Neue Software für die Nachhaltigkeitsberechnung

Einfach grüner bauen

Das Team der Software-Schmiede. © Calaa

Das Start-up Caala hat eine Software entwickelt, mit der sich das Design von Gebäuden in Sekundenschnelle ökonomisch und ökologisch optimieren lässt. Damit können die Gründer die Vorteile des ökologischen Bauens visualisieren und Bauherren die Entscheidungen leichter machen.

Bei praktisch jedem Architekturwettbewerb wird der Aspekt der Nachhaltigkeit abgefragt. Den Begriff mit Daten zu hinterlegen ist jedoch gar nicht so einfach – noch nicht. Das Münchner Start-up Caala (Computer-Aided Architectural Life-cycle Assessment) hat ein CAD-Plugin auf den Markt gebracht, mit dessen Hilfe sich parametrisches Planen und ökologisches Bauen verknüpfen lassen.

"Unser Ziel ist es, dem Bauherrn eine transparente Grundlage für eine Investitionsentscheidung zu ermöglichen", sagt Bauingenieur und Architekt Alexander Hollberg, aus dessen Doktorarbeit die Software entstanden ist. Die Methode seiner Wahl ist die Lebenszyklusanalyse, auch bekannt als Ökobilanz. Ihr Ziel ist, die Umweltwirkungen eines Gebäudes über seinen kompletten Lebensweg hinweg systematisch zu analysieren.

Wie das geht, zeigt Hollberg an seinem Rechner. Links auf dem Monitor ist die 3D-Ansicht eines Hauses zu sehen. Der Planer kann es drehen und wenden, nach Belieben Wände versetzen oder Fenster und Türen hineinschneiden. Die eigentliche Neuheit wird sichtbar, wenn Hollberg dazu farbige Balken- und Tortendiagramme aufruft. Je nach Konstruktion verändern sie sich und zeigen die "Heizbilanz", die "Gewinne durch Solar" oder die "Lüftungswärmeverluste", kurz: die gesamte Energie- und CO2-Bilanz des geplanten Gebäudes.

Verständliche Grafiken und Diagramme

Das Plugin lässt sich nach Angaben des Unternehmens in jeder marktüblichen CAD-Software nutzen, ohne dass aufwändige Schulungen nötig wären. Egal welches Bauteil, welche Haustechnik oder wie die Geometrie des Gebäudes verändert wird – in Sekundenschnelle sind die Veränderungen des Energiebedarfs und der Ökobilanz aufgezeigt. "Unser Ansatz ist die Kommunikation inzwischen Architekt und Bauherrn in der frühen Planungsphase zu erleichtern", sagt Hollberg. Bei der Entscheidung für oder gegen einen Wintergarten, eine Solarthermie- oder Photovoltaikanlage wird der Bauherr in die Lage versetzt, auf Basis von neutralen Informationen zu urteilen.

Mit seiner Software reiht sich das Start-up ein in eine ganze Reihe von Vorhaben, die Nachhaltigkeit eines Gebäudes zu berechnen. Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags haben sich vor zwei Jahren die Mühe gemacht, die Angebote auf dem Markt zu beschreiben.

Zwei Datenbanken für die Berechnung des Ökofaktors

Grundlage für die Bewertung der Nachhaltigkeit von Bauwerken ist zunächst einmal die Europäische Umweltproduktdeklaration (Environmental Product Declaration – EDP). Die europäische Norm 15804 "Nachhaltigkeit von Bauwerken" regelt die Berechnungsmethoden, die Auswahl von Umweltindikatoren und die Überprüfung von Umweltproduktdeklarationen. Damit ermöglicht sie die Vergleichbarkeit unterschiedlicher Produkte. Umweltdeklarationen bilden auch eine Informationsbasis für die Ökobilanzierung einzelner Gebäude.

