wenn aus der Energiewende noch etwas werden soll. „Es gilt, das deutsche Bauordnungsrecht gründlich zu entrümpeln und auf einen zukunftsfähigen Kurs zu bringen. Wenn in Wien ein 84 Meter hohes Haus aus Holz gebaut werden kann, dann geht das selbstverständlich auch bei uns – wenn man nur will", unterstrich der DHV-Präsident unter Beifall der Tagungsteilnehmer.
"Ein in seiner Zielsetzung unreflektiertes Bauordnungsrecht verhindert, dass der Holzbau sein eigentliches Potenzial auch in Deutschland voll entfalten kann", bekräfigte Ludger Dederich vom Lehrstuhl für Holzbau an der Hochschule Rottenburg/Neckar.
In Fragen der energetischen Sanierung spricht sich Alexander Gumpp klar für Bestandsmodernisierungen auf Neubaustandard anstelle von Abriss und Ersatzneubau aus: "Mehr Primärenergie und CO2 kann man gar nicht sparen, als wenn man schon Vorhandenes vernünftig instandsetzt und weiter nutzt!", sagte er.
Ludger Dederich schlug in seinem Vortrag einen weiten Bogen von der Bronzezeit bis in die Gegenwart, um neues Bauen auf historische Wurzeln zurückzuführen und dabei Unterschiede wie Gemeinsamkeiten herauszustellen. "Holzbau, wie er heute ist, ist das Ergebnis handwerklichen Schaffens und nicht das Resultat von Industrieprozessen. Holzbau-Architektur bedeutet, dass die Materialität die Gestaltung definiert. Klar gegliederte, auf das Wesentliche konzentrierte Konstruktionen sind daher wesentliche Merkmale des Holzbaus", führte Dederich aus.
Im Hochhaus brennt es nicht anders als im Einfamilienhaus
Völlig frei hielt Stefan Winter von der TU München einen Vortrag über den Brandschutz und konkrete Anforderungen, die sich nach europäischer Norm für den Holzbau insbesondere in den Gebäudeklassen III, IV und V ergeben. Dabei befasste er sich auch mit den Ursachen von Bränden und ihren zeitlichen Verläufen: "Die Wahrscheinlichkeit eines Brandes hat weniger mit dem Baumaterial als vielmehr mit der Verteilung der Bevölkerung zu tun", sagte er.
Wo mehr Menschen dicht beieinander wohnen, ist die Brandwahrscheinlichkeit höher, weil jeder Brandfall immer eine konkrete Brandursache hat: Häufig menschliche Unachtsamkeit. Der Brandschutz sollte daher objekt- und nutzungsspezifisch geplant werden, bevor man mit dem Bauen beginnt, riet Prof. Winter: "Ein Schott in einer Brandwand, durch das Stromkabel geführt werden, muss am Ende auch dicht sein – sonst ist es kein Brandschott, sondern ein gefährlicher Baumangel aufgrund handwerklicher Fahrlässigkeit."
Gelungene Beispiele für vorbildliche Holzbau-Architektur zeigte Florian Nagler, der als freier Architekt tätig ist und ebenso wie Winter an der TU München lehrt. Nagler plädierte für klare Rahmenbedingungen, wie ein Gebäude an einem bestimmten Standort in seiner baulichen Umgebung aussehen darf. Diese Vorschriften zu berücksichtigen, sei für gute Architekten weniger eine Einschränkung ihrer künstlerischen Freiheit als vielmehr eine Herausforderung, die es bei jedem Projekt erneut zu meistern gelte. Quelle: DHV / sue