Bundestagsfraktion legt Gesetzentwurf vor

Grüne: Erneuerbare sollen auch im Bestand Pflicht sein

Julia Verlinden setzt auf das Vorbild Baden-Württemberg beim Wärmegesetz. © Marco Urban

Erneuerbare Energien sollen auch bei der Sanierung von Bestandsgebäuden Pflicht sein.

Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen bringt Entwurf für ein Erneuerbare-Wärme-Gesetz auf Bundesebene in die parlamentarische Debatte ein. Er orientiert sich im wesentlichem am Wärmegesetz Baden-Württembergs in der im Sommer 2015 novellierten Fassung. Wesentlicher Punkt: Der Einsatz Erneuerbarer soll auch im Bestand Pflicht werden. Anlass könnte die Zusammenführung von Wärmegesetz und EnEV sein, die für 2016 erwartet wird. Julia Verlinden, energiepolitische Sprecherin der Fraktion, erklärt im Gespräch mit EnBauSa.de die Eckpunkte.

Frau Verlinden, Ihre Fraktion hat einen Vorschlag zur Neufassung des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes vorgelegt. Was steht denn drin in Ihrem Entwurf?

Julia Verlinden: Wir haben als Grüne vorgeschlagen, dass die Anforderungen an Erneuerbare auch dann gelten sollen, wenn eine Heizung im Gebäudebestand ausgetauscht wird. Im Augenblick ist es ja so, dass die Nutzungspflicht für Erneuerbare Energien nur den Neubau betrifft. Wir haben diesen Vorschlag gemacht, weil wir sehen, dass es mit der Energiewende im Wärmebereich nicht schnell genug vorangeht.

Bildet Ihr Entwurf das Baden-Württemberg E-Wärme-Gesetz eins zu eins ab oder gibt es Unterschiede?

Wir haben die Regelungen aus Baden-Württemberg fast durchgängig übernommen. Damit greifen wir auf ein praxiserprobtes Gesetz zurück. Es gibt ein paar Kleinigkeiten, wo unser Gesetzentwurf anders formuliert ist. Hinzu kommen wenige inhaltliche Änderungen. Im Baden-Württemberger Gesetz kann man beispielsweise als Ersatzmaßnahme für Erneuerbare Wärme auch eine PV-Anlage aufs Dach setzen, also Solarstrom erzeugen. Das finde ich nicht ausreichend, weil wir ja beim Strom und bei der Wärme vorankommen wollen. Es ist sinnvoll wenn man Solarstrom produziert, aber es geht uns ja darum, mehr im Wärmebereich zu erreichen.

Heißt das dass Sie Strom vom Dach für Wärmepumpen nicht für sinnvoll halten?

Wenn der PV-Strom für eine Wärmepumpe eingesetzt wird schon. Wer ausschließlich eine PV-Anlage aufs Dach setzt, leistet aus meiner Sicht keinen ausreichenden Beitrag für die Wärmewende.

Wo sind denn weitere Unterschiede zum Baden-Württemberger Gesetz?

Beim Bioöl gibt es wichtige Debatten um die Nachhaltigkeit der Erzeugung und um die Verwendung. Deshalb haben wir den Einsatz von Bioöl nicht als Erfüllungsoption aufgenommen.

"In Baden-Württemberg passiert viel"

Bewerten Sie denn die Erfolge in Baden-Württemberg positiv? Die Erneuerbaren-Quote ist dort ja nicht höher als anderswo...

Soweit ich weiß, gibt es keine ausreichende Statistik über Austauschraten und den Einsatz Erneuerbarer Energien im Wärmesektor in den verschiedenen Bundesländern. Um eine verlässliche Aussage zu treffen, bräuchte man eine vernünftige Vorher-Nachher-Analyse und eine Einzelfallbetrachtung, und das flächendeckend. Man kann also gar nicht sagen, ob es mehr oder weniger Erneuerbare in dem einen oder anderen Bundesland gibt. Wir sehen aber, dass in Baden-Württemberg im Wärmesektor viel passiert. Zum Beispiel weiß die KfW, dass dort Fördermittel in großem Maße abgerufen werden. Die Bundesregierung hat dagegen kein wirksames Instrument vorgelegt, das uns dem Ziel von 14 Prozent Anteil an Erneuerbaren im Wärmesektor bis 2020 näherbringt.

Könnte denn das Baden-Württemberger Gesetz eine Blaupause für andere Länder mit rot-grüner Regierung sein? Davon war ja immer wieder die Rede, einige hatten es in der Schublade, aber es geht auch auf Länderebene nicht voran.

Unser Vorschlag ist eine bundeseinheitliche Regelung. Denn es reicht nicht wenn einzelne Bundesländer aktiv werden. Die Zielverfehlung auf Bundesebene hat uns als Bundestagsfraktion dazu veranlasst, ein Bundesgesetz zu entwickeln, das für alle gleichermaßen gilt. Das ist aus meiner Sicht die oberste Priorität. Als Bundestagsabgeordnete kann ich nicht darüber bestimmen, ob eine Landesregierung das Baden-Württemberg-Modell übernimmt oder nicht.

