Wer sich in eine Wohnanlage einkauft, der wird Teil der Eigentümergemeinschaft und ist damit nicht nur für seine eigene Wohnung, sondern auch für das gesamte Gemeinschaftseigentum mitverantwortlich. "Das wissen aber die meisten Käufer gar nicht", beobachtet Volker Lenz, Bausachverständiger des Verbands Privater Bauherren (VPB). "Sie interessieren sich in der Regel nur für ihre zukünftige Wohneinheit, also das Sondereigentum. Das bautechnisch ungleich wichtigere Gemeinschaftseigentum haben sie nicht im Blick", konstatiert der Leiter des Frankfurter Büros des VPB.
Weil das so ist, werden die meisten Wohneigentumsanlagen vor der Abnahme auch technisch gar nicht geprüft, weiß der Experte. Mängel am Gemeinschaftseigentum, also etwa der Haustechnik, bei Brand- oder Schallschutz, bei der Wärmedämmung, an Keller und Tiefgarage oder auch bei der Statik bleiben deshalb zunächst unentdeckt – bis sie eines Tages Probleme verursachen. Dass zum Beispiel ein Kanal nicht dicht ist, fällt dann natürlich erst auf, wenn Keller und Erdgeschosswohnungen unter Wasser stehen. Die Probleme entstehen während der Bauzeit. Ideal wäre deshalb eine laufende Qualitätskontrolle über die gesamte Bauphase hinweg.
Das ist aber gerade bei größeren Eigentumsanlagen unrealistisch, weil es während der Bauzeit noch keine Eigentümergemeinschaft gibt, die eine solche Kontrolle beauftragen und finanzieren könnte. Für den einzelnen Käufer käme sie bei solchen Großanlagen dann auch recht teuer. Umso wichtiger ist die Abschlusskontrolle im Rahmen der Abnahme. "Der Verzicht auf die ordnungsgemäße, umfassende Abnahme des Gemeinschaftseigentums hat mitunter bittere Konsequenzen für die Eigentümer", warnt Volker Lenz.
Werden Mängel erst nach der Abnahme offenbar, hat die Gemeinschaft nur in den ersten fünf Jahren nach Abnahme des Gemeinschaftseigentums Gewährleistung und die Bauherren müssen der Firma die Mängel auch nachweisen. Das ist aufwändig und kostet zunächst einmal Geld. Ein Problem bei Eigentumswohnungen ist die Anonymität der Gemeinschaft. "Die zukünftigen Miteigentümer kennen sich noch gar nicht und können deshalb auch noch keine gemeinsamen Beschlüsse fassen", gibt der Bausachverständige zu bedenken. "Und der Verwalter, der sich um alles kümmern müsste, hat manchmal gar kein Interesse an kritisch nachfragenden Bauherren. Er wird nämlich in der Regel vom Bauträger eingesetzt." Das betrachtet der Gesetzgeber mit Misstrauen: Deswegen dürfen Verwalter bei der Erstbestellung laut § 26 Abs. 1 Satz 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) nur noch für drei Jahre bestellt werden, nicht mehr für fünf Jahre, also nicht für die gesamte Dauer der Gewährleistungsphase. "Eigentümer müssen sich klar machen, dass ihnen neben dem Sondereigentum, nämlich der eigenen Wohnung, auch das Gemeinschaftseigentum gehört und sie dafür haften. Deshalb sollten sie in jedem Falle dafür sorgen, dass eine ordnungsgemäße umfassende Abnahme des Gemeinschaftseigentums mithilfe von Fachgutachtern ihrer Wahl erfolgt, bei dem die Interessen der kompletten Eigentümergemeinschaft berücksichtigt werden", empfiehlt Bausachverständiger Lenz. Er rät außerdem, die letzte Rate erst dann an den Bauträger zu überweisen, wenn die Gutachter den Bau gecheckt haben und alle Mängel aus dem Abnahmeprotokoll beseitigt sind. "Geld ist hier das einzig wirksame Druckmittel." Quelle: VPB / pgl