Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

Dachfensterhesteller kritisiert Konzentration auf Energieeffizienz

Velux rückt Wohngesundheit in den Fokus

Große Fensterflächen zeichnen das Sunlighthouse in Wien aus. ©  Velux

Neben der Energieeffizienz sollte sich die europäische Politik stärker des Themas Wohngesundheit annehmen, fordert der Dachfensterhersteller Velux.

"Die Europäische Union tut viel dafür, dass Gebäude möglichst wenig Energie verbrauchen, aber sie tut nichts für eine gesunde Wohnumgebung. Das muss sich ändern", fordert Ulrich Bang, Dirketor für öffentliche Angelegenheiten und Nachhaltigkeit beim Dachfensterhersteller Velux. Der hat sich das Thema Wohngesundheit auf die Fahne geschrieben und rührt dafür europaweit die Werbetrommel.

Offenbar ist die Botschaft in der EU-Kommission bereits angekommen: "Wir haben gerade mit dem Review-Prozess der EU-Gebäuderichtlinie begonnen und erheben dabei auch Daten zu Wohnkomfort und Luftqualität in Innenräumen", berichtete jüngst Paula Rey García im Rahmen eines von Velux in Brüssel veranstalteten "Healthy Buildings Day". García ist bei der EU-Kommission für Energieeffizienz in Gebäuden zuständig. Ziel der Datenauswertung sei es, den Mitgliedsstaaten Empfehlungen geben zu können, um zu verhindern, dass sich Energieeffizienzvorschriften negativ etwa auf die Luftqualität auswirken. Auch bei der Überarbeitung der Europäischen Gebäuderichtlinie werde das Thema Wohnumfeld eine Rolle spielen, sagte sie.

Auch das Europaparlament werde sich mit dem Thema Wohngesundheit auseinandersetzen, versprach Christel Schaldemose, die für die Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament sitzt. "80 Millionen Menschen leben in Wohnungen, die ungeeignet sind, um darin gesund zu leben. Das ist eine große Herausforderung für uns Politiker", zeigte sich die Parlamentarierin beeindruckt von den Ergebnissen einer Untersuchung des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik. Danach leben 16 Prozent der EU-Bevölkerung, also etwa 80,4 Millionen Menschen, in nassen oder feuchten Wohnungen, wodurch das Risiko, an Asthma zu erkranken oder Allergien zu entwickeln um 40 Prozent ansteigt. "1,98 Millionen Menschen in Europa haben Asthma, weil sie in nassen Wohnungen leben", hat Professor Gunnar Grün vom Fraunhofer IBP durch die Analyse verschiedener Studien ermittelt.

Wie groß die Bedeutung eines gesunden Raumklimas ist, macht die Tatsache deutlich, dass heutzutage 90 Prozent des täglichen Lebens innerhalb von Gebäuden stattfindet. Neben dem Raumklima tragen zur Wohngesundheit aber noch andere Faktoren bei – Licht beispielsweise. Wenig Tageslicht begünstigt jahreszeitlich bedingte Depressionen, unter denen in Europa 18 Millionen Menschen leiden. "Eine Lichttherapie kann die Symptome dieser Depressionen um 50 Prozent reduzieren", so Grün. Helle, tageslichtdurchflutete Räume sorgen aber auch für mehr Aktivität, Kreativität und Produktivität sowie für allgemeines Wohlbefinden. Das berichteten in Brüssel die Bewohner der sechs Konzepthäuser, die Velux im Rahmen des Projekts Model Home 2020 in mehreren europäischen Ländern errichtet hat.

"Welche große Rolle Tageslicht spielt, war mir vor dem Wohnen im Sunlighthouse nicht klar. Bei einem Neubau würde ich künftig darauf achten, dass möglichst viel Tageslicht ins Haus kommt", sagte etwa Yasmin Dorfstetter, die bis 2013 mit ihrer Familie im Wiener Konzepthaus wohnte. Nicht so gute Erfahrungen hat sie allerdings mit der Lüftungsanlage des Hauses gemacht. "Die Luftfeuchtigkeit ließ im Winter sehr zu Wünschen übrig", berichtete sie im Gespräch mit EnBauSa.de.

Vollauf zufrieden mit der Luftqualität im Model Home zeigte sich dagegen die Familie, die das französische Model Home Maison Air et Lumière bewohnt hat. "Die Asthma-Symptome unseres Sohnes verschwanden in dem Haus völlig, ich dachte schon, er wäre geheilt", berichtete Samantha Pastour in Brüssel. Doch leider war dem nicht so. In der alten Wohnumgebung kam auch das Asthma zurück. "Das Empfinden für gute Luft ist sehr viel besser geworden", berichtete auch Christian Oldendorf, der sich nach der einjährigen Testphase im LichtAktivHaus dafür entschieden hat, das deutsche Konzepthaus zu kaufen.

Ziel des Velux-Projekts Model Home 2020 war es zu zeigen, dass energieeffiziente Gebäude ohne Einbußen in Bezug auf Komfort und Wohnqualität errichtet werden können. Das sei gelungen, so der Dachfensterhersteller, wobei die Fenster eine zentrale Rolle bei der Be- und Entlüftung spielen. In den sechs Model Homes messen Sensoren kontinuierlich Temperatur, CO2-Konzentration und Luftfeuchtigkeit und öffnen und schließen die Fenster automatisch nach Bedarf. Zudem wurden die Fenster bereits in der Planungsphase so plaziert, das die Wirkung des Kamineffekts unterstützt wird, der dafür sorgt, dass warme, verbrauchte Luft nach oben steigt und durch Dachfenster abfließt, während von unten frische Luft nachströmt.

Nun arbeitet Velux daran, dass das Thema Wohngesundheit Einzug in die politische Rahmensetzung hält – sowohl bei Neubauten als auch bei Sanierungen. Ein Instrument dafür ist das Healthy Buildings Barometer, das der Hersteller am Rande des Healthy Buildings Day in Brüssel vorgestellt hat. In einer repräsentativen Studie wurden 12.000 Europäer aus zwölf Ländern zu ihrer Einstellung und ihrem Verhalten in Bezug auf heimischen Komfort, gesundes Wohnen, Energieverbrauch und Auswirkungen auf die Umwelt befragt. Bei der Frage nach den neun wichtigsten Kriterien, die dazu beitragen, gesund zu bleiben, landete ausreichende Frischluftzufuhr auf Platz zwei. Viel Tageslicht wurde als viertwichtigstes Kriterium genannt, wogegen Nichtrauchen lediglich auf Platz sechs landete. 

Gleichzeitig ergab die Studie, dass die Menschen im Winter weniger lüften. "Das ist nicht Gesundheits- sondern Komfort-getrieben. Komfort und Energiekosten sind die Treiber für energetische Sanierungen. Nun gilt es, dafür zu sorgen, das Energieeffizienz und gesundes Wohnen Hand in Hand gehen", sagte der Velux-Mann für öffentliche Angelegenheiten Bang in Brüssel. EU-Parlamentarierin Schaldemose hält es für wichtig, dass in dem Bereich mehr geforscht wird. Außerdem müsse das Bewußtsein für das Thema Wohngesundheit gestärkt werden. Hier könnten "Heath Performace Indicators" für Gebäude einen wichtigen Beitrag leisten, sagte sie. Diese könnten beispielsweise beim Kauf oder Verkauf von Immobilien eine Rolle spielen. von Silke Thole

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