Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

Auch Berliner Wärmekombinat überzeugt die Jury

WDVS mit Klettfläche sichert sich Recycling-Auszeichnung

Fassade ohne Müll soll einfacher wiederverwertbar sein. © TU Graz

In fünf Jahren sollen 70 Prozent der Baustoffe recycelbar sein, so die Vorstellung der EU.

Das Thema Recycling gewinnt bei Baustoffen Relevanz. Die EU fordert vom Bausektor, in fünf Jahren 70 Prozent der Baustoffe recyclierbar zu machen. Die Hersteller stellen sich darauf ein. Auf dem EQAR-Kongress "Baustoff-Recycling in Europa" in Rotterdam kamen zwei der vier prämierten Produkte zumindest teilweise aus Deutschland.

Der EQAR-Award ging an die Wärmekombinat GmbH aus Berlin. Das Unternehmen hat einen Wärmespeicher für Flächenheizungen aus Naturstoffen entwickelt und setzt diesen bereits in der Praxis ein. Einen Anerkennungspreis erhielt eine Gemeinschaftsentwicklung der TU Graz mit Sto, die die sortenreine Anbringung und vor allem Entfernung von WDVS erleichtert. Weitere Anerkennungspreise gingen an CDE Global (Irland) für ein innovatives Nassaufbereitungsverfahren sowie an die Firma Prospect (Nové Zámky, Slowakische Republik) für den Beitrag zum qualitativ hochwertigen Baustoff-Recycling in der Slowakischen Republik.

Wärmekombinat hat einen Wärmespeicher aus Naturbaustoffen namens Lithotherm im Programm und bereits in zahlreichen Objekten verbaut. Die vorkonfektionierte Formplatte besteht aus recyceltem Ziegelsplitt oder Vulkanstein aus der Eifel. "Die Platten erhalten beim Herstellungsprozess nur geringe Energieeinträge und haben somit eine ausgeglichene Umweltbilanz", so der Hersteller. Beide Baustoffe speichern durch Lufteinschluss Wärme, sind relativ leicht und tragen auch zur Trittschalldämmung bei. Die Platten werden einfach in Trockenbauweise schwimmend verlegt und über Nut und Feder miteinander verbunden.

"Durch den direkten Kontakt des Heizrohres mit dem Belag hat Lithotherm Classic eine geringe Reaktionszeit und läßt sich leicht auf- und abregeln. In der Heizübergangsperiode und in Zeiten der Abwesenheit spart dies bis zu 40 Prozent Energiekosten ein", sagt der Hersteller weiter.

Im Projekt "facade4zeroWaste" hat ein Team aus dem Institut für Architekturtechnologie der TU Graz und von Sto ein sortenrein trennbares und wiederverwertbares Fassadensystem entwickelt. Anstatt wie bisher üblich geklebt, werden die einzelnen Fassadenschichten mit Klettflächen und speziell entwickelten Befestigungsdübeln montiert. "Das bringt ökologisch gesehen zwei große Vorteile: Das System lässt sich sehr einfach montieren und auch wieder demontieren, sortenrein trennen und wiederverwerten. Und wir benötigen keine Klebstoffe, produzieren weniger Müll und es fällt weniger Abwasser an", schildert Roger Riewe von der TU Graz.

Die Klettflächen werden bei der Herstellung in die Trägerplatte integriert und lassen sich auch nach der Demontage wiederverwenden - entweder für dasselbe oder für ein anderes Gebäude. "Das ist auch im Sanierungsfall interessant: So kann man die Fassade auch noch nachträglich mit zusätzlicher Dämmung und Klett-Applikation versehen", so Ferdinand Oswald vom Institut für Architekturtechnologie.

Baufachkräfte, die sich bereits mit Wärmedämmverbundsystemen auskennen, werden nicht mit neuen Montageabläufen und Materialien konfrontiert. Die verwendeten Dämmstoffe können flexibel gewählt werden. Insgesamt vier Patente habe das Team beim Europäischen Patentamt bereits erfolgreich angemeldet und veröffentlicht, so die TU Graz. "Derzeit läuft das Greenlight Verfahren zur Zertifizierung des Fassadensystems beim Österreichischen Institut für Bautechnik. Wir wollen jetzt mit Hochdruck daran arbeiten, das System zur tatsächlichen Marktreife zu bringen", sagt Oswald.

Josefina Lindblom von der Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission betonte auf dem Kongress, man wolle die Umweltauswirkungen von Gebäuden während ihres gesamten Lebenszyklus reduzieren. Dafür sollen europäische Bewertungstools und Leitlinien entstehen, aber auch der Anteil von Recycling-Materialien beim Bau und Sanierung erhöht werden.

Angestrebt ist auch ein europäischer Markt für diese Materialien, aber die Rahmenbedingungen dafür sind nicht ganz unkopliziert, da die Richtlinien für das Baustoff-Recycling in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten sehr unterschiedlich sind. Umstritten ist auch, wer überhaupt wie viel Einfluß auf die Zulassung von Baupropdukte hat. Deutschland muss, so ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus 2014, von unmittelbar produktbezogenen Zusatzanforderungen und verpflichtenden nationalen Zulassungen wegkommen und enger mit der Europäischen Kommission zusammenarbeiten. Man müsse aber auch gegenüber der Kommission darauf bestehen, dass die Mängel und Lücken in der europäischen Harmonisierung von Bauprodukten beseitigt würden, sagte Bundesbauministerin Barbara Hendricks in einem Kommentar zum EUGH-Urteil.

Unterschiedliche nationale Richtlinien spielen auch bei recycelten Baustoffen eine Rolle. Der Vizepräsident der EQAR, Günter Gretzmacher aus Österreich forderte einheitliche europäische Vorgaben für das Ende des Lebenszyklus und die Produktanerkennung von qualitätsgesicherten Recycling-Baustoffen. Von Pia Grund-Ludwig

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