Gebäudeeffizienzrichtlinie auf der Zielgeraden

Gebäudeautomation bleibt freiwillig

Das Barlaymont-Gebäude der europäischen Kommission. © Ehlerding

Die EU-Richtlinie zur Gebäudeeffizienz hat eine der letzten Hürden im Gesetzgebungsprozess genommen. Mit der Neufassung der Richtlinie will die EU bis 2050 für einen klimaneutralen Gebäudebestand sorgen. Die Richtlinie enthält Regeln für Renovierungen, die Überprüfung des Energieverbrauchs von Gebäuden und zu Lademöglichkeiten von Elektroautos.

Der Trilog aus Kommission, Parlament und Ministerrat der Mitgliedsstaaten hatte im Dezember einen Kompromiss zur Endfassung der Richtlinie ausgehandelt. Jetzt hat die Kommission das Ergebnis veröffentlicht. Erstmals bekannt wurde der genaue Wortlaut zur Berechnung des Primärenergiefaktors bei der energetischen Bilanzierung von Gebäuden. Er steht in Annex I der Richtlinie. Deutschland hatte sich dafür stark gemacht, dass ein hoher Anteil von Grünstrom im Netz nicht dafür genutzt werden kann, die Energiebilanz eines Gebäudes schönzurechnen. Diese Position wurde in die Richtlinie aufgenommen. Grundsätzlich ist es zwar Ziel der Dekarbonisierung, die Wärmeversorgung zu elektrifizieren. Der Strom sollte nach Ansicht von Experten aber gebäudenah erzeugt werden.

Reden statt messen

Aufgeweicht werden gegenüber dem Kommissionsvorschlag die Regeln für die regelmäßige Überprüfung von Heizungssystemen. Es wird weiterhin erlaubt sein, Automatisierungssysteme durch Alternativen wie Beratungen zu ersetzen. Die Kommission wollte dies streichen. Allerdings müssen die Mitgliedsstaaten nun nachweisen, dass eine Beratung gleichwertige Effekte hat. Kurz vor dem Trilog hatten elf Verbände der technischen Gebäudeausrüstung noch versucht, Gebäudeautomation in großen Nicht-Wohngebäuden verpflichtend zu machen. Dafür hatten sie in einem offenen Brief an die Verhandlungsparteien appelliert. Vergeblich.

In den kommenden Jahren sollen die Mitgliedsstaaten langfristige nationale Renovierungsstrategien entwickeln, um bis 2050 einen hocheffizienten, dekarbonisierten Gebäudebestand zu schaffen. Nach Angaben der Kommission sind heute 75 Prozent der Gebäude nicht energieeffizient. Streitpunkt waren die zeitlichen Abstände und die Detailliertheit der Renovierungsstrategien. Etappenziele sind jetzt für 2030, 2040 und 2050 vorgesehen.

Einer von zehn Parkplätzen mit Lademöglichkeit

In neuen oder umfassend renovierten Nicht-Wohngebäuden mit mehr als zehn Parkplätzen soll mindestens eine Lademöglichkeit für Elektroautos geschaffen werden. Zum Vergleich: Der Umweltausschuss des EU-Parlaments hatte in seiner Stellungnahme Lademöglichkeiten für drei von zehn Parkplätzen gefordert. Für mindestens einen von fünf Parkplätzen soll eine Vorverkabelung gezogen werden. Kleine und mittlere Unternehmen können davon ausgenommen werden. Weitere Ausnahmen können etwa dann gewährt werden, wenn die Kosten der Installation sieben Prozent bei Renovierungen überschreiten. Neue oder grundlegend renovierte Wohngebäude sollen mit gewissen Einschränkungen Vorverkabelungen an allen Parkplätzen erhalten.

Die Kommission wird aufgefordert, bis Ende 2019 einen sogenannten Intelligenzindikator zu entwickeln. Er soll anzeigen, wie stark ein Gebäude seinen Betrieb an die Erfordernisse der Bewohner und des Stromnetzes anpassen kann.

Als nächstes wird sich der Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedsstaaten mit der Richtlinie befassen. Normalerweise ist hier kein Widerspruch zu erwarten. Es hat aber auch schon Ausnahmen gegeben, etwa als 2013 neue Grenzwerte für den CO2-Ausstoß von Pkw festzustehen schienen und dann vom Ausschuss gekippt wurden.

Die Richtlinie muss dann noch vom Parlament verabschiedet werden. Die Neufassung wäre die erste gültige aus dem Paket "Clean Energy for all Europeans" mit acht Verordnungen und Richtlinien. Nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU haben die Mitgliedsstaaten 20 Monate Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.

Noch immer kein Standard für Niedrigstenergiegebäude

Die erste Gebäudeeffizienzrichtlinie stammt aus dem Jahr 2002. Sie wurde 2010 novelliert. Der Energieausweis für Gebäude und das Leitbild des Nearly zero-energy Buildings stammen aus dieser Fassung. Vorgaben für Niedrigstenergiegebäude hat Deutschland bisher nicht gemacht. In der Diskussion ist ein Standard, der einem KfW-55- oder einem KfW-40-Gebäude entspricht. Sie verbrauchen 55 beziehungsweise 40 Prozent eines nach Energieeinsparverordnung errichteten Gebäudes. Die Entscheidung darüber muss demnächst fallen, denn schon ab 2019 sollen Neubauten der öffentlichen Hand dem Standard entsprechen. 2021 soll er dann für alle Neubauten gelten. Von Susanne Ehlerding

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