Eine Studie des Instituts für Bauforschung e.V. Hannover im Auftrag des Bauherren-Schutzbund e.V. verweist auf wachsendes Schadensrisiko beim barrierefreien Bauen. Die Erwartungen von Bauherren, Erwerbern und Wohneigentümern an ein Zuhause, das auf Alter und Beeinträchtigungen ausgerichtet ist, nehmen zu – aber häufig werden sie nicht erfüllt. Als großes Problem erweisen sich ungenaue Bau- und Leistungsbeschreibungen. Oft werden Qualitätsstandards als selbstverständlich vorausgesetzt, ohne dass sie eindeutig vertraglich vereinbart wurden.
Anbieter werben häufig mit Slogans wie "Hochwertige Immobilie in seniorengerechter Wohnlage" oder "Ausführung als hochwertiges, behindertenfreundliches Bad". Bei derart schwammigen Angaben in Prospekten liegen dann die Erwartungen von privaten Bauherren und das tatsächliche Bauergebnis weit auseinander.
Als ein gravierender Mangelschwerpunkt zeigte sich die baulich unzureichende Ausführung von Zugangswegen zu Räumen, Wohnungs- und Gebäudeteilen. Als Barrieren entpuppen sich dabei vor allem ungeplante Stufen und Schwellen am Hauseingang und der Terrasse, nicht nutzbare Rampen, unzureichende Türbreiten und zu knapp bemessene Bewegungsflächen. In der Modernisierung offenbarten sich Probleme bei barrierefrei geplanten Wohnungen, die konstruktiv so nicht zu verwirklichen waren.
Gerade beim barrierefreien Bauen, so zeigt die Umfrage, müssen individuelle Anforderungen sorgfältig und detailliert mit den Fakten der technischen Regelwerke in Übereinstimmung gebracht werden. Die neue DIN 18040 "Barrierefreies Planen und Bauen – Planungsgrundlagen" zeigt dazu neue Wege auf, fordert jedoch auch mehr Fachkompetenz und Verantwortung von den beteiligten Planern und Bauausführenden.
Allerdings werden DIN-Normen erst rechtlich verbindlich, wenn sie in Gesetze und Verordnungen – beispielsweise in die Landesbauordnungen – eingeführt werden. Da die neue Norm DIN 18040 noch nicht in allen Bundesländern Bestandteil der Landesbauordnung ist, besteht die Notwendigkeit, die jeweiligen Details dieser Norm (oder aber veränderte Anforderungen) in die vertraglichen Vereinbarungen konkret einzubeziehen. Nur das schafft für Verbraucher und alle Beteiligten ausreichende Transparenz und Sicherheit.
Die Umfrage zeigt beispielhaft, wo Erwartungen, Ausführung und Ergebnis auseinanderklaffen und welche Zusatzkosten dabei entstehen. Im Fall eines erwarteten schwellenlosen Zugangs und einer verbreiterten Türöffnung wurden lediglich Standardtüren eingebaut und vorhandene Schwellen abgesenkt. Das war keine barrierefreie Lösung – sie war auch explizit nicht vereinbart. Sie herzustellen, verursachte 6.500 Euro zusätzliche Kosten. In einem zweiten Fall wurde eine Rampe nicht gemäß der vereinbarten DIN Norm für barrierefreien Zugang zu einer Wohnung errichtet. Das Gefälle war zu steil, die Breite zu schmal, Handläufe und Radabweiser fehlten. Für 14.000 Euro musste die Rampe weitgehend neu gebaut werden. In einem weiteren Beispiel bestellte ein Ehepaar im Zuge einer Sanierung ein barrierefreies Bad mit bodengleicher Dusche. Beim Bau zeigte sich, dass die dafür notwendige flache Entwässerung technisch nicht herstellbar war. Unzureichende Bestandsanalyse und Planung verursachten hier zusätzliche Kosten sowie die Akzeptanz eines Kompromisses durch die Auftraggeber.
Mängel beim barrierefreien Bauen können gravierende Folgen nach sich ziehen. Sie reichen von Komforteinbußen über finanzielle und wirtschaftliche Nachteile bis dahin, dass Objekte nicht wie beabsichtigt genutzt werden können. Auch Fördervoraussetzungen können verfehlt werden und damit Finanzierungsengpässe bei den Auftraggebern entstehen. "Deshalb", so Heike Böhmer, Direktorin des IFB Hannover, "sollten persönliche Bedürfnisse und Anforderungen an das Objekt im Vorfeld der Planung sehr genau analysiert, das finanzielle Budget ermittelt und fachgerecht geplant werden." 117pgl