GEG-Novelle

Branchenverbände fordern Nachbesserung

Am 19. April wurde die Novelle des GEG beschlossen. Foto: nmann77/stock.adobe.com

Am 19. April hat das Bundeskabinett die Entwürfe zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) und zum Energieeffizienzgesetz (EnEfG) verabschiedet. Ab 2024 muss beim Einbau neuer Heizungen auf erneuerbare Energie gesetzt werden. Die Branchenverbände fordern Korrekturen.

Ab dem 1. Januar 2024 muss jede neu eingebaute Heizung in Neubau, Bestandsgebäuden sowie Wohn- und Nichtwohngebäuden mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen. Bestehende Heizungen sind nicht betroffen, sie können weiter genutzt werden. Das Enddatum für fossile Brennstoffe in Heizungen ist der 31. Dezember 2044. Der Gesetzentwurf zur Novelle des GEG entstand in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz in Zusammenarbeit und dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen.

„Neben der sinnvollen und hohen Förderung für den Einsatz erneuerbarer Energien kommt die Sanierung der Gebäudehülle viel zu knapp. Wir wollen doch Energie einsparen. Daher sollten Dämmmaßnahmen oder der Austausch von hocheffizienten Fenstern und Türen nicht nur einen Bruchteil der Förderung einer neuen Heizung bekommen dürfen“, sagt Jürgen Leppig, Bundesvorsitzender des Energieberaterverbands GIH. Dass Wohngebäude mit bis zu sechs Wohneinheiten von allen Heizungstausch-Auflagen ausgenommen werden sollen, wenn die Eigentümerinnen und Eigentümer mindestens 80 Jahre alt sind und das Gebäude selber bewohnen, sieht Leppig als „Schlag ins Gesicht der Energiewende“. Diese Erweiterung – bislang sollte sie nur für Ein- und Zweifamilienhäuser gelten –, wird dafür sorgen, dass in deutlich mehr Gebäuden energetisch nichts vorangeht. Was wir hier brauchen, sind nicht weitere Ausnahmefälle, sondern eine angemessene soziale Flankierung von Umsetzungen.“

Auch der Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle (BuVEG) sieht die „Fixierung auf Heizungstausch“ kritisch: „Die Strategie der Bundesregierung ist einseitig und droht, zum Fiasko für den Gebäudebestand in Deutschland zu werden”, sagt Jan Peter Hinrichs, Geschäftsführer des BuVEG. „Ein zusätzlicher Bonus zu den bereits sehr ungleichen Fördersätzen von Heizungen zur Gebäudehülle ist alles andere als sinnvoll. Gerade, weil noch sehr viele Gebäude nicht auf die erneuerbare Heiztechnik vorbereitet sind. Dies zeigt, dass das Vorgehen der Bundesregierung nicht zu Ende gedacht ist.”

Politik kann die Physik nicht aushebeln

Jan Peter Hinrichs weiter: „Mit dem jetzt vorgestellten Förderungetüm werden nur kurzfristig die Investitionskosten unterstützt. Der Bedarf an Energie und damit die laufenden Kosten werden jedoch nicht gesenkt. Richtig wäre es, erst den Energiebedarf der Gebäude durch Sanierungsmaßnahmen zu senken, dann kann auch eine Wärmepumpe ihre volle Wirkung entfalten. Und auch die vielerorts überlasteten Stromnetze würden vor dem Kollaps bewahrt. Die Politik muss hier eindeutig nachbessern und auch Dämmung, Fenster & Co. mit in der Strategie der Wärmewende gleichberechtigt berücksichtigen.”

Weichen sind gestellt – jetzt müssen Nachbesserungen folgen

Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur (dena) sieht in dem Gesetzentwurf wichtige Weichen, um in den Bereichen Energieeffizienz und Gebäude Fortschritte bei den gesetzten Einsparzielen von Treibhausgasen zu erreichen. „Beide Kabinettsentwürfe sind Meilensteine, bei beiden sieht die dena allerdings auch noch Handlungs- bzw. Nachbesserungsbedarf, der in den bevorstehenden parlamentarischen Beratungen berücksichtigt werden sollte.“

Es werde mit einer Vielzahl kleinteiliger technischer Erfüllungsoptionen massiv in die Gestaltungsfreiheit der Gebäudeeigentümer*innen eingegriffen, sagt das Deutsche Energieberater-Netzwerk (DEN). Planende und beratende Sachverständige sowie das Handwerk würden erheblich in ihren Möglichkeiten positiv zur Klimawende beizutragen eingeengt und mögliche technische Entwicklungen stark eingeschränkt.

