Steuergeförderte Sanierung kommt wohl ohne Qualitätskontrolle

Energieberater warnen vor mehr Pfusch durch Klimagesetz

GIH-Chef Jürgen Leppig warnt vor Sanierung ohne Beratung. © S. Thole

Ein Referentenentwurf, der das Klimagesetz im Steuerrecht umsetzt, verärgert die Energieberater. „Kommt diese Umsetzung, wird unserem Berufsbild ein wirtschaftlicher Grundpfeiler entzogen. Außerdem wird dem Pfusch am Bau Tür und Tor geöffnet", so das Urteil von Jürgen Leppig, Bundesvorsitzender des Energieberaterverbands GIH.

Das Klimaschutzprogramm sieht nach den bisherigen Plänen laut GIH vor, dass ein sanierender Hausbesitzer im Falle von Einzelmaßnahmen zwischen einer KfW-Förderung oder einer steuerlichen Anrechnung wählen darf. Die Konkretisierung im Referentenentwurf zur Umsetzung im Steuerrecht setze jedoch für die steuerliche Anrechenbarkeit keine Baubegleitung durch einen Energieberater voraus, berichtet der GIH.

Bei der KfW-Förderung ist bislang die Einbindung eines Fachmanns der Effizienzexperten-Liste vorgeschrieben. Er berät und erstellt darüber eine Bestätigung, die Voraussetzung ist für den Förderantrag. "Die Erfahrung zeigt, dass dies auch bitter nötig ist: Unsere baubegleitenden Energieberater müssen häufig regelrecht darum kämpfen, dass Fördervorgaben oder Grundanforderungen der EnEV eingehalten werden", berichtet Leppig aus der Praxis. Finde keine Kontrolle statt, bestehe die große Gefahr, dass Förder- und somit Steuermittel sinnlos verpufften.

Künftig solle dem Finanzamt eine simple Bestätigung des ausführenden Fachunternehmers genügen, das sei geradezu absurd. "Man zeige mir den Handwerker, der seiner eigenen Ausführung die Korrektheit absprechen würde", ärgert sich Leppig.

Der Verband rechnet damit, dass mit der Einführung der beratungsfreien steuerlichen Anrechenbarkeit auch die Beratungspflicht bei der Einzelmaßnahmenförderung der KfW-Bank fällt. "Will man die Qualität am Bau nicht über Bord werfen, wäre dieselbe verpflichtende Baubegleitung bei beiden Optionen der richtige Weg“, so Leppig.

Auch für die Auftragslage der Energieberater hätte der Wegfall der verpflichtenden Baubegleitung dramatische Konsequenzen: "Rund 90 Prozent der von der KfW-Bank geförderten Sanierungen entfallen auf Einzelmaßnahmen und bei allen ist derzeit ein Energieberater in Spiel. Bekommt man seine Förderung auch ohne Energieberater, werden sich viele Bauherren mit einem Handwerker begnügen", prognostiziert Leppig. Was vordergründig zwar einfacher erscheinen mag, im Falle von Ausführungsfehlern aber bereut werden wird. "Mir sind viele Fälle bekannt, in denen Bauherren im Nachhinein dankbar waren, dass sie ihr Energieberater vor Bauschäden bewahrt hat oder die gesamte Sanierung aus einer neutralen und gewerkeübergreifenden Perspektive geplant hat", so Leppig. Quelle: GIH / pgl

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Kommentare (1)

  1. hjjwerner
    at 22.10.2019
    Nicht nur die Gründe, dass die steuerliche Absetzbarkeit nach § 35c EKStG dank wieder ganz sicher zunehmendem Pfusch bei Sanierungen erneut zu Zeiten führt, in denen die KfW z.B. an die Einzelmaßnahme Fenstertausch keine Anforderungen durch eine Baubegleitung gestellt hatte und wir Energieberater im Winter laufend zu Schimmelbefall gerufen wurden, der durch Einbau neuer Fenster entstanden war.
    Und es mag auch für den einen oder anderen Energieberater wirtschaftlich etwas schärferer Wind wehen, wobei für mich die Zahl 90 %-Anteil Einzelmaßnahmen nicht vorstellbar ist. Sorry, dieser Zahl nach würden die meisten Energieberater nicht alles richtig machen. Und das schließe ich aus.

    Viel dramatischer finde ich aber, zumal der Steuerabzug finanziell deutliche Vorteile nur bei den Einzelmaßnahmen gegeüber KfW-geförderten Einzelmaßnahmen besitzt, dass damit sich die steuerlich geförderten Einzelmaßnahmen noch stärker platzieren könnten. Mit Einzelmaßnahmen aber, z.B. Heizungstausch zu Brennwertkessel und einer realen Einsparung von vielleicht 5 bis 10 %, oder Fenstertausch mit ähnlicher Energieeinsparung, sowie den bereits geschilderten möglichen Folgeschäden, werden wir am Klimawandel so gut wie gar nichts ändern.

    D.h. im Umkehrschluss, dass den Schöpfern dieser Bedingungen des § 35c weiterhin der Klimawandel völlig egal ist, aber dafür wieder einmal vielen Bauträgern, Wohnbaugesellchaften und Politikern, die seit Jahren nach steuerlicher Abschreibung rufen, Ihren Wunsch erfüllt haben, weiterhin Ihren Pfusch unter Beobachtung des Finanzamtes und nicht durch einen erfahrenen Energieberater, ausführen zu können. Das sieht eher nach üblich gewordener Beruhigungstherapie aus, als an Nachdenken über notwendige Maßnahmen, um tatsächlich im Gebäudebereich die erforderlichen Energie- und CO2-Einsparungen zu erzielen, die wir brauchen.

    Bei KfW-Effizienzhäusern ist der § 35c kein wirtschaftlicher Konkurrent, insbesondere dann, wenn weitere Förderungen kombinierbar sind. Es ist aber zu hoffen, dass zur Verfahrensweise bei Einzelmaßnahmen beim § 35c noch nicht das letzte Wort gesprochen ist und/oder die KfW umweltfreundlicher reagiert und die Zuschüsse für Einzelmaßnahmen konkurrenzfähig erhöht.

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