Zunächst war viel Innovation zu sehen: In einer Posterausstellung präsentierten sich die Projekte der Forschungsprogramme EnEff:Wärme, EnEff:Stadt und Energieoptimiertes Bauen (EnOB). Da gibt es das Projekt DELFIN, das sich mit der dezentralen Einbindung von erneuerbarer Wärme in Fernwärmenetze beschäftigt. Oder FlexControl, das Baukörper als Wärme- und Kältespeicher am Beispiel der Hochschule Ruhr West untersucht. Oder ein Projekt zur Solarenergienutzung im städtebaulichen Kontext mit Entwicklungsszenarien für Berlin-Adlershof.
"Bei der Forschung sind wir ganz vorn dran", sagte Frank Heidrich, Unterabteilungsleiter im Bundeswirtschaftsministerium beim Kongress. In der Praxis gebe es aber eine Lücke zwischen Planung und Umsetzung. Heidrich mit einem Augenzwinkern: "Der größte Störer ist immer der Nutzer."
Zumindest sind die Nutzer nicht unbedingt motiviert, die schönen technischen Möglichkeiten zur Gebäudeeffizienz auch einzusetzen. Annette Roser vom Institut für Ressourceneffizienz und Energiestrategien (IREES), berichtete am Rande des Kongresses von einem typischen Beispiel: Ein älteres Ehepaar musste seine alte Heizung ersetzen und entschied sich dann nach der Beratung durch einen Handwerker für die Technik von gestern, nämlich eine Ölheizung.
Projekt erforscht Kommunikation in Eigentümergemeinschaften
Wie man solche Entscheidungsprozesse optimieren könnte, spielt nur in ganz wenigen Forschungsprojekten zur Gebäudeeffizienz eine Rolle. Etwa im "Kommunikationsmodell für Wohneigentümergemeinschaften", das die Hochschule für Technik Stuttgart (HFT) entwickelt hat. Weil in den Wohneigentümergemeinschaften Mehrheitsbeschlüsse fallen müssen, bevor energetisch saniert werden kann, sei die Teilhabe der Eigentümer am Entscheidungsprozess ein wesentlicher Schlüsselfaktor, heißt es in der Präsentation des Forschungsprojekts.
Dafür hat die HFT zehn goldene Kommunikationsregeln entwickelt, etwa: "Die Bedürfnisse der Stakeholder müssen im Vorfeld evaluiert werden.". Oder "Die Stakeholder müssen frühzeitig und fortlaufend über alle Schritte informiert werden." Mit dem neuen Programm "Solares Bauen/Energieeffiziente Stadt" sollen auch die Menschen mehr in den Mittelpunkt rücken. "Der sozialwissenschaftliche Aspekt muss Teil der Projekte sein. Das ist ein guter Weg, die Dinge zu verbinden. Denn die technischen Möglichkeiten müssen im Kopf ankommen", sagt Annette Roser.
Bisher ringt das Wirtschaftsministerium allerdings immer noch mit dem Forschungsministerium darum, die Förderentscheidungen in dem 150-Millionen-Euro-Programm zu fällen. Bald soll es aber so weit sein, versprach Frank Heidrich. Die Bekanntmachung datiert ja schon von April 2016.
Deneff fordert Stärkung der Qualifizierung
"Die Sanierung einfacher machen, Qualifizierung stärken, besser fördern, eine gezielte Ansprache und zuverlässige Informationen", sind laut Christian Stolte, Bereichsleiter energieeffiziente Gebäude und Wärme der Dena, die Lösungen für das Umsetzungsproblem. Stolte kündigte als Baustein dafür ein Formular für einen übersichtlichen Sanierungsfahrplan an.
Eine Qualifizierungsoffensive für alle, die an der Gebäudeeffizienz arbeiten, fordert die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff) . Gerade die komplexen technischen Lösungen der Gebäudeeffizienz seien besonders anfällig für Qualitätsprobleme. Qualität könne nur erreicht werden, wenn Planer, Berater, Hersteller, Verarbeiter und Anwender zusammenspielen. Qualifizierung sei dafür die Voraussetzung. "Bisher passiert in diesem Bereich aber nicht genug", sagt Deneff-Geschäftsführer Christian Noll und fordert: "Spätestens in der nächsten Legislaturperiode brauchen wir eine breite Qualifizierungsoffensive für das Handwerk und sie akademischen Berufe damit wir es schaffen, die Aufgaben der Energierwende qualitativ und quantitativ zu erreichen." Was Noll als aktuelles Problem im Handwerk sieht: Die Betriebe seien sehr ausgelastet und könnten nur wenige Leute für Weiterbildungen freistellen.
Rolf Papenfuß vom Zentralverband des Handwerks sieht die Qualifizierung der Handwerker allerdings auf einem guten Stand: "In den Ausbildungszentren stehen die neuesten Geräte und man weiß, was High Tech ist." Das Wissen verbreite sich allein schon durch die Schulungen der Hersteller, die ja ein Interesse daran hätten, die Handwerker mit den neuesten Geräten vertraut zu machen. "Die Handwerker bieten diese Geräte auch an. Aber die Kunden schrecken oft vor der teureren Lösung zurück, auch wenn sie sich auf Dauer rentiert."
Die Stiftung Neue Verantwortung, die sich als stiftungsfinanzierte Denkfabrik mit dem technologischen Wandel beschäftigt, verweist auf das niederländische Projekt mit Namen Energiesprong. "Sie haben zuerst 100 000 Hausbesitzer gefunden, die sanieren wollten. Dann sind sie zu den Bauträgern gegangen mit der Frage: Dieser Auftrag hat ein Volumen von fünf Milliarden Euro, interessiert euch das?", berichtet Studienleiter Emanuel Heisenberg. So eine industrielle Bündelung von Stückzahlen fordert er auch für Deutschland. "Das ist die Zukunft. Wenn nicht, ist es völlig unmöglich, die Sanierungsrate zu verdoppeln oder zu verdreifachen." Mit einer industriellen Standardisierung dagegen seien die dringend nötigen Ersparnisse bei der energetischen Sanierung von 20 und 30 Prozent möglich. von Susanne Ehlerding