Passivhäuser verbrauchen nicht mehr Energie, als sie dürfen

Bahnstadt hält, was sie verspricht

Energieparend und architektonisch modern sind die Passivhäuser in der Bahnstadt Heidelberg. © Jörg Bleyhl

Die Passivhäuser in der Heidelberger Bahnstadt halten in punkto Energieverbrauch, was sie versprechen: Im Durchschnitt erreichen die untersuchten Wohngebäude die nach Passivhausstandard angestrebten Energiekennwerte. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Passivhaus Instituts Darmstadt.

Das Institut hat im Auftrag der Stadt Heidelberg mit einem Energie-Monitoring die Fernwärme- und Stromverbräuche für die Jahre 2014 und 2015 ausgewertet. Dass die Passivhäuser darüber hinaus auch lebenswert sind, hat eine parallel dazu durchgeführte Befragung der Bewohner ergeben. Die nicht repräsentative Umfrage ergab eine hohe Zufriedenheit mit dem Leben im Passivhaus, mit der Raumluftqualität und den Raumtemperaturen im Winter. Der neue Stadtteil Bahnstadt entsteht komplett in Passivhausbauweise. Er ist eines der größten Stadtentwicklungsprojekte Deutschlands und weltweit Vorbild im nachhaltigen und urbanen Bauen.

"Energetisch vorbildliches Stadtquartier"

Das Passivhaus Institut Darmstadt hstellte die Ergebnisse in Kooperation mit der Stadt Heidelberg im März in der Bahnstadt vor. Für Fragen standen neben den Experten der beiden Institutionen Wolfgang Feist, Gründer und Leiter des Passivhaus Instituts, und Bürgermeister Wolfgang Erichson zur Verfügung. Feist resümierte: "Die Bemühungen, mit der Heidelberger Bahnstadt ein energetisch vorbildliches Stadtquartier zu schaffen, sind sehr erfolgreich."

Energie-Monitoring: Ergebnisse im Detail

Das Passivhaus Institut Darmstadt ist in Kooperation mit dem Energieeffizienz EU-Projekt "PAssREg" im Auftrag der Stadt Heidelberg mit dem Energie-Monitoring beauftragt. Untersucht wurden die Wärmeverbrauchs- und Stromdaten von acht Baufeldern mit insgesamt rund 1400 Wohneinheiten. Die Analyse zeigt, dass die Wohngebäude nur etwa ein Drittel der Fernwärme von vergleichbaren bestehenden Gebäuden verbrauchen. Die Wohngebäude mit insgesamt etwa 90.000 Quadratmetern haben im Untersuchungszeitraum im Gesamtdurchschnitt nur 54 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr an Fernwärme für alle Wärmeanwendungen (Heizung, Warmwasser, Verteil- und Speicherverluste) benötigt.

Der reine Heizwärmeverbrauch beträgt nur 15 bis 16 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr. In Hinblick auf die Anforderungen an den Passivhausstandard ist das eine Punktlandung: Passivhäuser dürfen nur einen jährlichen Heizenergiebedarf von 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter haben. Das entspricht rund 1,5 Liter Heizöl pro Jahr. Durch die Bauweise wird eine Reduzierung des Energiebedarfs um 50 bis 80 Prozent gegenüber dem durchschnittlichen Verbrauch in bestehenden Wohngebäuden möglich.

Gleichzeitig wurde aber auch eine Streuung der Verbrauchswerte zwischen einzelnen Baufeldern festgestellt. Abweichungen der realen Verbräuche von berechneten Bedarfswerten sind unvermeidbar, und die Streuungen liegen im normalen Bereich. Auch die für Passivhäuser übliche Verteilung in rund ein Drittel Heizenergie, ein Drittel Warmwasserbedarf und ein Drittel Verluste zeigt sich bei den Bahnstadtprojekten. Die Auswertung der Stromverbrauchsdaten zeigt, dass die Gebäude in der Bahnstadt im Vergleich zu anderen Projekten sehr wenig Strom verbrauchen – selbst unter Einbeziehung der für Passivhäuser typischen Lüftungsgeräte. "Hier scheint das Stromsparkonzept der Bahnstadt Wirkung zu zeigen", heißt es in der Studie.

Bewohnerbefragung: Ergebnisse im Detail

Parallel zum Energie-Monitoring wurden im ersten Quartal des Jahres 2015 im Auftrag des städtischen Amts für Umweltschutz, Gewerbeaufsicht und Energie im Rahmen einer Bachelorarbeit alle Haushalte in der Bahnstadt befragt – zu diesem Zeitpunkt waren es 1500. Die Rücklaufquote der Fragebogen-Aktion lag bei 16,3 Prozent (245 beantwortete Fragebögen). Die Umfrage ergab eine hohe Zufriedenheit mit dem Leben im Passivhaus, mit der Raumluftqualität und den Raumtemperaturen im Winter. Besonders zufrieden waren diejenigen Bewohner, die vorher über die Besonderheiten der Technik und über die Passivhausaspekte informiert wurden. Dieses Ergebnis zeigt die hohe Bedeutung guter Kauf- und Mietinformationen.

Geringer war die Zufriedenheit mit den Raumtemperaturen im Sommer. Zu diesem Ergebnis trugen die heißen Sommer der letzten Jahre bei, in denen in Heidelberg auch tropische Nächte auftraten. Sie ermöglichten keine wirksame Nachtauskühlung.

Ein weiterer Faktor sind die größeren Fensterflächen heutiger Neubauten – nicht nur bei Passivhäusern. Es ist davon auszugehen, dass auch gestiegene Komfort-Erwartungen durch klimatisierte Arbeitsplätze und Verkehrsmittel einen Einfluss haben. Die Bedienung der für Passivhäuser obligatorischen Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung wird von den Befragten als eher einfach eingestuft. Der Nachhaltigkeitsgedanke wurde von vielen Bewohnern als wichtiges Kriterium bei der Entscheidung für eine Wohnung im Passivhausstandard angegeben.

Hintergrund: Passivhaus-Stadtteil Bahnstadt

In der Bahnstadt wohnen derzeit rund 3400 Bewohner. 5500 Menschen sollen künftig dort leben, weitere 7000 dort arbeiten. Mit dem Beschluss der Umsetzung des Energiekonzepts Bahnstadt im Jahr 2007 hat der Gemeinderat den Themen Energieeffizienz und Erneuerbare Energien einen ganz besonderen Stellenwert in der Stadtentwicklung eingeräumt. Dies ist in dieser Größenordnung einmalig. Dies zeigt sich immer wieder in vielen Anfragen für Führungen aus anderen Städten, sowohl bundesweit als auch international.

Die Vorgaben der "Energieeffizienzstandards Passivhaus" für alle Neubauten in der Bahnstadt sind in städtebaulichen Verträgen, Kaufverträgen und vorhabenbezogenen Bebauungsplänen fixiert. Neben den "harten" Auflagen werden die Investoren seitens des städtischen Umweltamts und der Klimaschutz- und EnergieeBeratungsagentur Heidelberg – Rhein-Neckar-Kreis beratend unterstützt.

Wohngebäude werden im Rahmen des Förderprogramms "Rationelle Energieverwendung" finanziell gefördert. Um den Erfolg der Bemühungen zur Energieeffizienz durch entsprechende Dämmmaßnahmen, Wärmebrückenreduzierung und den Einbau von Lüftungsanlagen zu überprüfen, wurde gemeinsam mit den Stadtwerken Heidelberg und dem Passivhaus Institut ein Konzept zum Energie-Monitoring konzipiert. von Julia Mack

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