Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

Nichtwohngebäude hatten meist die Nase vorn

Wettbewerb "Architektur mit Energie" entschieden

Der Entwurf des Greenpeace-Quartiers an den Elbarkaden wurde prämiert. © Bob Gysin + Partner

Im Wettbewerb Architektur mit Energie kommt kein Beitrag ohne Fotovoltaik aus. Nichtwohngebäude haben meist die Nase vorn. Nord siegt über Süd.

Die Preisträger des diesjährigen Wettbewerbs "Architektur mit Energie" des Bundeswirtschaftministeriums stehen fest. Erstmals wurden Auszeichnungen auch an Studierende vergeben. Vier geplante Objekte von Architekturbüros und zwei studentische Beiträge konnten sich einen Preis sichern.

Schaut man sich die Liste der Preisträger an, so fällt auf, dass außer im Studentenwettbewerb kein einziges reines Wohngebäude auch nur eine lobende Erwähnung erobern konnte. Möglicherweise ist in diesem Bereich die Zahl der konkurrierenden Wettbewerbe rund um Architektur und Energieeffizienz schon so groß, dass die Architekten den Aufwand scheuen. Eine weitere eher erstaunliche Erkenntnis des Wettbewerbs: Gute energieeffiziente Konzepte scheinen nach Ansicht der Juroren eher nördlich des Weißwurstäquators zu gedeihen. Kein einziger Preisträger kommt aus dem Süden, dafür gleich drei aus Hamburg und Bremen.

Spannend ist zudem, dass sich keiner der Architekten und Planer vorstellen konnte, das Motto "Architektur und Energie" ohne Fotovoltaik umzusetzen. Die bei der Wärmeerzeugung sehr unterschiedlichen Konzepte setzen durchgängig auch auf innovative Fotovoltaik, sei es auf Dünnschicht-Module auf dem Dach oder auch fassadenintegrierte Systeme.

Einer der Preisträger ist die Grüntuch Ernst Planungs GmbH mit ihrem Entwurf für die Deutsche Schule in Madrid. Überzeugt hat die Jury, dass sowohl Architektur als auch Freiraum "auf die besonderen klimatischen Bedingungen in Zentralspanien antwortet". Dazu tragen die Aufständerung des Gebäudes, die überdachten Außenräume und Rücksprünge in der Fassade bei. Das soll den Wärmeeintrag im Sommer verhindern. Punkten konnten die Planer auch mit einem so genannten thermischen Labyrinth unter der Schule mit einer Länge von 600 Metern. Es soll die Außenluft im Sommer kühlen und im Winter vorwärmen, bevor sie ins Gebäude strömt. Das Kühlkonzept für den Sommer basiert außerdem auf Verdunstung und der Abwärme eines Erdgas-BHKW, mit dem eine Absorptionskältemaschine angetrieben wird. Die Planer geben einen Primärenergiebedarf von 92,7 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr an.

Einen Preis konnten auch die Gestalter der Elbarkaden am Elbtorquartier in der Hafencity in Hamburg erringen, die Green Office Development von Greenpeace und das Architekturbüro Bob Gysin + Partner aus Zürich. Sie kombinieren Büros und Wohnungen. Besonders angetan war die Jury hier nicht nur vom äußeren Erscheinungsbild des Gebäudes und dessen Einbettung in die Umgebung, sondern auch von der Gestaltung der Innenräume.

Bei der Gebäudetechnik haben die Planer auf passive Maßnahmen, solare Gewinne, Windenergie und optimal aufeinander abgestimmte Systemkomponenten gesetzt. Die Gebäudehülle wurde vorfabriziert und wärmebrückenfrei konstruiert. Die hohe Speichermasse und Konzepte der Nachtlüftung reduzieren den Kühlbedarf. Um interne thermische Lasten in den Büros durch Computer so weit wie möglich zu reduzieren, wurden diese in einem Server-Raum konzentriert. Geheizt wird mit Fernwärme. Solarstromanlagen und Windräder auf dem Dach sollen den gebäudetechnischen Primärenergiebedarf in der Jahressumme zu einem Großteil ausgleichen. Den Primärenergiebedarf schätzen die Planer auf 84,5 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr.

Ausgezeichnet wurde im Wettbewerb auch das ehemalige Heizwerk in Erfurt, dessen Konzept für die Umnutzung von hks Architekten umgesetzt worden ist. Beeindruckt hat die Jury, wie das Industriedenkmal für weitere Nutzungen reaktiviert wird. "In Zusammenspiel zwischen dem neuen Haus-im-Haus und der besonderen Bestandsarchitektur entsteht ein spannender räumlicher Dialog", schreiben die Juroren in ihrer Würdigung.

Durch das Haus-in-Haus-Konzept sind drei unterschiedlich temperierte Zonen entstanden. Es müsse Ziel der weiteren Bearbeitung sein, ein optimales Verhältnis der Dämmqualitäten der Außenhülle und der inneren Trennwände zu erzielen, fordert die Jury Nachbesserungen ein. Eine Absorptionswärmepumpe wird über Fernwärme und Solarthermie gespeist. Sommerliche Kühlung erfolgt bei Bedarf durch die Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Eine Nutzung zur solaren Kühlung wird überprüft. Auch hier kommt Fotovoltaik zum Einsatz und soll in der Summe zwei Drittel des Strombedarfs decken. Der Primärenergiebedarf liegt bei 74,4 kWh/m2a.

Ein weiteres Projekt, das prämiert wurde,steht in Wuppertal. Das Studentenwohnheim Ostersiepen stammt aus der Feder des Architektur Contor Müller Schlüter. Hier loben die Juroren unter anderem die flexiblen und gut nutzbaren Grundrisse sowie den Einsatz nachhaltiger Baustoffe. Mit der Kombination aus Stahlbetontragewerk und vorgehängter Holztafelbauweise wird Passivhausqualität erreicht. Gearbeitet wird mit einer zentralen Lüftungsanlage, Überstromöffnungen tragen dazu bei, die zu transportierenden Luftmengen zu reduzieren.

Einer der beiden studentischen Entwürfe, die sich einen Preis sichern konnten, ist das Kontorhaus "Tilting Shell" in Hamburg. In die Fassade sind PV-Module, Sonnen- und Schallschutzelemente integriert. Außerdem arbeitet der Entwurf mit einer hauseigenen Wasseraufbereitungsanlage. "Die Arbeit überzeugt durch den hohen Durcharbeitungsgrad der energetischen Analyse und der konstruktiven Umsetzung, wobei der Aspekt der Tageslichtnutzung leider wenig berücksichtigt blieb", lautete das Urteil der Jury.

Auf neue Formen des Zusammenlebens reagiert der studentische Beitrag der Hochschule Bremen. In drei Hausgruppen, die jeweils um einen zentralen Innenhof herum konzipiert sind, finden sich 2- und 3-geschossige Gebäude, die verschiedene Lebensentwürfe in einer Siedlung vereinen. Neben Häusern, die auf ein Mehrgenerationenwohnen ausgelegt sind, gibt es auch Konzepte für Paare und Familien mit Kindern. Dazu die Jury: "In städtebaulicher Hinsicht zeigt das Projekt das Potenzial auf, energiepositive Wohngebäude auf der Basis von mittleren Dichten im städtischen Kontext zu realisieren. Es überzeugt auch durch seinen professionellen Durcharbeitungsgrad und die überzeugende Darstellung seiner Teilaspekte, wie Energiekonzept und architektonischer Ausdruck."

Von unserer Redakteurin Pia Grund-Ludwig

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