Klimagerechter Stadtumbau kommt gut voran

Bottrop nutzt Städtebauförderung für Hausbesitzer

Mehrfamilienhaus in Bochum wurde im Rahmen des Projekts saniert. ©

Bottrop hat eine hohe Sanierungsquote im Gebäudebestand erreicht und nutzt auch Städtebaufördermittel für Hausbesitzer.

Seit ziemlich genau fünf Jahren trägt Bottrop den Titel InnovationCity Ruhr und gilt als Modellstadt für den klimagerechten Stadtumbau. Damit hat Bottrop eine hohe Aufmerksamkeit im In- und Ausland erzielt. Das vom Initiativkreis Ruhr ins Leben gerufene Projekt hat zum Ziel, in einem ausgewählten Pilotgebiet die CO2-Emissionen bis 2020 um 50 Prozent zu reduzieren und die Lebensqualität der Bürger zu steigern.

Im Rahmen der durch das Land NRW geförderten wissenschaftlichen Begleitforschung evaluierte der wissenschaftliche Beirat unter Leitung des Wuppertal Instituts für die Halbzeitbilanz die bisherigen Projekte und Ergebnisse der InnovationCity Ruhr. Dazu wurden zum einen die bisher erreichten CO2-Einsparungen, die ausgelösten Investitionen sowie Produktions- und Beschäftigungseffekte untersucht. Zum anderen betrachteten die Forscher den InnovationCity-Prozess sowie die Beteiligung von Wirtschaft und Bevölkerung.

Eine der Besonderheiten ist die Finanzierung. Im Pilotgebiet steht ein neues Förderinstrument der Stadt zur Verfügung, bei dem Städtebaufördermittel erstmalig direkt an Immobilieneigentümer für energetische Modernisierungsmaßnahmen ausgezahlt werden können. Abhängig vom Gebäudetyp und dem CO2-Minderungspotenzial der jeweiligen Maßnahmen ist so eine Förderung von bis zu 25 Prozent möglich. Von April 2014 bis September 2015 profitierten 111 Antragsteller von dieser Förderung mit einem Gesamtantragsvolumen von 3,58 Millionen Euro, wobei bereits 2,6 Millionen Euro durch die Stadt bewilligt und 382.000 Euro Fördermittel ausgeschüttet wurden.

Durch abgeschlossene und bereits initiierte Maßnahmen und Projekte, deren Realisierung heute gesichert ist, ergibt sich eine Reduktion der CO2-Emissionen bis zum Jahr 2020 (seit 2010) um rund 38 Prozent. Zum Vergleich: Diese Einsparung entspricht der CO2-Absorption eines gewachsenen Waldes von der Größe des gesamten Bottroper Stadtgebiets (100 km²) innerhalb eines Jahres. Entsprechend müssen bis zum Ende des Projekts in den kommenden fünf Jahren noch zwölf Prozentpunkte der CO2-Emissionen durch neue Projekte eingespart werden.

Mit dem Masterplan der InnovationCity steht dafür eine Sammlung von Ideen bereit, aus der konkrete Projekte entwickelt werden können. Einen wichtigen Beitrag zu dieser Einsparung leistet die energetische Modernisierung von Wohngebäuden. Durch die umfangreichen Aktivierungs- und Beratungsmaßnahmen der InnovationCity Ruhr konnte eine jährliche energetische Modernisierungsrate von durchschnittlich drei Prozent erreicht werden, die damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt von knapp einem Prozent liegt. Dies entspricht einer energetischen Modernisierungsquote von 15,8 Prozent aller Wohngebäude im Pilotgebiet. Besonders viel Schwung konnte man 2012 bis 2013 nutzen, da lag die Quote sogar bei knapp 8 Prozent. Der Schlüssel für diesen Erfolg liegt unter anderem in dem mehrstufigen Ansprachekonzept und dem kostenlosen Erstberatungsangebot, das alle Bottroper Hauseigentümer in Anspruch nehmen können. Bis Herbst 2015 nutzten 1.872 Sanierungsinteressierte aus dem Stadtgebiet dieses Angebot. Bezogen auf das untersuchte Pilotgebiet haben 56 Prozent der Beratenen auch Maßnahmen in den eigenen vier Wänden durchgeführt.

Von den Investitionen profitieren vor allem die lokalen Unternehmen: Schätzungsweise 110 Millionen Euro sind über Aufträge an Bottroper Firmen geflossen. Hinzu kommen ca. 26 Mio. Euro an Vorleistungs- und Konsumgüterproduktion (Steigerung der regionalen Produktion durch Erhöhung der regionalen Einkommen und damit der Konsumausgaben). Mit den Investitionen sind zudem Effekte auf die Beschäftigungsrate verbunden. Als direkter Beschäftigungseffekt ergibt sich für den gesamten Zeitverlauf in Bottrop eine Steigerung um 924 Erwerbstätigenjahre. Die indirekten Effekte führen nochmals zu weiteren 276 Beschäftigungsjahren. Insgesamt wurden somit 1.200 Erwerbstätigenjahre neu geschaffen.

Festgestellt wurde, dass der hohe Rückhalt und die Verbindlichkeit im Handeln aller beteiligten Akteure, beispielsweise Gesellschafter, kommunale Verwaltung und Landesregierung, ein Garant für den Erfolg des Projekts sei. Auch überzeuge das neuartige Steuerungskonzept in Form der Innovation City Management GmbH (ICM) durch hohe Flexibilität und Entscheidungskompetenz. Dabei spiele die größere Unabhängigkeit von kommunal-politischen Entscheidungsstrukturen bei gleichzeitig starker Verzahnung mit den Akteuren vor Ort eine wichtige Rolle. Dies schlägt sich, so die Analyse, auch in innovativen Projektdesigns nieder. Viele der Umsetzungsprojekte im Modellgebiet haben den Charakter von Systeminnovationen: Sie verbinden die Implementierung neuartiger Technologien in bestehende Infrastrukturen mit der gleichzeitigen Erprobung sozialer Innovationen, wie neuen Geschäftsmodellen oder innovativer Beteiligungsmuster.

Die Kooperation mit verschiedenen Wirtschaftsunternehmen über den Raum Bottrop hinaus ist nicht nur durch die enge Bindung an den Initiativkreis Ruhr, sondern auch durch die zahlreichen Projekte und Partnerschaften von großer Bedeutung und in dieser Form ein Alleinstellungsmerkmal für das Projekt. So betonen die Wirtschaftspartner in einer Befragung, dass das Projekt eine klare Zielvision verfolge und über eine hohe Ausstrahlung verfüge – beides zentrale Aspekte, die eine erfolgreiche Kooperation ermöglichen. Die ICM bilde zudem ein geeignetes Format, um die spezifischen Ressourcen der Kommunen und der Wirtschaftspartner projektbezogen und professionell zusammenzuführen. Quelle: InnovationCity Ruhr / pgl

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