Die energetische Optimierung von Fassaden, die bereits ein altes WDVS haben ist mit Aufdoppelung des Dämmsystems technisch machbar und eine Option, um den Energieverbrauch der Gebäude zu senken. Die Maßnahmen könnten einen Beitrag von jeweils zirka 2,4 Petajoule jährlich zu den Klimazielen leisten. Dabei versieht man Systeme, die nicht mehr heutigen Standards entsprechen mit einer WDVS-Nachdämmung.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Fraunhofer-Instituts IFAM, die im Programm des Bundesumweltministeriums "Zukunft Bau" gefördert und auch von zahlreichen Dämmstoffherstellern finanziell unterstützt wurde.
Die Maßnahme spart Energie, rechnet sich für Vermieter, wenn sie künftig 8 Prozent Modernisierungskosten voll auf die Mieter umlegen können. Für die Mieter führt die Maßnahme bei den in der Untersuchung zugrunde gelegten Energiepreisen zu erheblichen Mehrkosten. Auch bei eigengenutzten Immobilien kommt es unter den Annahmen der Studie zu "negativen Kapitalwerten", die Maßnahme ist also nicht wirtschaftlich.
Deutliche Energieeinsparungen sind möglich
Die Studie schlägt die Maßnahme dann vor, wenn ein Alt-WDVS technisch noch in Ordnung, aber dennoch nicht zukunftsfähig ist. Darunter verstehen die Autoren, dass der Wärmedurchgangskoeffizient der gedämmten Wand mehr als 0,35 W/m3K beträgt. Ziel der Aufdoppelung ist es, diesen Wert auf 0,20 W/m3K zu senken.
Die Abschätzung in der Studie geht davon aus, dass derzeit knapp 500 Millionen Quadratmeter Wandfläche an Wohngebäuden aus heutiger Sicht unzureichend gedämmt sind. "Umgerechnet auf Gebäude heißt das, dass zirka 2,2 Millionen Wohngebäude mit einem Alt-WDVS ausgestattet sind, das aus heutiger Sicht aufgedoppelt werden sollte", so die Autoren.
Als sinnvollen Zeitraum nennen sie den Sanjerungszylus, innerhalb dessen gestrichen wird. Dann seien Endenerigeeinsparungen von jeweils zirka 2,4 Petajoule jährlich durch diese Maßnahmen möglich.
Bei Aufdoppelung gelten neue Brandschutzregeln
An vier beispielhaften Mehrfamilienhäusern haben die Autoren der Studie durchgerechnet, welche Energieeinsparung nach einer solchen Aufdoppelung unter Standardnutzungsbedingungen zu erwarten ist. Bei der Bauteilfläche, also an den Flächen wo die Dämmung angebracht wird, liege die Endenergieeinsparung bei Werten zwischen 19,4 und 27,2 kWh pro Quadratmeter und Jahr.
Beim Brandschutz gelten bei Aufdoppelungen die verschärften Brandschutzregeln, die das Deutsche Institut für Bautechnik Mitte 2015 für WDVS erlassen hat. Sie gelten auch für das Alt-WDVS und können bedeuten, dass im Rahmen der Sanierung zusätzliche Brandriegel einzubauen sind.
Feuchteberechnung ist notwendig
Zu berücksichtigen sei bei der Aufdoppelung auch die Dampfdurchlässigkeit der verwendeten Baustoffe, besonders dann, wenn das alte WDVS mit einem anderen als dem ursprünglich verwendeten aufgedoppelt werde, so die Studie. "Will man so aufdoppeln, ist eine genaue Feuchteschutzberechnung sinnvoll", raten die Autoren.
Untersucht wurden in der Studie auch die Erfahrungen mit bisherigen Maßnahmen zur Aufdoppelung aus 16 Gebäuden, die in den Jahren 2015 und 2016 mit dieser Methode saniert wurden.
Die Kosten demnach lagen pro Quadratmeter Bauteilfläche bei knapp 98 Euro ohne Gerüst inklusive einer häufig notwendigen Verbreiterung des Ortgangs, mit Gerüst knapp 10 Euro höher. Der Wärmeschutz wurde im Schnitt um 63 Prozent verbessert und betrug nach der Sanierung 0,20 W/m3K. Die Verbesserung des Wärmeschutzes war aus Sicht der Sanierer der wichtigste Beweggrund.
Rentabilität für Vermieter, aber nicht für Mieter
Für vier Modellgebäude haben die Forscher Wirtschaftlichkeitsberechnungen mit einer Kapitalwertmethode vorgenommen. Eingeflossen in die Kostenrechnung sind die Kosten der Aufdoppelung mit 100 Euro pro Quadratmeter Wandfläche, die Umlagefähigkeit mit unterschiedlichen Prozentsätzen, eine Förderung in Höhe von 10 Prozent, ein Zinssatz von 2 Prozent, die erwarteten Energieeeinsparungen von 22 kWh pro Quadratmeter und Jahr und Energiepreissteigerungen von 2017 bis 2050 in unterschiedlichen Szenarien ausgehend von Energiepreisen von 8 Cent pro Kilowattstunde. Vor allem bei Inflation und Energiepreisen gebe es große Unsicherheit, deshalb könne die Wirtschaftlichkeitsberechnung nur eine grobe Schätzung sein.
Sie ist aber die Crux, denn nur unter aus Mieter-Sicht günstigsten Voraussetzungen rechnet es sich für diese Gruppe. Das würde bedeuten, dass nur 60 Prozent der Investitionskosten als Modernisierungsmaßnahme gelten und umlagefähig sind, der Rest wird als Instandhaltung gesehen, die der Vermieter zu leisten hat. Die zweite Voraussetzung, die notwendig ist, damit sich die Maßnahmen auch für Mieter rechnen, sind Energiepreissteigerungen von 5 Prozent jährlich im Durchschnitt. Nur dann werden für alle Beispielhäuser reale geldwerte Einsparungen auf Seiten der Mieter erzielt.
Bei Vermietern ist dies dann der Fall, wenn er die künftig gesetzlich erlaubten 8 Prozent der Modernisierungskosten auf die Mieter umlegen darf. Das gilt dann, wenn alle Kosten umlagefähig sind. Werden 40 Prozent als Instandhaltung betrachtet, ist die Rentabilität für ihn immer noch gegeben, aber geringer. von Pia Grund-Ludwig