Aus Sicht der Umwelt- und Ressourcenökonom/innen ist die Einführung eines nationalen Emissionshandelssystems auf dem Heizmittelmarkt in Deutschland die eigentliche Neuerung des Klimaschutzprogramms für den Gebäudesektor. Einen Preis für klimaschädliche Emissionen zahlen zu müssen, führt dazu, dass Verbraucher/innen die gesellschaftlichen Kosten ihres Heizverhaltens am eigenen Geldbeutel spüren. Es lohnt sich für sie somit, Einsparmaßnahmen zu ergreifen. Das kann bedeuten, dass die Menschen ihre Wohnungen sparsamer beheizen oder ihre Heizung umrüsten.
Wenn die Nachfrage nach klimafreundlichen Technologien steigt, entstehen auch Anreize für Unternehmen, eben in diese Technologien zu investieren. Anders als bei gesetzlichen Vorschriften entscheiden Haushalte und Unternehmen selbst, wie sie zu möglichst geringen Kosten CO2-Einsparungen erzielen können. Das macht die Bepreisung kosteneffizienter als ihre Alternativen. „Es ist deshalb wichtig, dass ein CO2-Preis als Leitinstrument im Gebäudesektor dienen sollte, um Emissionen wirksam und kostengünstig, gerade auch für Verbraucher, zu vermeiden“ , sagt ZEW-Präsident Prof. Achim Wambach, kommissarischer Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement“ .
Ein weiterer Vorteil des Emissionshandels besteht darin, dass die Politik vorgeben kann, wie viel CO2 insgesamt in einem bestimmten Zeitraum ausgestoßen werden darf. Die Preise bilden sich dann auf dem Markt über den Handel mit den für Emissionen erforderlichen CO2-Zertifikaten. Allerdings soll eine solche Mengensteuerung nach den Plänen der Bundesregierung frühestens im Jahr 2026 zum Tragen kommen. Zuvor soll ein Festpreis gelten, der schrittweise angehoben wird. Damit entspricht die Wirkung des Emissionshandels für Heizmittel zunächst eher der einer Steuer.
Anstelle einer echten Preisbildung am Markt verfolgt die Bundesregierung mit dem Klimapaket weiterhin hauptsächlich eine Mischung aus Ordnungsrecht und Subventionierung. Nach Ansicht der ZEW- und IÖR-Wissenschaftler/innen macht dies den Klimaschutz unnötig teuer. Fördermittel für umweltfreundliche Technologien sind oft verschwendet, weil viele Eigentümer auch ohne Zuschuss zum Beispiel in ein neues Heizsystem investieren würden. Solche Mitnahmeeffekte belasten den Bundeshaushalt, ohne zu mehr Klimaschutz zu führen.
Auch höhere Standards für die Energieeffizienz von Gebäuden verringern den CO2-Ausstoß nicht immer im gewünschten Umfang: Der sogenannte Rebound-Effekt beschreibt das Phänomen, dass Haushalte energieeffizientere Wohnungen stärker beheizen. Weil Wärme durch Dämmung und moderne Heiztechnik günstiger wird, steigt der Verbrauch. Ein CO2-Preis hat die entgegengesetzte Wirkung: Höhere Heizkosten machen eine energetische Sanierung für die Eigentümer lukrativ.
Die von der Bundesregierung geplante Verringerung der EEG-Umlage entlastet Haushalte je nach ihrem Stromverbrauch. Da Haushalte, die mehr verbrauchen, auch mehr entlastet werden, fehlt dabei allerdings der Anreiz zum Energiesparen. „Aus ökonomischer Sicht wäre eine Pro-Kopf-Entlastung über die Steuer sinnvoller, wie es sie zum Beispiel in Dänemark gibt. Auch eine Entlastung über Sozialbeträge nach dem Schweizer Modell ist denkbar“, empfiehlt ZEW-Ökonomin Kathrine von Graevenitz, eine der Autorinnen des ZEW policy brief. Die vorgesehene Förderung für Investitionen in Immobilien sieht sie kritisch: „Immobilienbesitz ist in Deutschland sehr ungleich über die Einkommensklassen verteilt. Von der Förderung für Eigentümer profitieren hauptsächlich wohlhabende Haushalte. Die überwiegende Mehrheit der einkommensschwächeren Haushalte wohnt zur Miete und bleibt hier außen vor.“
Das Klimapaket bewirkt also eine gesellschaftliche Umverteilung von unten nach oben. Da ärmere Haushalte einen höheren Anteil ihres Einkommens fürs Heizen ausgeben, sind sie in zweifacher Hinsicht benachteiligt: Einerseits steigen ihre Energiekosten überproportional an, andererseits können sie als Mieter keine Fördermittel beantragen. Zwar erwägt die Bundesregierung eine Aufteilung der CO2-Kosten zwischen Mietern und Vermietern. Allerdings bedeutet das nicht unbedingt eine Entlastung der Mieterhaushalte, da Immobilienbesitzer Möglichkeiten haben, die Kosten an anderer Stelle wieder aufzuschlagen. Zudem könnte die Anreizwirkung der CO2-Bepreisung unter einer solchen Maßnahme leiden: Wenn sowohl Mieter als auch Vermieter jeweils nur die Hälfte der Kosten tragen, könnte die gewünschte Lenkungswirkung in Richtung Energieeinsparung ausbleiben.
Schließlich schlagen die Wissenschaftler/innen vor, ein Evaluierungskonzept zu erarbeiten, um Defizite bei den umwelt- und klimapolitischen Maßnahmen im Gebäudesektor festzustellen und durch entsprechende Verbesserungen deren Wirksamkeit zu erhöhen. Quelle: ZSW / sth
Echte CO2-Preise beim Heizen schonen das Klima zu geringen Kosten
Forscher: Festpreis für CO2 macht Klimaschutz teuer
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