Koalitionsvertrag: Modernisierungsumlage soll sinken

Fossile Heizungen werden weiter gefördert

Für die Arbeit der nächsten Regierung steht der Entwurf des Koalitionsvertrags. © Ehlerding

Union und SPD wollen die Modernisierungsumlage senken und die energetische Gebäudesanierung steuerlich fördern. Auch für Gas- und Ölheizungen soll es weiterhin staatliche Zuschüsse geben. Bei der Sanierung soll auf die Betrachtung der CO2-Einsparungen umgestellt werden. Das zeigt der Entwurf des Koalitionsvertrags, der am gestrigen Mittwoch bekannt wurde.

Die Große Koalition will die Modernisierungsumlage von aktuell elf Prozent auf acht Prozent senken und zusätzlich eine Kappungsgrenze von drei Euro pro Quadratmeter auf drei Jahre einführen. Auch im Koalitionsvertrag von 2013 war die Absenkung der Modernisierungsumlage enthalten. Das Vorhaben wurde aber <link finanzierung aktuelles artikel sondierer-beschliessen-steuerfoerderung-5675.html _blank>nie umgesetzt.

Zwei Milliarden für Sanierung und Eigentumsbildung

"Wir starten eine Wohnraumoffensive", heißt es im Vertrag weiter. 1,5 Millionen neue Wohnungen und Eigenheime will die Koalition schaffen. Zwei Milliarden Euro will sie für den sozialen Wohnungsbau bereitstellen. Weitere zwei Milliarden Euro sollen für Steuererleichterungen bei der energetischen Sanierung, eine Sonderabschreibung (AfA) für die Errichtung von Wohnungen und die Eigentumsförderung für Familien zur Verfügung stehen. Das sind 500 Millionen Euro pro Jahr. "Mein Gefühl sagt mir: Das wird nicht reichen", hatte der Chef der Deutschen Energieagentur, Andreas Kuhlmann, die Zahl kommentiert.

Die Sonderabschreibung für steuerliche Anreize im freifinanzierten Wohnungsneubau soll bis Ende des Jahres 2021 gelten. "Sie beträgt zusätzlich zur linearen Abschreibung über vier Jahre fünf Prozent pro Jahr", heißt es. Konkret wird es auch beim Baukindergeld: 1200 Euro je Kind pro Jahr soll es für einen Zeitraum von zehn Jahren geben.

Einführen wollen die Koalitionäre ein Bürgschaftsprogramm der KfW, mit dem ein Anteil des Kaufpreises beziehungsweise der Baukosten selbstgenutzten Wohneigentums abgesichert wird. Dadurch kann das beim Erwerb notwendige Eigenkapital gesenkt werden. Die Bürgschaft soll für 20 Jahre gelten.

Fossile Heizungen werden weiter gefördert

Entgegen den Regelungen im Klimaschutzplan 2050 soll es es weiter eine Förderung von fossilen Heizungen geben: "Der Austausch von alten, ineffizienten Heizungsanlagen gegen moderne, hocheffiziente Heizungen (auch Brennwertkessel) wird weiterhin zur Erreichung unserer Klimaziele gefördert", heißt es.

Die energetische Gebäudesanierung soll nun auch steuerlich gefördert werden. "Dabei werden wir für die Antragsteller ein Wahlrecht zwischen einer Zuschussförderung und einer Reduzierung des zu versteuernden Einkommens vorsehen", heißt es. Genau davon hatte der Leiter der Abteilung "Energiepolitik – Wärme und Effizienz" im Bundeswirtschaftsministerium, Thorsten Herdan, kürzlich abgeraten. Er empfahl die Steuerförderung "on top" auf staatliche Förderprogramme.

Neuer Anlauf für Gebäudeenergiegesetz

"Wir werden das Ordnungsrecht entbürokratisieren und vereinfachen und die Vorschriften der EnEV, des EnergieeinsparG und des EEWärmeG in einem modernen Gebäudeenergiegesetz zusammenführen", verspricht die Koalition. Die Anforderungen des EU-Rechts zum 1. Januar 2019 für öffentliche Gebäude und zum 1. Januar 2021 für alle Gebäude sollen umgesetzt werden. Zu der noch offenen Farge, für welchen Niedrigstenergiestandard sich die Regierung entscheidet, macht der Entwurf des Koalitionsvertrags keine Aussage.

Die Energieeinsparverordnung soll offenbar nicht weiter verschärft werden. "Dabei gelten die aktuellen energetischen Anforderungen für Bestand und Neubau fort. Wir wollen dadurch insbesondere den weiteren Kostenauftrieb für die Mietpreise vermeiden. Zusätzlich werden wir den Quartiersansatz einführen." Gesamteinsparungen innerhalb eines Quartiers sollen also auch zur Erfüllung von Energieeinsparvorschriften genügen.