Woran liegt es denn dass sich die Modellwirkung die man sich von Baden-Württemberg erhofft hat nicht realisiert hat?

Wir brauchen einen breiten Instrumentenmix, und auf Bundesebene sehen die gesetzlichen Regelungen bescheiden aus. Die Förderprogramme erzielen nicht die Wirkungen, die sich die Bundesregierung erhofft. Wenn man sich die Anteile Erneuerbarer im Wärmesektor anschaut, krebsen wir seit Jahren um die 10 Prozent herum. Die Bundesregierung erzählt immer, wie wichtig es ist, dass wir mehr erneuerbare Energien im Wärmesektor bekommen. Sogar in der Effizienzstrategie Gebäude, wo es eigentlich ums Energiesparen geht, sagt die Regierung, 36 Prozent müssen die Erneuerbaren bringen, den Rest die Energieeffizienz. Die Bundesregierung muss dafür dann aber auch mehr Engagement aufbringen. Dazu machen wir jetzt einen ganz konkreten Vorschlag.

"Einsatz Erneuerbarer muss auf Bundesebene geregelt werden"

Aber auf Länderebene haben die Grünen diese Gesetze doch auch nicht weiter auf den Weg gebracht?

Es gibt ja verschiedene Instrumente, die man auch auf Landesebene umsetzen kann. Aber gerade wenn wir ohnehin ein Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz auf Bundesebene haben, gehört es auch dorthin, sich zu verständigen, für welche Heizungen und Gebäude dieses Gesetz gelten soll. Ich bin überzeugt, dass der Einsatz von Erneuerbarer Wärme auf Bundesebene geregelt sein muss.

Sie sehen da also nicht die Landesregierungen mit grüner Beteiligung in der Pflicht?

Wie gesagt, wenn wir den Einsatz von Erneuerbaren auf Bundesebene implementieren, würde sich die Frage erübrigen, ob jedes der Bundesländer eine Regelung findet. Statt einer breiten Vielfalt von bis zu 16 verschiedenen Landesgesetzen wäre es einfacher, das Thema auf Bundesebene zu regeln. Das macht es auch einfacher für die Branche.

Wie ist denn die Reaktion auf Ihre Vorschläge in den zuständigen Bundesministerien?

Wir hatten schon vor etwa eineinhalb Jahren auf der Tagesordnung des Wirtschaftsausschusses den Erfahrungsbericht zum Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz. Doch die Diskussion wurde auf Wunsch der Abgeordneten der Großen Koalition immer wieder vertagt. Das sei gerade nicht akut oder nicht wichtig. Langsam reicht es mir. Ich will über das Thema diskutieren, auch mit den Staatssekretären, die im Ausschuss sitzen und Berichte geben. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt. Wir haben gerade die Klimaverhandlungen in Paris gehabt, wo die Regierungen sich auf ein gemeinsames Abkommen verständigt haben. Jetzt muss Deutschland mit gutem Beispiel vorangehen und genau in dem Bereich, wo wir seit Jahren keinen Erfolg sehen, mit neuen Vorschlägen für den Klimaschutz kommen.

"Mir ist die parlamentarische Debatte zum Thema wichtig"

Für wie hoch halten Sie die Chancen, dass aus dem Gesetzentwurf konkrete Resultate entstehen? Könnte es einfließen in die geplante Zusammenführung von EnEV und Wärmegesetz?

Das wäre eine Möglichkeit, um den Gebäudebestand bei der Versorgung mit Erneuerbaren Energien einzubinden. Oder die Koalition nimmt unseren Gesetzentwurf zum Anlass, mit eigenen Vorschlägen zu kommen, wie das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz ausgestaltet werden könnte. Mir ist die parlamentarische Debatte über das Thema wichtig. Unser Vorschlag ist der erste, der dazu auf dem Tisch liegt, und ich bin gespannt, wie die anderen Fraktionen darauf reagieren.

Sehen Sie politische Mehrheiten für eine Einbeziehung des Gebäudebestands in das Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz oder ist das eher als Signal gedacht?

Das müssen wir sehen. Ich glaube schon, dass es viele Abgeordnete gibt, die den Klimaschutz ernst nehmen und die wissen, dass die Energiewende mehr ist als der Atomausstieg und der Umstieg auf Erneuerbare Energien im Stromsektor. Die Frage ist, wie engagiert die Regierungsfraktionen das nun weiter verfolgen und umsetzen.

Haben Sie schon Redaktionen von den energiepolitischen Sprechern der anderen Fraktionen?

Wir bringen das Gesetz erst Ende der Woche ein, das ist also noch ganz frisch. Es gibt die erste Lesung, nächstes Jahr wird es dann im Ausschuss diskutiert. Spätestens dann werden wir sehen, wie sich die Experten der anderen Fraktionen dazu verhalten.

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