Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

Demonstrationsobjekte sollen entstehen

Neue Konzepte machen Vakuumisolierglas langlebiger

Fineo kommt ohne Dichtungen und Evakuierungsöffnung aus. © Interpane

Bislang erreichen schwere Isolierglasscheiben mit drei oder vier Scheiben den besten Isolierschutz. Das Forschungsprojekt „skalVIG“ unter Federführung des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik IWM soll nun zeigen, dass gute Dämmung auch mit einem Vakuum zwischen nur zwei Isoliergläsern dauerhaft funktioniert. Interpane hat ein entsprechendes Produkte angekündigt.

Fenster haben ein schwieriges Aufgabenprofil: Im Winter darf die Sonne die Wohnung aufheizen, im Sommer nicht. Im Winter soll die Wärme in der Wohnung bleiben, im Sommer natürlich draußen. Solche Ansprüche erfüllen derzeit am ehesten drei- oder vierfachverglaste Fenster. „Dicke Mehrfachverglasungen werden aber zum Problem, wenn sie nicht fest verbaut sind, sondern man die Fenster auch öffnen möchte. Wand und Verschläge müssen dann ein hohes Gewicht aushalten - gerade bei Sanierungen sind Fenster mit guter Dämmung manchmal zu schwer“, erklärt Tobias Rist vom Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM. Während bislang teure Edelgase wie Argon zwischen den Scheiben für einen Dämm-Effekt sorgen, forscht er an einem Vakuum-Zwischenraum.

Einer der Knackpunkte ist bislang die Lebensdauer der Vakuumisoliergläser. Erst im April hatte das Institut für Fenstertechnik Rosenheim Prüfnormen für Varkuumisolierglas veröffentlicht.

So genannte Vakuumisoliergläser (VIG) messen weniger als einen Zentimeter Dicke, etwa ein Viertel einer Dreifach-Isolierverglasung. Das Forschungsprojekt skalVIG will ihnen nun den Weg auf den Fenstermarkt ebnen, die Abkürzung steht dementsprechend für: Hochskalierbare umweltverträgliche Herstellprozesse und Objektdemonstration der Vakuumisolierglas-Technologie.

Wissenschaftler entwickeln Vakuumisolierglas-Forschung weiter

Die Idee, ein Vakuum als Zwischenraum zu nutzen, ist nicht neu. „Wir haben an unserem Institut in vorigen Projekten schon technologisches Knowhow angesammelt“, erklärt Rist. Eine Herausforderung war, dass der atmosphärische Druck auf die Flachgläser etwa zehn Tonnen pro Quadratmeter beträgt.

Im vorangegangenen Projekt  das von 2013 bis 2015 lief, nutzten die Forscherinnen und Forscher kleine Metallzylinder als Stützkörper für den Zwischenraum. Das funktioniert gut. Aber ein letztes Problem bleibt: „Die Herausforderung ist, das Vakuum dauerhaft zu halten“, so Rist. Dass das funktionieren kann, zeigt ein Prototyp aus dem VIG-S-Projekt.

„Jetzt wollen wir die Prozessschritte robust konzipieren, sodass sie als Vorlage für die industrielle Fertigung dienen können“, sagt Rist. Deshalb sind auch eine Menge Industriepartner beim aktuellen Projekt an Bord, denn skalVIG soll die komplette Prozesskette abdecken: Die Firma Laser Integration Laser Applikation kümmert sich um die Schweißtechnik, TS Elino um die Anlagen für den Lötprozess, RJ Lasertechnik arbeitet an innovativen Schweißverfahren im Vakuum, HEGLA entwickelt Lösungen zum automatisierten Setzen der Stützen und bringt Expertise aus dem Glashandling ein, TMP Fenster + Türen wird schließlich Demonstrationsobjekte herstellen.

Komplexer Randverbund

Bislang hatten Forscherinnen und Forscher mit sogenanntem Glaslot gearbeitet, um den Rand der Doppelglasscheibe abzudichten. Das hat funktioniert, aber Glaslot wird starr. Bei hohen Temperaturunterschieden zwischen den beiden Fensterseiten kann die mechanische Spannung zu Rissen führen. Dann aber dringt Luft in den Zwischenraum ein, was den Dämmeffekt stark einschränkt. Deshalb wollen die Partner nun einen flexiblen Randverbund aus Metallband fertigen. Das ist bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen unter 250 Grad möglich, sodass die Spannung der Gläser nicht unter den hohen Temperaturen während der Fertigung nachlässt. Wenn das gelingt, wäre das ein großer Schritt im Bereich der Dämmung.

Wie gut eine Scheibe das beherrscht, gibt der sogenannte U-Wert wieder. Laut Energieeinsparverordnung EnEV 2014 dürfen Fenster höchstens einen U-Wert von 1,3 W/m2K haben. Vakuumisoliergläser könnten U-Werte von 0,4 erreichen; einen Wert, den bislang nur mit Edelgasen gefüllte Vierfach-Isolierverglasungen schaffen. Sie sind aber mehr als fünf Zentimeter dick und wiegen rund 40 Kilogramm pro Quadratmeter.

Vakuumisoliergläser wären nur halb so schwer. Deshalb hat Rist auch Sanierungsarbeiten an Altbauten im Blick, Deren Bausubstanz ist nicht auf schwere und dicke Scheiben ausgelegt.

Interpane hat Produkt angekündigt

Parallel zum Forschungsprojekt hat Interpane auch ein Produkt angekündigt, das ebenfalls das Problem der Langlebigkeit adressiert.  Es soll noch 2019 verfügbar sein. Das neue Vakuum-Isolierglas „Fineo“ besteht aus zwei mindestens drei Millimeter dicken Glasscheiben, die jeweils eine hochisolierende Beschichtung erhalten und durch eine Vakuumschicht von 0,1 Millimeter voneinander getrennt sind. Es dämmt mit einem Ug-Wert 0,4 bis 0,7 W/(m²K) besser, bzw. ebenso gut wie eine Dreifach-Wärmedämmverglasung, wiegt aber allein beim Glasanteil ein Drittel weniger, was deutlich filigranere Profile ermöglicht. Verglichen mit einem herkömmlichen Dreifach-Wärmedämmglas mit zwei Low-E-Beschichtungen gelangen 15 Prozent mehr Tageslicht in den Raum und der Schallschutz verbessert sich um 3 Dezibel (RW + Ctr nach EN 12758).

Es besitzt keine Evakuierungsöffnung und keine Dichtungen, sondern wird im Produktionsprozess anorganisch aufeinander geschmolzen – der Wärmedämmwert bleibt darum auch nach Jahrzehnten konstant, verspricht der Hersteller. Auch bei horizontalem oder schrägem Einbau in Dachfenster bleibe der Ug-Wert unverändert. pgl

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