Ein lang gehegter Wunsch von Planern und Architekten soll auch in Erfüllung gehen: "Mögliche Vorteile einer Umstellung künftiger gesetzlicher Anforderungen auf die CO2-Emissionen werden wir prüfen. Die mögliche Umstellung soll spätestens bis zum 1. Januar 2023 eingeführt werden." Das bedeutet, dass es weniger detaillierte Vorschriften etwa zu Dämmstandards geben könnte und CO2-Einsparungen stattdessen mit Erneuerbare-Energien-Anlagen am Haus erreicht werden dürfen.

Vereinfachung für Mieterstrom

Beim Mieterstrom macht die Koalition ein Versprechen der alten Bundesregierung wahr: "Wir werden die bestehende Mieterstromregelung optimieren, indem der Verlust der tradierten gewerbesteuerlichen Behandlung von Wohnungsbaugenossenschaften vermieden wird, um nachhaltige Mieterstrommodelle zu ermöglichen."

Hintergrund ist, dass Wohnungsunternehmen grundsätzlich von der Gewerbesteuer befreit sind. Haben sie über die Mieten hinaus andere Einnahmen, "infiziert" dies auch ihre Gewerbesteuerbefreiung, die dann wegfällt. Bisher müssen sich Wohnungsunternehmen deshalb Partner für ihre Mieterstromprojekte suchen. "Wenn die Gewerbesteuerbefreiung trotz Einnahmen aus Mietstromprojekten bestehen bleiben könnte, gäbe es eine Schnittstelle weniger und die Projekte wären einfacher zu realisieren", sagte Naturstrom-Vorstand Tim Meyer vergangenes Jahr bei der Vorstellung eines Mieterstromprojekts in Berlin.

Weiterentwicklung von Kraft-Wärme-Kopplung

Die Koalition will die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) weiterentwickeln und umfassend modernisieren, so dass sie im Rahmen der Energiewende eine Zukunft hat. "Wir werden die Kraft-Wärme-Kopplung CO2-ärmer ausgestalten und flexibilisieren. Wir wollen KWK-Anlagen und die Fernwärmeinfrastruktur ausbauen und effizienter machen", heißt es.

Bestehende Gas- und Wärmeinfrastruktur soll für die Sektorkopplung so reformiert werden, dass die verschiedenen Infrastrukturen koordiniert energiewendetauglich und kosteneffizient weiterentwickelt werden.

Vorrang für Energieeffizienz

Unter breiter Beteiligung soll eine ambitionierte und sektorübergreifende Energieeffizienzstrategie des Bundes erarbeiten werden, in der das Leitprinzip "Efficiency First" verankern ist. Damit soll der Energieverbrauch bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent sinken. Dieses Ziel ist allerdings nicht neu. Den Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE) will die Koalition basierend auf den Ergebnissen des Grünbuchs Energieeffizienz weiterentwickeln und schnellstmöglich umsetzen. Fördermittel dafür sollen aber nicht steigen, sondern auf dem derzeitigen Niveau stabilisiert werden.

Unterstützung für Genossenschaften

Genossenschaften, kommunale und kirchliche Wohnungsunternehmen, nicht gewinnorientierte Initiativen und Stiftungen will die Koalition beim Neubau und einer sozialverträglichen Sanierung unterstützen. Sie will dazu langfristige Finanzierungen und Bürgschaften über 20 Jahre durch die KfW zur Verfügung stellen.

Beim Wohngeld soll nach Vorlage eines mit den Ländern abgestimmten Modells eine Klimakomponente eingeführt werden.

Regelungen des Wohnungseigentumsrechts sollen so reformiert werden, dass Beschlüsse von Wohnungseigentümern über bauliche Maßnahmen insbesondere in den Bereichen Barrierefreiheit, energetische Sanierung, Förderung von Elektromobilität und Einbruchsschutz erleichtert werden.

Neue Grundsteuer

Kommunen sollen Bauland durch die Einführung einer Grundsteuer C schneller mobilisieren können. Durch eine Erhöhung der Steuer sollen sie das spekulative Liegenlassen von Grundstücken zumindest verteuern können.

Positive und negative Reaktionen

Der Verband der Kommunalen Unternehmen begrüßt, dass die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und die damit verbundenen Wärmeinfrastrukturen eine zentrale Rolle im zukünftigen Energiesystem bekommen. wird. Die Klimaschutztechnologie KWK könne neben der effizienten Erzeugung von Wärme und Strom eine wesentliche Rolle beim Umbau des Kraftwerksparks einnehmen. Der VKU begrüßt auch, dass die Energieeffizienz durch die Entwicklung einer ambitionierten und sektorübergreifenden Energieeffizienzstrategie stärker in den Fokus rücken soll.

