Nur wenige Architekt*innen und Ingenieur*innen stellen die Frage nach der Zukunft
Es war ein nachdenklicher Werner Sobek, der diese besondere Auszeichnung einen Tag nach seinem 69. Geburtstag aus den Händen von Ministerin Theresia Bauer entgegennehmen durfte. Vor kurzem erst legte er mit dem ersten Band seiner Trilogie „non nobis“ (avedition) einen „Alarmierenden Weltbericht über das Bauwesen vor“, der die Schlüsselrolle, die das Bauwesen im Klimawandel spielt, detailliert beleuchtet.
Der Vordenker der gebauten Umwelt von morgen stellt fest, dass die Frage nach der Zukunft – die Frage, wie sollen wir morgen bauen? – von Architekt*innen und Ingenieur*innen seit geraumer Zeit kaum noch gestellt wird. „Dabei ist allgemein anerkannt, dass die Bauindustrie mehr als jeder andere Sektor für die globale Erwärmung, den ungezügelten Verbrauch von Ressourcen und die Erzeugung gigantischer Mengen an Abfall verantwortlich ist. Umgekehrt spielt sie eine zentrale Rolle bei der Ermöglichung eines gesunden und letztlich friedlichen Zusammenlebens der Menschen auf diesem Planeten“, lautet das Resümee von Werner Sobek.
Die Neuausrichtung des Bauwesens umfasst die gesamte Gesellschaft
Die Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz wird sicher dazu beitragen, der Botschaft des Visionärs weitere Kraft zu verleihen. Als einziger Architekt und Ingenieur wurde er 2022 in die Liste des politischen Magazins Cicero aufgenommen und belegt auf Anhieb Platz 229 von 500, etwa vor dem Naturwissenschaftler Ernst Ulrich von Weizsäcker oder der Journalistin Mai Thi Nguyen-Kim. Laut Cicero spiegelt die Liste „den geistigen Einfluss der deutschsprachigen Intellektuellen wider“. Bei der Neuausrichtung des Bauwesens müssen Architekt*innen und Ingenieur*innen mit Soziolog*innen, Ökolog*innen und vielen anderen zusammenarbeiten, um einen Diskurs in Gang zu setzen, der die gesamte Gesellschaft betrifft, so der Preisträger.
Werner Sobek geht in seiner Auseinandersetzung mit den großen Themen unserer Zeit immer einen Schritt weiter, polarisiert, begeistert und treibt an. Dies wurde auch in der Laudation von Wolfgang Riehle, Ehrenpräsident der Architektenkammer Baden-Württemberg, sowie im Festvortrag von Dr. Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, betont und unterstrichen.
Der Ton hat an Dringlichkeit gewonnen
In jüngster Zeit – getragen von den Erkenntnissen, die er in „non nobis“ zusammengefasst hat – hat sein Ton nochmals an Dringlichkeit gewonnen: „Wir alle werden in den nächsten Jahrzehnten die verheerenden Auswirkungen der globalen Erwärmung ertragen müssen. Warum also denkt niemand, nicht einmal Architekten und Ingenieure, darüber nach, wie wir die Zukunft aktiv gestalten können?“ Provokation kann zweifellos Antrieb bedeuten – in diesem Sinn hat er auch das Buch verfasst: „Weil ich es als meine Verpflichtung ansehe, meinen Schülerinnen und Schülern dasjenige Bild vom Zustand unserer gebauten Welt und von ihren Perspektiven zu skizzieren, wie ich sie verstanden zu haben glaube.“
Neue Horizonte
Werner Sobek fordert immer wieder dazu auf, differenzierter an die Planung unserer gebauten Umwelt heranzugehen und den Einsatz bestimmter Baustoffe neu zu gewichten. In einem kürzlich erschienenen Interview mit der Tagezeitung „Die Welt“ wurde Werner Sobek gefragt, ob der von ihm geforderte Richtungsschwenk im Bauwesen nicht illusorisch sei, wenn man an den Kostendruck denke. Seine Antwort: „Wenn die Kosten drücken, ist ein Reichtum an Phantasie gefragt!“
Und eben dieser Reichtum an Phantasie entsteht für den Planer auf Basis von Forschung, Erkenntnis und Wissen, wie er es auch in seinem Vorwort zu „non nobis“ formuliert: „Eine Analyse der Bevölkerungssituation, eine Sichtung der Baustoffe unter vielfältigsten Gesichtspunkten, eine Darlegung der mit dem Bauschaffen einhergehenden Energieverbräuche, der Emissionen und des Abfallaufkommens und vieles mehr erlauben es, das Heute umfassender und damit besser zu verstehen. Es entsteht so eine tragfähige Basis, die eine Entwicklung des Zukünftigen ermöglicht.“
Quelle: Werner Sobek AG / Delia Roscher