Bei der Energiewende liege der Fokus zu sehr auf Wohnungsuntenehmen, Impulse für Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) fehlten, kritisierte Martin Kaßler vom Dachverband Deutscher Immobilienverwalter auf einer Veranstaltung im Rahmen der Berliner Energietage. Die Politik müsse klären, wer in Beständen, die WEG gehören, bei der Umsetzung der Klimaziele in der Gebäudesanierung gefordert sei.
Der Anteil der nicht sanierten Gebäude im Wohnungseigentum liege bei über 70 Prozent, im Rest der Bestandsbauten seien es 55 Prozent, so Kaßler. "Die Energieweende wird an Wohnungseigentümerschaften scheitern, wenn sie nicht besser adressiert werden", warnte Kaßler.
Für die Verwalter von Immobilien gebe es kaum Anreize, sich über die energetische Sanierung der Bestände Gedanken zu machen und zu versuchen, die Eigentümer dazu zu motivieren. 2014 hätten zwar 63 Prozent der Verwaltungen energetische Sanierungen durchgeführt, es gebe aber keine Erhebung dazu, was saniert wurde, so Kaßler. In der Regel seien es Einzelmaßnahmen, für ein ein ganzheitliches Konzept hätten die Eigentümer meist kein Geld, keine Motivation oder sie fänden keinen Verwalter der es umsetzt.
Bei der Förderung für Wohnungseigentümergemeinschaften, etwa durch KfW-Kredite oder ländergeförderte Finanzierungsvarianten, hat sich zwar in den vergangenen Jahren einiges verbessert. In Baden-Württemberg hat sich sogar ein Froum gebildet, das sich die Adressierung dieser Zielgruppe auf die Fahne geschrieben hat und eine Informationsplattform für Eigentümergemeinschaften anbietet. Immer noch sei die Kreditvergabe aber kompliziert, weil Einzelunterschriften aller Eigentümer vorliegen müssten. Verwalter müssten qua Vollmacht energetische Sanierung oder altersgerechten Umbau stärker in die Hände nehmen können, forderte Kaßler.
Das ist jedoch auch eine Frage der Qualifizierung. Bei einer Umfrage des DDIV haben über 40 Prozent der Hausverwaltungen gesagt, dass sie keine Ahnung haben vom Thema energetische Sanierung. Das liegt auch daran, dass sich ein Engagement nicht lohnt. Die Hälfte der Befragten bemängelte, dass sie dazu keinen Anreiz hätten. Der Bund solle eine Informationsoffensive für Eigentümergesellschaften starten, fordert Kaßler. Dazu könne auch gehören, dass es einen Bonus gebe, wenn eine Hausverwaltung Konzepte zur energetischen Sanierung erarbeitet.
Astrid Schultheis, Verwalterin und Gutachterin betonte, dass ein Verwalter zur Instandsetzung, aber nicht zur energetischen Optimierung verpflichtet sei. Eine Verpflichtung sei aber nur dann sinnvoll, wenn es dafür dann auch gesonderte Vergütungen gebe.
An einzelnen Projekten beschrieb sie, wo derzeit die Haken bei einem Einstieg in die energetische Sanierung von Gebäuden liegen, die Eigentümergemeinschaften gehören. Erstes Beispiel: Ein 17-Geschosser mit über 400 Wohnungen mit einer vorgehängten Fassade. "Die Kostenschätzung nur für die Fassade lag zwischen 6 und 10 Millionen, eine Umsetzung erwies sich als nicht sinnvoll", so Schultheis. Entschieden habe man sich dann für eine Erhöhung der Effizienz im Detail: Optimierung der Heizung, Dämmung der Laubengänge, Nachbesserung einzelner Bauteile. Damit erhalte man aber keine Darlehen, weil man die dazu notwendigen EnEV-Standards nicht einhalten könne.
Insgesamt würden Wohnungseigentümergemeinschaften bei der Förderung schlecht gestellt, da sie in der Regel nur einzelne Maßnahmen und keine Komplettsanierung finanzieren können, unterstrich auch Marita Klempnow vom Deutschen Energieberaternetzwerk (DEN). Dann gebe es geringere Zuschüsse, auch eine Baubegleitung werde in diesen Fällen nicht gefördert, obwohl sie notwendig sei.
Neue Wege der Finanzierung beschrieb Schultheis am Beispiel eines Sanierungsprojekts von Dreigeschossern in Reihenbauweise, Ihr Konzept: Über die Instandhaltungsrücklage wird ein Bausparvertrag angespart, der bei Zuteilungsreife zur Finanzierung genutzt wird. Sie habe nur eine einzige Bausparkasse gefunden, die bereit gewesen sei, zum Zeitpunkt der Zuteilung die Aufteilung auf einzelne Kreditnehmer zu erlauben, berichtete sie aus der Praxis. Alleine der Aufwand für diese Recherche sei enorm gewesen.
Auf eine weitere Krux bei der Sanierung durch Eigentümergemeinschaften wies Schultheis hin: Bebürgt werde nur der Teil der Finanzierung, der die energetische Optimierung betreffe. Häufig seien aber zusätzliche Arbeiten wie beispielsweise die Wiederherstellung von Grünanlagen notwendig, für die es dann keine Bürgschaften gebe. Außerdem sei es immer wieder schwierig, Sanierungskonzepte für Eigentümergemeinschaften zu finden, zu denen auch Gewerbeeinheiten gehören. Die sind in manchen Baugebieten vorgeschrieben. In einem Projekt habe es Zuschüsse der KfW nur für die Wohneinheiten, nicht aber für die Gewerbeeinheiten gegeben, so Schultheis.
Sie forderte außerdem eine realistische Förderung der Beratungskosten. Die lägen inklusive Finanzierungsberatung bei 100 bis 150 Euro pro Einheit, die Fördermöglichkeit sieht maximal 4000 Euro vor. Mit dem Bonus von 500 Euro für die Beratung einer Wohnungseigentümegemeisnchaft, die es für die Erläuterung des Berichts gebe, komme man auf keinen Fall hin, bestätigte auch Marita Klempnow. von Pia Grund-Ludwig