Dagegen erklärt Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik der Grünen Bundestagsfraktion: "Union und SPD setzen ihre folgenlose Ankündigungspolitik der vergangenen Jahre fort. Eine wirksame CO2-Bepreisung wird es mit der neuen GroKo genauso wenig geben wie den schnellen Ausstieg aus der Kohle. Stattdessen sollen Steuergelder weiter in fossile Technologien wie klimaschädliche Öl- und Gasheizungen fließen. Somit opfern SPD und Union ihrer Mutlosigkeit nicht nur die Klimaziele für das Jahr 2020. Sie riskieren auch die Klimaziele für 2030 und Vertragsverletzungsverfahren der EU."

Ähnlich äußert sich der Bundesverband Gebäudehülle: "Die Klimapläne der Koalition aus CDU, CSU und SPD sind dürftig und inkonsequent. Es ist ein schwerer Fehler, die energetische Sanierung der Gebäude in Deutschland derartig zu vernachlässigen. Energiepolitisch wird Deutschland damit um Jahre zurückgeworfen. Die geplanten Investitionen von 500 Millionen Euro pro Jahr für Sonderabschreibungen, energetische Sanierung und Familienbaugeld werden keine Impulse setzen können."

Gebäudeenergieberater sind enttäuscht

Enttäuscht zeigte sich der größte deutsche Energieberaterverband GIH Gebäudeenergieberater Ingenieure Handwerker vom Koalitionsvertrag. „Die Energiepolitik wird stiefmütterlich behandelt und längst nötige Weichenstellungen bleiben aus", resümiert der Verbandsvorsitzende Jürgen Leppig. Lobenswert seien jedoch die Pläne zur Verstetigung der Förderlandschaft sowie zur steuerlichen Absetzbarkeit von Sanierungsmaßnahmen.

Das Vorhaben, den Energieverbrauch bis zum Jahr 2050 mittels einer am Leitprinzip „Efficiency First" orientierten sektorübergreifenden Energieeffizienzstrategie um 50 Prozent zu senken höre sich laut Leppig zwar ambitioniert an. Allerdings fehlt dem GIH-Vorsitzenden der Glaube, dass die vorgesehenen Maßnahmen dafür hinreichend sind: „Problematisch ist vor allem, dass der Weg zum Niedrigstenergiegebäude nicht gegangen wird. Die EU-Anforderungen an Gebäude sind auf Basis der aktuellen energetischen Vorgaben für Bestand und Neubau schlichtweg nicht erreichbar. Dem hätte mit der nun geplanten Zusammenlegung bestehender Gesetze und Verordnungen in ein neues Gebäudeenergiegesetz begegnet werden können."

Dass die Koalitonäre laufende Programme zur Förderung der Energieeffizienz evaluieren und optimieren wollen nimmt der GIH-Verband genauso positiv auf wie den Plan, die Fördermittel auf dem derzeitigen Niveau zu stabilisieren. „Nach unserer Erfahrung ist die Verlässlichkeit bei Fördermitteln ein wichtiger Faktor um Immobilienbesitzer zu einer Modernisierung zu bewegen", so Leppig. Weitere lobenswerte Schritte in die richtige Richtung seien der adressatengerechte Ausbau der Energieberatung sowie die Einführung einer steuerlichen Sanierungsförderung. Leppig: „Letztere steht ja schon lange im Raum und ist mehr als überfällig."

Bauchschmerzen bereitet dem Verband jedoch die angedachte Fokussierung künftiger gesetzlicher Vorgaben auf CO2-Emissionen. „Wir treten ganz klar für eine ganzheitliche Betrachtung von Gebäuden ein, also von Hülle und Technik. Der CO2-Ausstoß darf gerne als eine zusätzliche Anforderung aufgenommen werden", so Leppig. Würde ausschließlich auf die CO2-Einsparung geachtet, könne dies zu Lasten des Wärmeschutzes an der Gebäudehülle gehen. Fraglich sei auch, ob es im CO2-Gebäudesanierungsprogramm langfristig Sinn mache, den Austausch alter und ineffizienter Heizungsanlagen gegen moderne und hocheffiziente Heizungen zu fördern, die aber immer noch mit ausschließlich fossilen Brennstoffen arbeiten. von Susanne Ehlerding

Lesen Sie zum Koalitionsvertrag den Kommentar von Pia Grund-Ludwig.

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