DEN-Vorständin Dipl.-Ing. Marita Klempnow: „In der beschlossenen GEG-Novelle wird komplett auf die Umsetzung von Effizienzanforderungen (Endenergiestandards) durch die Gebäudehülle verzichtet. Es ist nicht nachvollziehbar, warum ein hoher Wärmeschutzstandard nicht als Erfüllungsoption dienen soll. Insbesondere fehlt auch der Ansatz, wie die EU-Regelungen zur Energieeffizienz der Gebäudehülle umgesetzt werden sollen. Der Einsatz erneuerbarer Energien wird absehbar für zu schlecht sanierte Gebäude nicht ausreichen, deshalb muss es auch eine Mindestanforderung an die Endenergie geben. Wohnungsbauunternehmen, die in der Vergangenheit mit einem hohen Wärmeschutzstandard die Vorgaben des GEG umgesetzt haben, müssen jetzt im Fall des Heizungsaustausches noch einmal erhebliche Investitionen tätigen, die am Ende zu Mietsteigerungen führen werden. Insgesamt sehen wir die Gefahr, dass der vorliegende Gesetzentwurf zur Demotivation und zu Verweigerungshaltungen bei Gebäudeeigentümern führen wird.“

Politik und Energieversorger in der Pflicht

Das Handwerk BW kritisiert die einseitige Festlegung auf Wärmepumpen, obwohl es weitere effiziente Systeme auf dem Markt gebe. Verbandspräsident Rainer Reichhold erklärt dazu: „Für das Handwerk ist klar, dass wir CO2 reduzieren müssen, um uns dynamischer in Richtung der Klimaziele zu bewegen. Wir halten aber wenig von Verboten und der einseitigen Beschränkung auf eine bestimmte Technologie. Die Modernisierung der gesamten Gebäudetechnik ist ein wichtiger Baustein der Energiewende. Und genauso wichtig ist es, realistische Zeitpläne aufzustellen, Anreize für Investitionen zu schaffen und die Menschen auf dem Weg mitzunehmen. Unrealistische Vorgaben der Politik, die oft auf mangelhafter technischer Kompetenz fußen, sorgen nur für Verdruss, im Handwerk und beim Verbraucher, und nicht für Akzeptanz.“

Laut Reichhold verwechsle die Bundesregierung Technologie und Energiequelle: „Eine Wärmepumpe im Heizungskeller heißt noch lange nicht, dass sie mit 65 Prozent erneuerbaren Energien läuft. Das liegt vielmehr am Strom, der aus der Steckdose kommt. Natürlich kann Photovoltaik auf dem Dach helfen, aber auch das funktioniert nicht bei jeder Immobilie. Daher sind bezüglich der Stromerzeugung erst einmal Politik und Energieversorger in der Pflicht.“

Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie begrüßt das Ziel von 65 Prozent erneuerbarer Energien beim Tausch bestehender und beim Einbau neuer Heizungen. „Aber Eigentümern darf nicht per se verboten werden, in Neubauten mit Biomasse zu heizen! Wir brauchen alle erneuerbaren Energien, um die Wärmewende zu stemmen und können uns einen willkürlichen Ausschluss der Bioenergie nicht erlauben. Gerade in Quartierskonzepten zur gemeinsamen Versorgung von Neu- und Bestandsbauten macht ein solches Verbot keinen Sinn. Ein neu gebautes Wohnhaus, das sich in unmittelbarer Nähe zu einem mit Biomasse betriebenen Gebäudenetz befindet, sollte an das Netz angeschlossen werden dürfen, anstatt zwingend ein eigenes Wärmesystem zu installieren.“

Gebäudeeigentümer*innen sollte eine möglichst große technische und wirtschaftliche Freiheit gewährt und ein möglichst breites Spektrum an Optionen zur klimaneutralen Gebäudeheizung zur Verfügung gestellt werden, um das notwendige hohe Ambitionsniveau des GEG zu erfüllen, so Rostek.

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