Daten zu einzelnen Produkten sind in den beiden Datenbanken Wecobis und Ökobaudat gesammelt, die der Bund im Rahmen der Forschungsinitiative "Zukunft Bau" aufgebaut hat. Wecobis bietet für die wichtigen Bauproduktgruppen und Grundstoffe herstellerneutrale Informationen zu gesundheitlichen und umweltrelevanten Aspekten von Baustoffen. Die Informationen werden für den gesamten Lebenszyklus vom Rohstoff über Herstellung und Verarbeitung bis zur Nutzung und Nachnutzung erhoben. Die Ökobaudat enthält zurzeit Datensätze von mehr als 1000 verschiedenen Bauprodukten. Über eine Schnittstelle können Programme für die Ökobilanzierung Daten direkt aus der Ökobaudat abfragen. Das sind Programme wie GaBi oder die Oekobilanz-Bau zur Berechnung des ökologischen Fußabdrucks.

Das Bundesinstitut für Bau, Stadt- und Raumforschung hat außerdem ein Online-Ökobilanzierungstool für Büro- und Verwaltungsgebäude entworfen. Das webbasierte Berechnungstool „eLCA“ (elektronisches Life Cycle Assessment) beruht auf der Berechnungsmethodik des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen für Bundesbauten (BNB).

Darüber hinaus wurde mit dem neuen EU-Projekt Level(s) erst kürzlich ein neues System der Nachhaltigkeitsbewertung gelauncht, das sich zurzeit in der Probephase befindet. Es soll mit seinem System zu einer "gemeinsamen Sprache" beim nachhaltigen Bauen beitragen.

Ziel ist eine Lösung auf Knopfdruck

Die Münchner Gründer von Caala wollen mit ihrer Software zeigen, dass ökologisches Bauen und Kosteneffizienz kein Widerspruch sein müssen. Denn Investitionskosten machen nur etwa 20 Prozent der Lebenszykluskosten eines Gebäudes aus. Der weitaus größere Teil entfällt auf Betrieb und Instandhaltung. "Wenn man also etwas mehr Geld für energieeffiziente Technologie ausgibt, kann sich das über die komplette Nutzungsphase betrachtet deutlich auszahlen", sagt Philipp Hollberg, der jüngere Bruder von Alexander und ebenfalls Mitgründer des Start-ups.

Joost Hartwig, Geschäftsführer der Ina Planungsgesellschaft aus Darmstadt hat die Software getestet und bewertet sie positiv: "Wenn es darum geht eine Konstruktion zu optimieren, muss man sehr früh im Planungsprozess wesentliche Dinge entscheiden, die für die Gesamtbilanz elementar sind, etwa wie eine Holzkonstruktion gegenüber Stahlbau abschneidet. Mit dem Tool kann man in Echtzeit und live die Planung verändern und ökologische Auswirkungen bereits im Entwurfsprozess aufzeigen. Das Potenzial ist ziemlich groß", sagt Hartwig.

Im Moment ist das Unternehmen auf der Suche nach weiteren Architekten, die das Plugin ausprobieren möchten. Künftig soll die Software auf Lizenzbasis verkauft werden. Das Gründerteam plant derweil schon die nächsten Schritte: Wenn die Caala-Software erst einmal mit genug Daten gefüttert wurde, könnte sie in der Lage sein, Gebäude zu optimieren. "Unsere gesammelten Daten können auch helfen, Benchmarks zu erstellen und dem Planer ein Gefühl zu geben, wie gut sein Gebäude im Vergleich zu anderen ist. Heute kann nämlich niemand sagen, ob 100 Tonnen CO2-Ausstoß für das jeweilige Gebäude viel oder wenig sind", sagt Hollberg.

Seine Vision ist, dass der Algorithmus durch maschinelles Lernen in der Lage sein wird, Architekten Lösungen vorzuschlagen, die sich als besonders ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll erwiesen haben. Ohne langes Rechnen, sondern einfach auf Knopfdruck. Von Daniela Becker und Susanne Ehlerding

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